Kenntnis vom Bau der peripherischen Nervenendigungen der niederen Tiere bedarf wohl
noch sehr der Vervollkommnung, und es B b t^ ich e r lich neben dem Tympanalorgan der
Locustiden in der ganzen Reihe der Arthropoden, ich möchte sagen der Evertebraten, kein
Sinnesorgan, welches def Untersuchung so zugänglich wäre, und w enige,Bädenen sich die
nervösen Endorgane so häuften, wie eben bei dem fraglichen Acridierorgan. Gewiß haben
sich viele Untersucher durch die vermeintliche Schwierigkeit der Chitinbehandlung zurückschrecken
lassen, ein Kaktor; der zwar nicht zu unterschätzen, der aber doch durch Geduld
und zielbewußte Arbeit leicht zu überwinden ist.
Durch Herrn Professor C h u n , in dessen zoologischem Institut ich vorliegende Arbeit
angefertigt habe, wurde ich auf das Aussichtsreiche einer Neubearbeitung der Tympanal-
organe aufmerksam gemacht. Wenn es mir nun gelungen sein sollte, wenigstens teilweise
den gehegten Erwartungen gerecht zu werden, so verdanke ich dies wohl größtenteils der
ständigen Plilfe der Herren Professoren C h u n und zu r S t r a s s e n . Besonders fühle ich mich
Herrn Professor z u r S t r a s s e n für den regen Anteil, welchen er an meiner Arbeit genommen
hat, zu großem Danke verpflichtet.
Ursprünglich hatte ich die Absicht, meine Untersuchungen auf die Acridiodeen zu beschränken,
nachdem sich mir aber eine Fülle neuer Gesichtspunkte in der Auffassung der
Endorgane geboten hatten, schien es mir angebracht, auch die Tympanalorgane unserer
anderen heimischen Orthopteren in den Kreis der Betrachtung zu ziehen, und ich hatte die
Genugtuung, konstatieren zu können, daß im histologischen Sinne sämtliche Endorgane nach
denselben Prinzipien gebaut sind, insofern ich bei den Locustiden und Grillen alle histologischen
Details in derselben Form und Anordnung wiederfand, wie ich sie bei den Acridiodeen
gesehen hatte. Es ist daher begreiflich, daß meine Ausführungen über das Organ
der Acridiodeen einen erheblich größeren Raum einnehmen, was auch noch dadurch bedingt
wird, daß ich genötigt war, der Morphologie dieses Organes und seiner Hilfsapparate
ein weit eingehenderes Studium zu widmen.
II. Methodik und Material.
Durch die meisten entomotomischen Arbeiten zieht sich wie ein roter Faden die Klage
über die Schwierigkeiten, welche das Chitin der Bearbeitung entgegensetzt. Ich selber hatte
darunter verhältnismäßig wenig zu leiden, und da es mir gelungen ist, von tadellos konserviertem
Material, welches für unsere Untersuchungen unbedingt notwendig ist, vollständige
Schnittserien zu erzielen, so fühle ich mich veranlaßt, meine Präparationsmethoden eingehend
mitzuteilen.
Wegen der Undurchlässigkeit des Chitins ist der vielfach geübte Gebrauch, ganze
Tiere in die Konservierungsflüssigkeit zu bringen, durchaus verwerflich. Um den konservierenden
Mitteln ungehinderten Eingang zu verschaffen, ist es vielmehr erforderlich, vorher
sämtliche überflüssigen Teile zu entfernen. Bei den Acridiodeen trennte ich das Abdomen
im zweiten Abdominalsegment und den Thorax zwischen dem zweiten und dritten
Beinpaare ab. Von dem so erhaltenen, das Tympanalorgan bergenden Mittelstück wurden
dann Flügel- und Sprungbeine dicht am Körper abgeschnitten, ferner Darm und die sehr
hinderlichen Geschlechtsorgane mit einer Pinzette herausgezogen und hierauf das Objekt in
die bereitstehende Konservierungsflüssigkeit befördert. Das Tibialorgan der Locustiden und der
Grillen ist sehr leicht zu isolieren, indem man einen Schnitt gleich oberhalb des Knies durch
den Femur und einen anderen unter dem Organ durch die Tibia legt. Es ist wohl überflüssig
zu betonen, daß diese vorbereitenden Manipulationen möglichst schnell ausgeführt
werden müssen. Sehr störend ist die Luft, welche in den Tracheen zurückbleibt; aus den
Tibiapräparaten läßt sie sich entfernen, indem man den Femurstumpf in der Konservierungsflüssigkeit
mit einer Pinzette zusammenpreßt und das am anderen Ende heraustretende Bläschen
mit einem Pinsel entfernt. Von einer ähnlichen Behandlung der Acridierpräparate ist
abzuraten, da das Organ bei Verletzung der Tracheenblasen leicht gezerrt und verlagert
wird. Hier genügt es auch, die auf der Konservierungsflüssigkeit schwimmenden Objekte
mit Hilfe eines Wattebäuschchens unterzutauchen.
Speziell für Studien der vorliegenden Art halte ich es nun für sehr zweckmäßig, die
Präparate so schnell wie möglich in Paraffin (58°) zu bringen. Dadurch wird einmal vermieden,
daß bei längerem Verweilen im Alkohol histologische Feinheiten durch Zellschrumpfung
verloren gehen, andererseits habe ich die Erfahrung gemacht, daß bei Objekten,
welche längere Zeit im Alkohol gelegen haben, das Chitin sehr spröde wird und beim
Schneiden wie Glas ausspringt. Aus diesem Grunde habe ich meine sämtlichen Präparate
in Paraffin aufbewahrt, ein Teil derselben ist schon über ein Jahr alt und hat sich bis jetzt
nicht im geringsten verändert, auch ihre Schneidbarkeit ist die gleiche geblieben.
Um unzerrissene Schnitte zu erhalten, sind zwei Punkte besonders zu beachten: Ein
äußerst scharfes Messer und das vorsichtige Auf fangen jedes einzelnen Schnittes mit dem