Wie mit Tagoung, verknüpft die Dichtung Pagan auch mit
Thatung.
Auf dem Gipfel des steilen Berges Keitsakuh, gegenüber von
Thatung, lebte in einsamer Selbstbetrachtung ein Dsogih, einer
jener Eremiten, die durch die Heiligkeit und die Strenge ihres
Lehens Wunderkräfte erworben haben. Im Laufe der Zeiten
verliess er den Körper, den er bis dahin bewohnt hatte, und nahm
eine andere Form der Existenz an. Niemand wusste davon, da
der Berg nie besucht wurde und wegen seines schroffen Abfalles
auch ganz unzugänglich schien. Ein Pungyi sah indess einst
eine Schlange (Ugon Moay), in deren Gestalt eine Schlingpflanze
oder Noay (ähnlich dem von den Indiern verehrten Kraute Darbha
oder boa cynosuroides) gelegentlich umgehildet wurde, den Berg
herahkommen, um Wasser zu trinken, und da er, indem dies
wiederholentlich geschah, an ihrem Bücken hinaufkletterte, so fand
er den von dem Dsogih verlassenen Körper und brachte ihn mi t sich
herab. Wohl wissend, welche gewaltige Kraft noch in diesem todten
Leichnam, einst die Behausung so vieler Heiligkeit, wohne, ging
er nach einer abgelegenen Stelle des Meeresstrandes und schürte
dort ein grosses Feuer an, um eineMedicin zu bereiten, wodurch
sein König Manugayaminghyi unüberwindlich und Thatung die
erste der Städte werden würde. Nun geschah es aber an demr
selben Tage, dass ein Schiff aus dem Barbarenlande an der Küste
scheiterte, aus dem nur zwei der Fremdlinge, die Brüder Saka-
naunkula und Kayanaunkula, sich retteten. Bei Nacht das grosse
Feuer sehend, gingen sie darauf zu und fanden den Pungyi
schlafend, sahen aber, dass eine grosse Menge Fleisch im Kessel
brodelte. Matt und ausgehungert nahmen sie, um davon zu
essen, fühlten sich aber plötzlich nach dem Genüsse einiger
Bissen in dasjenige verwandelt, was die Birmanen ein Luzung-
gaun nennen, d.h. ein Heros, der allerlei Kraftstücke und Taschenspielereien
auszuführen vermag, mit der Geschicklichkeit des
Aflfenhelden Hanuman, dessen Figur deshalb auf Schwertgriffen
getragen wird. Die Armee des Königs von Pagan, die die chinesische
Invasion aufhalten sollte, bestand vorzüglich aus solchen
Luzunggauns, von zwei Generalen geführt, die mit Quecksilber
im Munde 15 Ellen hoch sprangen, und Kublaikhan that deshalb
ganz vernünftig, wenn er, wie Marco Polo erzählt, Bataillone von
Jongleuren und Gauklern, statt Soldaten gegen den grossen
König von Mien schickte. Als der König von Thatoung hörte,
dass ihm die Zauberarznei entgangen sei, gerieth er in heftigen
Zorn und dachte sich zu rächen. Da es indess nicht leicht ist,
Solcher habhaft zu werden, die einmal Luzunggaun geworden
sind, so waren seine Bemühungen lange vergeblich, bis er endlich
auf seine Tochter verfiel, die durch ihre Schönheit die Brüder
bethören sollte. Es gelang ihr mit dem Aeltesten, der in ihren
Umarmungen seine Kraft verlor und den Philistern überliefert
wurde, die ihm denn bald den Garaus gemacht hatten. Als Saya-
naun davon hörte, schoss er durch die Luft hinweg, von Thatoung
nach Pagan, wo er seine Dienste dem König Noatasa anbot und
sogleich unter die Bitter ohne Furcht und Tadel, mit denen dieser
seinen Hof umgeben hatte, aufgenommen wurde. Damals waren
es ausser Yansitta noch drei Helden, die an der Tafelrunde dieses
Königs Arthur glänzten, Nabonleppae, Natuayj u und Nianugopi.
Jeder von diesen reitet auf einem von dem Götterkönige geschenkten
Pferde und die Namen dieser berühmten Bace sind
Nalonjoungoung, Lemojingoung, Nalonlin und Nalonatu mashi.
Zu der Zeit, als der Heroe von Thatoung in Pagan ankam, lebte
auf dem erloschenen Vulkan Puppataun eine Belumah (ein weibliches
Ungethüm), Pansa genannt, die der König mit allen seinen
Helden nicht zu überkommen vermocht hatte und die er deshalb
täglich durch die Darbringung einer Blume versöhnte. Aber
selbst das war ein gefährliches Geschäft, ihr diese Gabe anzubieten
, und nur die kühnsten Becken fanden sich dazu bereit.
Sayanaun indess kannte kein Gruseln, er ging nicht nur muthig
auf die Behausung der Ungeheuerin zu, sondern war selbst beherzt
genug, ihr Herz anzugreifen und ihr die Cour zu machen.
Niemand ärgerte sich darüber mehr, als Yansitta, der seinen
Buhm durch den des Ausländers verdunkelt sah, und durch Verleumdungen
gelang es ihm, den König zu bewegen, ihm einen
Hinterhalt zu legen, worin er umkam. Bald nach seinem Tode
brachte die Belumah einen Sohn zur Welt, der den Namen
B a s t ia n , Ostasien. I. ^