und in ihre Deltas schlammige Niederungen einschliessen, während
Indien in seinen Terrassengestaltungen des Dekkhan die afrikanische
Formation wiederholt, sie mit einer bunten Karte von
Völkerschaften bedeckend, die durch die Mannigfaltigkeit der
Varietäten in der Negerrace kaum übertroffen wird und sich um
so auffallender von seinem Nachbarn abhebt, den ein eben-
mässig ausgeprägter Typus in seiner ganzen Ausdehnung überzieht.
Hinterindien gehört ohne Zweifel zu den geographisch jungen
Bildungen der Erdoberfläche und eben deshalb tritt in seiner
ethnologischen Erscheinung eins der ältern Geschiebe mythologischer
und religiöser Gestaltung zu Tage, da es noch keine
Zeit hatte, sich dort mit tertiären und alluvialen Niederschlägen
zu bedecken. Der primäre Anschauungskreis des Buddhismus,
der sonst immer rasch im lebendigen Treiben der Völkerbewegungen
zerbrochen und auseinandergerissen wird, waltet
dort noch ungestört in der ganzen Majestät seiner apathischen
Ruhe, und die Colosse der Sphinxe, die riesenhaften Memnone,
die am Nil einer schon längst verschwundenen Vergangenheit
angehören, blicken auch am Irawaddi und Menam von den Tempeltreppen
auf die vorbeifahrenden Böte herab, um noch heute ihre
Opfergaben in Empfang zu nehmen. Der Boden, auf dem sie
stehen, ist neu, und scheint erst seit kurzem aus dem Meere
hervorgestiegen. Schon Loubere, bei seinem Aufenthalt im 17.
Jahrhundert, machte die Bemerkung, dass die Siamesen erst vor
Kurzem in ihrem Lande an gekommen sein könnten, da der Feldbau
noch durchgehends im Frischen betrieben würde, und Turpin
bemerkt dasselbe, indem Alles die Jugend der Nation (la jeunesse
de cette nation) beweise; aber auch ohne auf die einheimischen
Sagen Rücksicht zu nehmen, die überall von einer Erhebung aus
der See sprechen, die stets die ersten Städtegründungen auf
isolirte Hügelkuppen verlegen und die ihre jetzt weit im Binnenlande
gefundenen Hauptstädte als frühere Seehäfen erwähnen,
auch ohne diese durch dichterische Phantasie durch einander
gewebten Erinnerungen hat der Reisende noch jetzt den lebendigen
Beweis der unfertigen Niveauverhältnisse, wenn er für
Tage, für Wochen, für Monate durch Gegenden reist, in denen
die Eingebornen oft selbst nicht wissen, ob sie ein Boot oder
einen Wagen zum Fahrzeuge wählen können. Der Boden ist
noch nicht sicher unter den Füssen, und um ihn zu festigen,
fliesst auch in den einheimischen Traditionen das Opferblut, mit
dem die von Herkules geführten Tyrier ihre neu entdeckte Insel
tränkten. Als die Khund vom Berge Dodah auswanderten (heisst
es), sank die Erde unter ihren Füssen, bis Rani Attah (die königliche
Urahnin) ihr Blut im Opfer hingab.
Die Nationen in Hinterindien mögen zu leichterer Uebersicht
in 10 Klassen getheilt werden, die indess schon in ihren
allgemeinen Umrissen durch vielfältige Uebergänge in einander
laufen: 1) die Myammarace, mit Birma undAracan als Repräsentanten,
2) die grosse Race der Thai mit ihren Nebenzweigen,
3) die Hügelvölker der Tiefländer, als die Lava, Karien, Taung-
thu u. s. w., 4) die Bergstämme der Moi oder Kha genannten Wilden,
5)dieMon, 6)dieKhom oderKhamen, 7) die Annamiten Tonquins
und Cochinchinas, 8) die Bewohner der an das Hochgebirge gelehnten
Thäler an den Grenzen Indiens, Tibets und Chinas,
9) die Eingebornen im Innern der malakkischen Halbinsel und
die nach den Küsteninseln als Fischer zurückgezogenen Reste,
10) die Malayen. Als Quellen der Geschichte liegen bei den
ersten Klassen, ausser ihren mündlich fortgepflanzten Sagen,
auch geschriebene Chroniken vor, deren Werth indess ein sehr
relativer ist. Die letzte gehört, wie auch in Prichard’s Ein-
theilung, zu den Insulanern des Archipel.
Im Stamme der Byamma, dessen klaren Zusammenhang mit
dem der Brahmanen man unnöthigerweise wegzüdisputiren gesucht
hat, liegt der Wiederklang der nationalen Tradition, die alle jene
eingewanderten Stämme der Singpho, der Khamti, der Ahorn, der
Laos aus einem himmelhohen Berge, wo sie den Göttern näher
waren, erst später in die Niederungen herabgeführt hat. Als die
eingewanderten Hindus die Wiedergeburt der Rajas aus goldnen
Kühen besorgten und die unreinen Mlech in Rajputen des Surya-
bangsa verwandelten, wurde auch der Titel Brahmane eine aristokratische
Bezeichnung, wie als Burmaon noch jetzt unter den