III. Acridiodea.
A. Morphologie der integumentalen Tympanalgebilde.
a) Allgemeines.
Wie ich schon eingangs erwähnt habe, nehmen in der Graberschen Monographie die
vergleichend-morphologischen Studien, besonders der integumentalen Tympanalgebilde einen
breiten Raum ein. Ein befriedigender Ausbau meines Themas auch nach dieser Richtung
hin war für mich 'schon aus dem Grunde nicht ausführbar, weil ich nicht solch umfangreiches
Material zur Verfügung hatte wie Gräber. Andererseits erkannte ich bald aus
meinen eingehenden Untersuchungen, die ich bei allen mir zugänglichen Repräsentanten
durchgeführt habe, daß bei unseren heimischen Acridiodeen die Differenzierung weder der
integumentalen, noch der nervösen Teile soweit geht, daß es sich verlohnen würde, ihr eine
besondere Beschreibung zu widmen. Es mag für den Systematiker von Wert sein, z. B. mit
B r u n n e r v. W a t t e n w y l (1874 p. 286) zwischen einem Tympanum apertum, fornicatum
und clausum zu unterscheiden, für uns aber, die wir in das Wesen des Tympanalorganes
eindringen wollen, erscheint es als ganz nebensächlich, ob das Trommelfell von der
schützenden Integumentfalte etwas mehr oder weniger weit überragt wird, und genau so
verhält es sich mit den übrigen Differenzierungen, nur daß diese im allgemeinen noch weit
geringfügiger sind. Ich habe daher diese Seite ganz vernachlässigt; dennoch werde ich nicht
verfehlen, irgendwie bemerkenswerte Unterschiede, die mir im Verlaufe meiner Untersuchungen
aufgefallen sind, zu erwähnen.
Da nun naturgemäß die Größe der Organteile, sowie ihre Lage zueinander und auch
ihre Form bei den verschiedenen Spezies immerhin gewisse, wenn auch noch so unwesentliche
Differenzen aufweist, und es mir andererseits daran lag, die Beschreibung auch mit
Hilfe möglichst genauer Maße recht eingehend zu gestalten, ohne mich, wie gesagt, allzusehr
bei vergleichenden Details aufhalten zu müssen, habe ich es für zweckmäßig gehalten,
hierfür die der Untersuchung günstigste Form herauszugreifen. Als solche bot sich mir der
in der Umgebung Leipzigs äußerst gemeine Mecosthetus grossus, neben Psophus stridulus
und Oedipoda coerulescens die größte der hiesigen Acridiodeen. Mecosthetus grossus hat
neben den Vorzügen seiner leichten Beschaffbarkeit und seiner Größe ein fast offenes und
daher leicht übersichtliches Tympanum.
b) Lage und Aufbau der integumentalen Tympanalgebilde.
Zu beiden Seiten des Körpers liegt im ersten Abdominalringe das aus Trommelfell
und Trommelfelleinfassung bestehende „Ohr“ der Acridier. Um dasselbe recht übersichtlich
zu erhalten, ist es notwendig, die Flügel, durch die es selbst bei kurzflügeligen Formen, wie
Chrysochraon brachypterus, zum größten Teil' bedeckt wird, und ferner die Sprungbeine,
welche gleichfalBvon dem ruhenden Tiere darüber gelegt werden, zu entfernen. Es tritt
dann, am besten unter der binokuiiiren Lupe, {:iii^|ibet'rí¡cbtsb¡id zu Tage, wie es Fig. i
(Taf. I)#yiedergibt. Der teilweise rückgebildete erste Hinterleibsring (Fig. I AbdR,) schiebt
sich gewissermaßen keilförmig zwischen den schräg, yon vorn und oben nach hinten und
unten prichteten M Sth o ra x |em3) üttd den in der Transversalebene liegenden 2. Hinterleibsring
fflbdR|lmghin Sternit, sowie der untere Teil des Tergiten, scheint verloren gegangen
zu gern, dies*; Partien habenBch ^en angrenzenden Stücken des Metathorax zu
einem untrennbaren Ganzen vereinigt und bilden gemeinsam mit ihnen das Hüftgelenk des
SprungbeinSf w e lch flfa s t d iS g an ze untere Region f i s c h e n Mesotliorax und den 2, Abdominalring
cinnininiT. Die Grenze zwischen Metathorax und dem i ■ Abdominalring markiert
sich an der übrigen Seiten- und Rückenpartie npeh recht deutlich, eine gelenkige Verbindung
besteht aber nicht mehr. Das Abdominalsegment-ist hier durch eine starre Vereinigung
dem Thorax angegliedert, 'so daß es ebenso wie d ^ S aus der aktiven Atembewegung ausgeschaltet
ist. Dagegen findet sich zwischen dem-;#, und 2, Abdominalsegment eine sehr
breite .Gelenkhuut.
Gleich oberhalb des Huítgelenkes, ungefähr in der Mitte 4 p cSeitenansicht, fällt uns
nun in der .(Seitenplatte des i. Hinterleibsringes einjBscharf umschriebene Vertiefung auf, die
f a l l die ganze B r e itÄ e s Segmentes einmmmt, und ilicgtg h innen durch eine dünne hell-
.Schimtr.crnde Membran abgeschlossen wird. Wir haber, hier das Trommelfell mit seiner
Einfassung ,vor uns.
DiKaußere Form di<j*4j||l|bildes ist seinSleichten Zjrganglichkeit und Übersichtlichkeit
;«egenA|shon ¡ S in den ältesten Be@fe?achtern ziemlich genau geschildert worden.
D e i G e e S ^ a i , 3#jfewelcher nach G r ä b e r als der^ntdecker des Acridierohres
zu betrachten ist, sah tés-als. ein schallverstärkendesBkgan a||; w e lch lld en Zirptönen als
Resonanzboden dient. Er b&h re ib t ;g®aber recht anschaulich bei Pachytilus migratorius L.
in folgender Weis,e: „Auf jedei H e i Ringes am Hintérleib.e liegt eine große, ziemlich
tiefe, eiförmige Öffnung, die zum Teile durch eine ungleiche, platte, an den- Rändern behaarte:
Lamelle v e r s ch lö # 1 'wird. Auf dem Grunde dieser Öffnung befindet sich ein weißes,
gespanntes und wie ein Spi«g<I,glänzen#i;jHäutehe* weicheg; ;di®änze Höhlung einnimmt.“
Weniger verständlich ist die. Jgjjsßhreibung von Job. M ü lle r (i82^| p. 4 « Nach ihm
liegt „im hintersten Teil der Brust auf dem Rücken, auf beiden Beiten über dem Ursprünge
des letzten Fußpaares eine Aushöhlung der äußeren Bedeckungen, wo die?* unterbrochen
und durch eine feine Membran geschlossen sind.“
B u r m e is t e r;¡§í 832, p. 5i2)i#hildéM ;¡t»S Gebilde,, welches er ebenso wie de G f f lr für
ein' Stimmorgan hält, als „eine halbmondförmigem Grunde ;«s>n einer zarten Haut geschlossenen
Grube, welche bald ganz frei ist, bald durch eine vom vorderen Rande ausgehende
dreieckige Platte zur Hälfte bedeckt wird.“
Nach v . j i i e b o l d (1844, p. 6 if;gie sitzt die Rückenhälfte des ersten Abdominalsegments
an beiden Seiten einen eiförmigen Ausschnitt, in welchem eine eigentümliche Haut
wie ein Trommelfell ausgespannt ist. Der ^ S c h n i t t ist von einem hornigen Ringe eingefaßt,
der nach den verschiedenen Gattungen und Arten der Acridiodeen die trommelfellförmige
Haut von oben her bald mehr oder bald weniger überwölbt.“