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Der eben erwähnte südliche oder americanische Theil des Niagara-Falles
( c auf dem beigefögten Holzschnitte) ist auf seiner Höhe durch eine kleine schmale
Felseainsel ( f.) getheilt, nach welcher man eine Brücke geschlagen hat. Diese
Felsinsel ist mit Lebeusbäumen dicht bewachsen, deren alte, dicke, weissliche
Stämme, mit ihren sparrig abstehenden Aesten kaum Baum für die übrigen dazwischen
vertheilien Gebüsche lassen, und wo der niedrige Cedar-Bird (BomhyoiUa
cedrorum) häufig sich aufhält, der auch hier nistet. Auch der nordische, von dem
Prince de Musignano in deu Nachträgen zu W i l s o n s ornithology abgebildete Se idenschwanz
(B . garrula) wird hier während des Winters ln kleinen Gesellschaften
beobachtet. Sobald mau den kleinern oder americanischen Theil des Niágara-Falles
bewundert hat, kehrt man auf die Höhe von Goat-Island zurück, folgt wieder dem
W e g e , der nun am vorderen oder östlichen Bande der Insel im dunklen Schatten
des Waldes fortläuft, und gelangt nach etwa 5 bis 6 0 0 Schritten in die Ansicht
des zweiten, grössern, sogenannten englischen- oder Horseshoe-Falles C^.), welcher
von dem llukeu oder nördlichen Arme des Niágara-F lu sse s gebildet wird. Dieser
prachtvolle Wassersturz mimmt das ganze colossal-hreite Bette des Flusses quer
ein, indem er etwas mehr nach dem canadischen Ufer hin einen eingehenden Winkel
bildet, in welchen die Wassermasse vou beiden Seiten sich etwas gegen einander
wendend, gemeinschaftlich hiuabdonneri. Hier stürtzt der stolze Niágara 1 5 0
Fuss hoch senkrecht hinab, und die aufsteigenden Dampfwolken sind noch weit bedeutender
als an dem zuerst gesehenen americanischen Falle. S ie bedecken und
verschleiern die benachbarten hohen felsigen Waldufer durch ihre beweglichen
himmelan steigenden Säulen, in welchen die Sonne die schönsten Regenbogen bildet.
In dem eingehenden Winkel des Falles, wo das Wasser von drei Seiten gegen
einander hinab schiesst, sich In der Luft furchtbar drängt, bricht und in schneeweissen
Schaum aufgelösst, dem Auge im Dampfe verschwindet, ist ein wüthendes
Kochen und der eigentliche Heerd, von welchem die wehenden, die Gegend weit
umher mit Regeu und Nebel befeuchtenden, und besonders nach der Richtung des
Windes die maonichfaltigsten Gestalten annehmenden W asserwolken erzeugt werden.
Um der grossen Naturscene näher kommen zu können, hat man an der Stelle,
w o wir uns jetzt befanden, und wo im Walde ein kleines Haus mit Bänken (m.)
erbaut ist, an dem steilen Ufer eine Treppe hinab geführt, und unten (in A.) einen
hölzernen Thurm aufgerichtet, der sich mit einer Wendeltreppe senkrecht erhebt,
und von dessen oberer Gallerie, so wie den ao den Seiten vou Zeit zu Zeit ange-
bracbten Fenstern man deu Anblick der unbeschreiblichen Scene iu gradweise zunehmender
Höhe geniesst. Man steht hier stumm verloren in dem grossartigen
Anblicke dieser Wasserhölle I
An den Ufern des Flusses ia dem Steingerölle und den Felsen wachsen schöne
Pflanzen, u. a. Spiraea opulifolia, Thuja occidentalis, Rubus odoratus, jetzt in
schönster Blüthe, ferner Linden-, Ahorn-, Sumacbgesträuche und mancherlei niedere
Pflanzen. Geht man von dem oben genannten Wasserfalle unler der üferwand von
Goat-Island am Flusse fort um die Spitze der Insel herum, so gelangt man an den
Fallkessel des americanischen Falles uud kanu beinahe unter die stürzende Wassersäule
treten, wenn man dem durchnässenden Regen uud Winde Trotz bieten will.
Auf eheu diese Art gelaugt man rückwärts unter die Wassermasse des Horseshoe-
Falles, zwei unbeschreiblich imposante Standpuucte! Man steigt nun die Holztreppe