Phra Thong die Zweige eines Baumes über sich niederhangen. Er
ergriff dieselben, um hinauf zu klimmen, aber plötzlich streckten
sich die gebogenen Aeste von selbst kerzengerade in die Höhe
und hoben ihn mit zum Gipfel des Baumes hinauf, und dieser
fing an unter ihm empor zu wachsen in die Höhe, höher und immer
hoher. Da Phra Thong weder herabspringen noch sonst denselben
Weg zurückgehen konnte, den er gekommen, blieb ihm
Nichts übrig, als von seinem gefährlichen Sitze längs des Stammes
hinabzugleiten, hoffend, auf die Erde zurückzugelangen.
Aber nachdem erlange daran hinuntergeklettert, fand er sich zuletzt
in einer grossen Aushöhlung des Baumes, wundersam gestaltet
und anzuschauen, wie eine künstlich verfertigte und geschmückte
Grotte. , Und wohl mochte er staunen. Sie führte hinab in das
unterirdische Eeich des Drachenkönigs, und zu ihr pflegte täglich
NangNakh*) (Fräulein Naga), die jüngste seiner Töchter, heraufzukommen,
um in dem klaren Wasser des Sees ihren jungfräulichen
Leib zu baden. Da Phra Thong, als galanter Bitter, ihr
bei der Toilette behülflich war, geschah es, dass Nang Nakh
Vorzeichen der Mutterschaft fühlte, und da sie sich fürchtete unter
solchen Umständen ihrem gestrengen Herrn Vater vor die Augen
zu treten, verblieb sie bei ihrem Liebsten im hohlen Baume. Der
über ihr Ausbleiben bekümmerte König schickte einen vertrauten
Edelmann, die Erde für sie zu durchsuchen. Er wanderte überall
) In dem Kadjatarangini werden die Töchter der Naga’s wegen ihrer Schönheit
gerühmt und das Zusammentreffen des Königs Nara mit der Prinzessin vom
Hofe des Nagafürsten Suçrava wird (in Troyer’s Uebersetzung) in folgender W eise
beschrieben :
Il vit alors devant lu i, sortant d’un berceau de fleu rs, deux jeunes filles aux
yeux charmants, couvertes de voiles bleus. Elles séduisaient les yeux pa r les
a ttrayants ornements des tiges de lo tu s , des rubis et des boucles d’oreilles, et
pa r une ligne délicate de collyre tracée dans les coins blancs et gracieux de leurs
y eu x , ainsi que pa r des écharpes de soie verte qui, attachées sur leurs épaules,
et dérangées p a r les ondulations d’un vent doux, ressemblaient à despointes d’une
belle bannière. Ayant vu les deux femmes dont le visage égalait la lune en
beauté s’approchant peu à peu de lu i, il cessa de manger, immobile d’une grande
pudeur. Il fixait de temps en tem p s, avec des regards quelque peu attentifs,
les belles aux yeux de lo tu s , qui placées devant lui mangeaient des grains et des
touffes d’herbe sur le rivage.
umher, und erspähte zuletzt das Pärchen in der Höhlung. Die
Prinzessin bemerkte ihn gleichfalls und erschrack gewaltig, doch
der Höfling, ihre Angst nicht zu vermehren, war discret genug,
sich zurückzuziehen und zu schweigen. Seine Dienste waren
auch nicht weiter von Nöthen. Phner der königlichen Zeichendeuter
hatte durch seine Berechnungen erfahren, dass die Prinzessin
einen Ehegemahl gefunden, der ihrer würdig sei, da sie
schon in einer früheren Existenz mit ihm vermählt gewesen, und
der König, auf diese freudige Nachricht, sandte sogleich für
seinen Schwiegersohn, um ihm den Thron abzutreten. Phra
Thong wurde mit grossen Ehren empfangen und gekrönt, aber,
obwohl er alle Schätze des reichen Naga-Reiches zu seiner Verfügung
hatte, so gefiel ihm doch nicht dieses Leben unter der Erde
und er sehnte sich in die Oberwelt zurück. Phaya Nakh (der
Drachenkönig), seinem Wunsche zu willfahren, erbaute ) für ihn
auf dem Khok Talok die prachtvolle Stadt Nakhon Tom, die damals
Kamphuxa, oder die aus dem Wasser Geborene genannt wurde.
Dort herrschte PhraThong alsKönig underhobNangNakh zu seiner
Königin, der die schon mitgebrachten Frauen als Coneubinen untergeordnet
waren. Ihr zärtlicher Vater pflegte sie täglich zu besuchen,
sich ihres Glückes und s e i n e r herrlichen Schöpfung freuend. Aber
er war doch immer nur ein Drache, ein Gast des unheimlichen
Schattenreiches, und die Stadtbewohner meinten, dass er nicht unter
Menschenwohnungen gehöre. Selbst die eigene Tochter, sehend,
dass bei ihres Vaters Besuchen an Markttagen stets viel Leute in
Folge seines giftigen Athems starben, dachte auf Mittel, seine
Besuche zu verhindern, und zuletzt entschloss sich Phra Thong,
das Bild des viergesichtigen Brahma vor dem Stadtthore aufzurichten.
Als Phaya Nakh am nächsten Tage sorgenlos und selbst-
vergnügt einhergewandelt kam, froh der Aussicht, seine Lieben
zu umarmen, sah er vor sich das Bild seines furchtbaren Feindes,
und hatte kaum Zeit, jählings zurück in die Unterwelt zu stürzen.
Dort haust er jetzt und wagt nicht mehr den Kopf hervorzustecken,
um alles das Schöne, was er da droben verfertigt, zu
*) F ü r König Titidschi erbauten die vier Nagaradscha die Pagode des
Odsrung (Kasyapa) aus edelen Stoffen (s. Schmidt).