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R ü c k -
b i l d u n g s e r
s c h e i n u n g e
im G e b i ß
• d e r C h r y-
s o c h l o r i d a e
C h r y s o c h i c
r i s u n d
N o t o r y c t e s
das konkave Dreieck von der Hauptspitze und die Außenkante von der vorderen und hinteren
Basalspitze, sowie von den Cingulumspitzen gebildet werden. Besonders sei bemerkt, daß
die Lage der vorderen Basalspitze außerhalb und vor dem „Trigon“ — welche Lage wir
als ein notwendiges Resultat dieser Art der Molarbildung erkannt haben — sich auch bei
Chrysochloris, wenn auch nicht so scharf vom „Dreieck“ getrennt wie bei den Centetidae,
wiederfindet, wie dieses deutlich bei den am wenigsten verkürzten Zähnen von C. hottentota
hervortritt (vergl. P3 Fig. 52). Die Übereinstimmung zwischen unteren Backenzähnen bei
Chrysochloridae und Centetidae ist ohne weiteres klar.
P'alls wir einen genetischen Zusammenhang zwischen dem Zahnsystem der Centetidae
und dem der Chrysochloridae annehmen, so ist damit zugleich angenommen, daß dasselbe bei
den letzteren rück- und zugleich umgebildet ist. Die Umbildung manifestiert sich in der stark
erhöhten prismatischen Form der Molaren. Die Rückbildung der Molarform hat bei C. aurea
ihren Höhepunkt erreicht: die Molaren sind zu Lamellen verkürzt, die Wurzeln verwachsen, die
hintere Basalspitze an den unteren Backenzähnen fehlt meist. Daß nun in der Tat das Gebiß
bei C. aurea der Rückbildung ausgesetzt worden ist, geht teils aus dem Umstande hervor,
daß Pd 3 aber nur 'ausnahmsweise P3 eine hintere Basalspitze hat, teils wohl auch daraus,
daß der obere Eckzahn eine höhere Differenzierung im Milchgebiß als. im Ersatzgebiß
aufweist.1 Weniger abgeändert sind die übrigen Arten, indem die entsprechenden Zähne
längere Kronen und getrennte Wurzeln, sowie die unteren Backenzähne eine hintere Basalspitze
haben.
Schließlich haben wir die Beziehungen zu berücksichtigen, welche das Zahnsystem
der Chrysochloridae zu dem anderer Säuger aufweist.
Mit dem Gebiß von S o le n o d o n bietet dasjenige von Chrysochloris durch die Höhe
der Backenzähne eine habituelle Ähnlichkeit; auch eine Aushöhlung an der Innenfläche des
I2 ist bei Chrysochloris vorhanden. Eine größere morphologische Bedeutung ist diesen
Befunden wohl kaum beizumessen.
Wiederholt sind die höchst eigentümlichen, bis ins einzelne gehenden Übereinstimmungen,
welche zwischen dem Placentalier C h r y s o c h l o r i s und dem Aplacentalier
N o to r y c t e s bestehen, hervorgehoben worden, und werden wir dieselben in ihrem Zusammenhänge
und in ihrer allgemeinen Bedeutung später zu berücksichtigen haben. Hier ist darauf
hinzuweisen, daß C h r y s o c h lo r is , was d ie B a c k e n z ä h n e b e t r i f f t , g r ö ß e r e Ä h n l
i c h k e i t mit b e s a g tem B e u t e l t ie r e a ls mit ir g e n d e in em a n d e r en S ä u g e r hat.
Was zunächst die Anzahl der Zähne betrifft, so ist nach Gadow (92) die vollständige
Zahnformel bei Notoryctes:
I _i c - P - M —
3 1 2 4
wobei zu bemerken, daß häufig individueller Ausfall eines oder mehrerer Antemolaren stattfindet,
so daß wenigstens dieser Teil des Gebisses sich in starker Rückbildung befindet.
Die Gesamtzahl der Zähne bei Chrysochloris und Notoryctes ist dieselbe. Allerdings sind in
Übereinstimmung mit der gebräuchlichen Auffassung der Backenzähne bei den Beuteltieren
in obiger Formel die vier hinteren Backenzähne als Molaren bezeichnet. Aber abgesehen da-
1 Vergl. oben pag. 27 und F ig. 50, 5.1, T ex tfig. L.
von, daß von dem Zahnwechsel des Notoryctes nichts bekannt ist, liegt, wie dies schon
Winge 1882 in seiner für die gesamte Morphologie des Säugergebisses grundlegenden Arbeit
betont, kein triftiger Grund zur Annahme vor, daß der vierte Backenzahn von hinten
gerechnet bei Marsupialia ein Molar und nicht wie bei Eutheria ein Prämolar ist. Nimmt
man aber dies an, dann ist nicht nur die Gesamtzahl der Zähne, sondern auch die Anzahl
der zu dieser Zahnart gehörenden Zähne dieselbe wie bei Chrysochloris und bei den übrigen
lebenden „trituberkularen“ Insectivoren1, und ebenso wie bei diesen ist P4 bei Notoryctes
molariform. Bemerkenswert ist ferner, daß Notoryctes, abweichend von a l le n anderen
Beuteltieren, aber wiederum in Übereinstimmung mit den besagten Insectivoren drei Schneidezähne
oben und unten besitzt.
Die vorderen Antemolaren sind bei allen bisher untersuchten Notoryctes-Exemplaren
■■•rfr sowohl bei den acht von Gadow beschriebenen als bei den mir vorliegenden drei
Exemplaren des zootomischen Instituts zu Stockholm zu abgenutzt, um an ihnen die
Kronenform zu erkennen. Dagegen kann die Übereinstimmung der vier hinteren Backenzähne
oben und unten bei Notoryctes und Chrysochloris als eine vollkommene bezeichnet
werden. Und zwar ist diese Übereinstimmung vollständiger bezüglich derjenigen Chrysochloris-
Arten, welche die ursprünglichere Molarform aufweisen (C. trevelyani und hottentota), als
mit Ch. aurea. Besonders sei erwähnt, daß auch bei einigen Notoryctes-Zähnen des Oberkiefers
beobachtet werden kann, wie die vordere Basalspitze dieselbe Lage zum „Trigon“ einnimmt
wie bei Chrysochloris; ferner daß eine kleine hintere Basalspitze in ganz derselben
Weise wie bei Chrysochloris auftritt. Die Anzahl und Lage der Wurzeln der Backenzähne
oben und unten ist dieselbe wie bei Ch. hottentota und trevelyani. Sowohl bei Chrysochloris
als bei Notoryctes ist P4 der größte Backenzahn. Doch haben die Backenzähne nicht dieselbe
Höhe wie bei Chrysochloris erreicht.
Ob nun in der Tat der obere Backenzahn bei Notoryctes auf dieselbe Weise entstanden
ist wie bei Chrysochloris, ist dagegen leider nicht zu entscheiden, da ein allmählich
erfolgender Übergang der Antemolaren in die Molaren beim ersteren nicht vorkommt.
Ziemlich allgemein, aber auf ziemlich schwachen Gründen hat man eine Verwandtschaft
zwischen Notoryctes und den D a s y u r id a e angenommen. Irgendwelche Beziehungen
im Zahnsystem zwischen beiden können jedoch nur durch Mobilisierung starker Phantasiekräfte
erkannt werden.
Von ausgestorbenen Vorvätern der Chrysochloridae ist zur Zeit ebensowenig etwas B e z i e h u n g e n
bekannt wie von denen der Centetidae. Auf Grund der Beschaffenheit der Backenzähne . , . s o c h l o r l d a c
sind wiederholt die S t y la c o d o n t id a e aus der Juraperiode und N e c r o le s t e s 2 aus dem zu ausge-
Tertiär Patagoniens als Verwandte der Chrysochloridae erklärt worden. Meine Erfahrungen storbenen
auf diesem Gebiete verbieten mir in einer so heiklen Frage, ob hier wirkliche Affinität oder
nur Konvergenz vorliegt, ein Urteil zu fällen. Wenn wir uns auch mit dem zur Zeit vorliegenden
Materiale keine gesicherte Vorstellung bilden können, welche Beziehungen zwischen
einst und jetzt in diesem Punkte bestehen, so ist jedenfalls die Tatsache von größter Bedeutung,
daß die Backenzahntypen, welche die heutigen Insectivorengruppen Centetidae,
1 Natürlich von den beiden durch rückgebildetes Molargebiß ausgezeichneten Chrysochloris hottentota und Eri-
culus telfairi abgesehen.
* Ameghino 93.