
Blase (Fig. 36a, ec1), die mit einem Theil ihrer Außenwand an das mütterliche Ectoderm grenzt. Hier
schieben sich nun Elemente der Muskelschicht zwischen die beiden Zelllagen ein und formiren ein
membranöses Netzwerk von contractilen Fasern, welches den an dieser Stelle unterbrochenen Zusammenhang
der Tunica muscularis wiederherstellt. So bleibt der Zustand bis gegen das Ende der Embryonalentwickelung.
Dann aber tritt immer deutlicher eine sehr charakteristische Differenzirung
der Muskulatur an der Oöciummündung zu Tage. Wir wissen bereits, daß das innere Oöciumblatt
allmählich verfällt, und daß nur die dem Ectoderm der Leibeswand anliegenden Zellen (Fig. 39, ec1)
bis zuletzt erhalten bleiben. Dieser Verfall äußert sich auch an der der Mündung vorgelagerten
Muskelschicht, die immer fadenscheiniger wird und in dem Querschnitt Fig. 41, der die obere Kuppe
des Oöciums abgetrennt hat (ähnlich wie Fig. 40, Schnitt I), nur noch aus wenigen blassen Fasern
besteht. Dagegen ist im ganzen Umkreise der Mündung um diese Zeit ein auffälliges Erstarken der
Muskulatur bemerkbar. Bekanntlich besteht die Muskulatur jedes Cystides aus einer inneren Längs-
und einer äußeren Ringfaserschicht. Die letztere nun, die man in Fig. 41 als feine concentrische
Fäden (r) erkennt, verdicken und häufen sich an der Mündung des Oöciums plötzlich zu einem starken
Sphincter (sph), dessen Aufgabe natürlich die Verengung und Erweiterung der Mündung ist. Die
Erweiterung wird aber ferner bewirkt durch die Längsmuskelschicht, deren Fasern (l) man in Fig. 41
strahlenförmig gegen die Mündung convergiren, sich miteinander zu stärkeren Bündeln vereinigen
und endlich an dem Sphincter selbst inseriren sieht. Die Bedeutung dieser Längsfasern kann nur
die sein, als Antagonisten des Sphincters zu wirken, d. h. den erschlaffenden Sphincter thatsächlich
auseinander zu ziehen und so eine active Erweiterung der Oöciummündung herbeizuführen. Durch
Contraction dieser Längsmuskeln bei erschlaffendem Sphincter muß eine Ruptur der dünnen, vom
Sphincter umschlossenen Muskelmembran und der ihr benachbarten Zellschichten zu Stande
kommen, welche als Geburtsöffnung dem Embryo einen Weg nach außen schafft.
Genauer, als es beim Querschnitt möglich ist, lassen sich die Einzelheiten der Verbindung
der verschiedenen Faserschichten im Längsschnitt erkennen. In Fig. 42, über die gleich noch Weiteres
zu sagen sein wird, sieht man bei sph den quergetroffenen Sphincter, bei r die dünneren Ringfasern,
bei l die in der Nähe der Mündung außerordentlich starken Längsfasern. Jede Ringfaser, die des
Sphincters nicht ausgenommen, ist nun durch ein zartes Fädchen mit der benachbarten Längsfaser
verbunden, die sich ihrerseits gegen den Sphincter hin geradezu in solche Fädchen aufzulösen scheint.
In Wirklichkeit entsprechen diese Fädchen feinen Lamellen, mit denen die Ringmuskeln auf den
Längsfasern aufliegen und durch die sie mit ihnen gleichsam verkittet sind. Dies hat zur Folge,
daß eine Contraction der Längsmuskeln nicht nur die Erweiterung des Sphincters selbst, sondern
auch die des ganzen Systems von Ringmuskeln in seiner Umgebung bewerkstelligt.
2.) Dadurch, daß die Cystide, welche reife Embryonen beherbergen, sich durch ihre Form
ganz auffällig von den gewöhnlichen Zweigen unterscheiden, ist es möglich, sie auch nach dem Ausschlüpfen
der Larven mit Sicherheit zu erkennen. Ich habe eine Anzahl solcher Cystide untersucht
und in der eben erwähnten Fig. 42 dasjenige wiedergegeben, bei dem die kürzeste Zeit seit dem Ausschlüpfen
der Larve vergangen war, die dadurch bedingten Veränderungen also noch am sichtbarsten
sind. Der Schnitt geht durch die Mitte der Mündung des ehemaligen Oöciums, das sich aufs äußerste
contrahirt hat und zu einem rundlichen Knoten eingeschrumpft ist. Derselbe wird begrenzt durch die
Muskelschicht des Oöciums (Im1), die in Folge der Contraction jetzt deutlich erkennbar geworden
ist, während sie bei dem erweiterten Oöcium so dünn ist, daß sie sich auf Querschnitten der Oöcium-
wand nur schwer nachweisen läßt. Sie geht direct in die Muskelschicht der Leibeswand über, etwas
außerhalb von dem Sphincter inserirt sie sich an den Längsmuskeln. Der äußere Zellbelag der
Membran ist größtentheils schon geschwunden, wie denn auch bei den entartenden Polypiden der
Verfall zuerst an dem mesodermalen Epithel, das der Muskelschicht aufliegt, zu Tage tritt, im
Gegensatz zu den davon umschlossenen ecto-entodermalen Geweben, die sich länger erhalten. Die
beim unversehrten Oöcium inmitten des Sphincters ausgespannte Muskelmembran nebst dem darüber
befindlichen Ectoderm ist geborsten, und wie durch einen Schornstein tritt der aus blassen, undeutlich
begrenzten, offenbar in Zersetzung begriffenen Zellen bestehende Inhalt des Oöciums nach außen
hervor, auf demselben Wege, auf dem auch der Embryo ins Freie gelangt ist. Dieser Inhalt rührt
von dem inneren .mesodermalen Belag der Oöciumwand, die ja aus einem doppelten Plattenepithel
mit dazwischen befindlichen Muskelfasern besteht, her, vielleicht auch von den Resten des ectoder-
malen Blattes, die sich unterhalb der Mündung erhielten (Fig. 39, ec1). Sie alle sind durch die
Contraction der Faserschicht des Oöciums zu einem lückenlosen Haufen zusammengedrängt.
Füge ich hinzu, daß das Mutterpolypid A, durch dessen Mündung nach Ansicht einiger Autoren
der Embryo den Stock verlassen soll, in unserem Falle noch vollkommen unversehrt und lebensfrisch
ist, so muß dieser Befund wohl als zwingender Beweis dafür gelten, daß nur die Mündung
des Oöciums selbst die Geburtsöffnung darstellt.
Nach einiger Zeit, ohne Frage sehr bald, schwindet der Zellpfropf, welcher die Öffnung
verschließt, unter Vermittelung des Sphincters contrahirt sich die Wunde, und es tritt eine Verwachsung
der zusammengehörigen Zellschichten ein. Man findet dann auf späteren Stufen die Continuität
der Wandung wiederhergestellt, sieht aber noch das Oöcium in Gestalt einer Beule seinen Platz
behaupten. Es verfällt jedoch mehr und mehr. Schließlich kann, wie ich in einem Falle beobachtet
habe, unmittelbar vor dem Oöcium — an der Oralseite, wenn man die Orientirung des Mutterpolypides
berücksichtigt S eine neue Knospe (Bn) ihre Entstehung nehmen, an der Stelle also, die ihr nach
dem allgemein gültigen Knospungsgesetz zukommt, und wo die Knospung durch die Entwickelung
des Oöciums seiner Zeit unterbrochen wurde. Es sei nur daran erinnert, daß das Oöcium stets oberhalb
der jüngsten Tochterknospe B n und gewissermaßen anstatt der nächsten fälligen Knospe Bn+ 1
zur Bildung gelangt.
Die Larve. Es ist schon erwähnt worden, daß die frei schwimmende Larve eine andere
Form besitzt als sie der Embryo kurz vorher im Mutterleibe zur Schau trug. Nach dem Ausschlüpfen
contrahirt sich der Embryo in der Längsaxe, und der vordere Abschnitt, der die bleibende Kolonie
darstellt, verbirgt sich ganz oder zum größten Theil unter der Duplicatur des Flimmermantels, dessen
Gilienbesatz nun als Locomotionsorgan dient. Die Figuren 43—46, Taf. VI, geben die äußere Form
und die Stellung der Polypide mit ihrem nach rückwärts umgeschlagenen Darm ziemlich lebenstreu
wieder. Die Larve schwimmt wie alle Phylactolämenlarven mit dem hinteren Pol voran unter
Linksdrehung der Hauptaxe (vgl. Braem, ’97, S. 63), dabei offenbar bestrebt, einen zur Festsetzung
geeigneten Ort ausfindig zu machen.
Das Stadium, auf dem die Larve den Stock verläßt, schwankt, wie es auch bei PlumateUa
der Fall ist (1. c., S. 64), erheblich. Die kleinste Larve, die ich gesehn habe, ist in Fig. 43 abgebildet,
sie ist abnorm dürftig entwickelt. Sie kam erst am fünften Tage nach dem Einsetzen des frisch gesammelten
Materials aus, doch glaube ich nicht, dass diese Zeit mangelhafter Ernährung die Ursache
ihres Zustandes sein kann, denn andere, noch später geborene Larven waren durch den Aufenthalt
im Aquarium nicht merkbar geschädigt worden. Als Norm wird die Larve Fig. 46 gelten können,
ihre Länge beträgt 0,42, die Breite 0,27 mm, und für das lebende Exemplar dürften diese Ziffern
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