vorausschauend, und solche Gelegenheits-Novellen erfinden sich in
Birma ohne Schwierigkeit, besonders, wenn es zu schmeicheln gilt.
Die Gründung Halin’s wird nach der gewöhnlichsten Auffassung
einem Edelmann zugeschrieben, der Kaniasagyi bei der Auswanderung
aus Tagoung folgte, aber sich unterwegs mit seinen
Vasallen von dem Könige trennte und mit Hülfe der Myae-thoo
jene Stadt erbaute. Bei einer späteren Gelegenheit hörte ich,
dass die Gemahlin des Königs von Halin so hübsch und zart gewesen,
dass man das von ihr getrunkene Wasser in die Gurgel
und die Brust des durchsichtigen Körpers hinabrinnen sah. Sie
bethörte deshalb auch ihren Sohn, der sie nach seines Vaters
Tode heirathete. Da aber öffnete sich die Erde, die sündige
Stadt zu verschlingen, und noch jetzt soll Halin beständigen
Erdbeben ausgesetzt sein, j a der Boden stets beim Auftreten
unter den Füssen wanken. Auch Tumansye, eine Stadt derSchan
am Engdaugyi-See, soll in einem Erdbeben niedergesunken sein.
Ein gelehrter Birmane, in der Hauptstadt geboren und erzogen,
mit dem ich in Schwegyin zusammentraf, wo er das Orakel
der Stadt bildete, schien mir Halin in die spätere Periode
der Gründung Pagan’s durch die Joh hinab zu versetzen, während
er für Tagoung zwar eine indische Einwanderung anerkannte,
aber nur als ein neu hinzutretendes Element der schon vorhandenen
Eingebornen. Andere dagegen machen diese Einwanderer
zum Kern der Bevölkerung des Landes, und überschlagen sogar Tagoung
ganz, mitPagan (dem oberen) als dem Ursprungbeginnend.
Von den Bhyammagyi, die vom Himmel nach dem Lande Thavutti
(Savutti) gekommen und sich dort in Ragen vertheilt hätten,
wären nämlich die Birmanen, von Misimadesa ausgewandert und
lange in den Wüsteneien*) von Dsanabok umhergezogen, bis
wohin Gautama’s segnende Fusstritte nie vorgedrungen. Als sie
zum Irawaddi gekommen, hätten sie einen Sprossen des Sonnengeschlechts
unter dem Titel Dhammatah zum König erhoben
und die Stadt Pagan erbaut. Diesen allgemeinen Titel führt
*) Die Ueberlieferungen der Karen sprechen von einem durchreisten Sandmeer
, das Anlass zu sehr ungeographischen Hypothesen gegeben hat.
ebenso der Oberrichter, der, wie Dejoces in Medien, von den
Dörfern in Johnjlut erwählt wurde, und später tritt auch derselbe
Piusadih als ein anderer Sonnensohn auf, das Land von
den wilden Thieren zu säubern. Unter ihm habe man angefangen,
den Meizza-po mingyi, den Sohn des Thougyi (Dorfältesten)
Poau-myin, als Nat zu verehren, einen Mann mit einem
spiralig gewundenen Fleischthürmchen auf dem Kopfe, der über
alle anderen Geschlechter in Tauniin hervorgeragt habe. Durch
drei spiralig gewundene Thürmchen characterisirt sich die königliche
Rage in den kambodischen Sculpturen. Im Mahabharata
wird den Qaka, Tukara und Kanka das Epithet der Haarreichen
oder Gehörnten (wieDulkharnein) gegeben und (iringin bedeutet
nach Lassen auch gipfelig (spitzköpfig). Ein Priester in Man-
dalay bemerkte mir über die Erbauung des alten Pagan, dass
Kanyazagyi und Kanyazangay das Land fast menschenleer gefunden
und es deshalb mit den Bhyamma-Palaun bevölkert hätten,
d. h. einer Mischung zwischen den Nagama-myoh (den Bewohnern
der Drachinnen-Stadt) aus Tagoung, den Bhyammagyi-myoh aus
Indapatanaga (die wegen Mahathammatha’s Glanz Nai-mioh
genannt werden) und den Ponah-myoh von Kapilawut. Indess
auch er sagte vorsichtigerweise “nur fast menschenleer und konnte
nicht ganz leugnen, dass nicht schon ein ursprünglicher Stock
vorhanden gewesen. Dieser Wurzelstamm’ aber sind die Kuay
oder dieGad-Hmun (den NatZau verehrend), von denen sich noch
jetzt einige Ueberreste in den Wäldern um Tagoung finden.
Der Ahnherr der Kuay, erzählt die Sage, lebte als Holzhacker
mit seiner Frau im Walde, und mit ihnen ihre Tochter
Sari. Diese verirrte sich mit einem Naga und gebar ein Mädchen,
das, da es Naga-ma (Schlangenweibchen) heisst, etwas von der
Drachennatur an sich gehabt haben musste. Dies trat auch bald
genug zu Tage, denn als der Sonnenkönig (Nay-min), für den es
damals wahrscheinlich noch keine Prinzessin zu verführen gab,
sie allzu heiss beschien, fing sie an Eier*) zu legen, und aus
*) Die von 32 Eiern geborenen Söhne Sangama’s aus Dhampa wurden von
dem Könige Kosala’s vernichtet. Rahu wird eine zahlreiche Nachkommenschaft
von Crocodilen zugeschrieben, in deren Form auch Typhon (beiAelian) erscheint.