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D i e K e i l b e i n g
r u b e u n d
d i e C h o r d a
dorsalis.
überlagert, so daß hier das ganz kleine For. opticum außerhalb und vor der Spalte zu
liegen kommt. Das Orbitosphenoid ist außerdem von einer Anzahl kleiner Löcher (6— 8,
verschieden links und rechts) durchbohrt.
Auch bei C h r y s o c h lo r id a e ist die Überlagerung des Orbitosphenoid durch das
Alisphenoid etwas geringer als bei Centetes und Ericulus. Das Orbitosphenoid ist von zwei
kleinen Foramina durchbohrt, von denen das hintere das For. opticum ist.1
In Bezug auf die Bedeutung des Fehlens eines selbständigen For. opticum ist zunächst
zu bemerken, daß die Vereinigung desselben mit dem For. sphenoideum konstant
bei Monotremata und Marsupialia, aber auch bei einzelnen Formen innerhalb anderer
Säugetierordnungen vorkommt. Bei letzteren kann übrigens dieses Verhalten, individuell
Schwanken; so hat Winge (77) bei S o r e x v u lg a r i s ein selbständiges For. opticum unter
21 untersuchten Individuen nur dreimal gefunden; auch bei anderen Soriciden (C ro s so p u s
und C r o c id u r a ) hat er es gesehen. Dobson fand bei P o t a m o g a l e ein kleines For.
opticum, während es bei meinem Exemplare fehlt.
Wenn Somit auch dem Vorkommen oder Fehlen eines selbständigen For. opticum
an und für sich keine sonderlich große phylogenetische Bedeutung zuzuschreiben ist, da das
Fehlen ebensowohl ursprünglich (Monotremata, Märsupialia) wie sekundär sein kann, ist es
immerhin beachtenswert, daß bei den Oryzorictinae dasselbe nicht ausgebildet ist, während
es bei den Centetinae vorkommt.
An ihrer ventralen Fläche höhlen sich bei C e n te te s und E r i c u lu s der vordere
Teil des Basisphenöid und der hintere des Praesphenoid zu einer gut begrenzten Grube
aus. Ich bemerke ausdrücklich, daß dieselbe nicht unmittelbar ventral, sondern v o r der
gänzlich vom Basisphenöid gebildeten Fossa pituitaria liegt.
fläche vom erwachsenen C e n t e t e s e c a u d a -
t u s , um die Keilbeingrube mit der Chorda
dorsalis (ch) zu zeigen; fast 2/, nat. Gr.
Tex tfig. LXII. Schnitt durch die sagittale Medianlinie des
Schädels vom erwachsenen C e n t e t e s e c a u d a t u s ;
ch Chorda dorsalis; b Basisphenöid; p Praesphenoid;
s Schleimhaut; g Keilbeingrube. E tw a 18/, nat. Größe.
Bei beiden Tieren liegt in dieser Grube unmittelbar unter der Schleimhaut dem
Basisphenöid ein strangartiges Gebilde an, welches sich in der Medianlinie des Schädels
von der Grenze zwischen Prae- und Basisphenöid. zur hinteren Wandung der Keilbeingrube
erstreckt (Textfig. LXI ch). Wie die mikroskopische Untersuchung an Sagittalschnitten von
Dobson 82 pag. 114 verneint das Vorkommen eines besonderen For. opticum bei Chrysochloris.
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Centetes (Textfig. LXII) lehrt,. besteht dieser Strang aus einem Gewebe, welches als „vesikulöses
Stützgewebe“ 1 zu bezeichnen ist; ferner ist an diesen Schnitten zu ersehen, daß der
Strang mit dem Knorpel zwischen Prae- und Basisphenöid in unmittelbarem Zusammenhänge
steht, an der Ventralfläche des Basisphenöid nach hinten verläuft und in den hinteren Teil
dieses Knochens eindringt, wo er zugespitzt endet.
Dieser Befund ist deshalb von ganz besonderem Interesse, weil d er S t r a n g , wie
aus folgenden Tatsachen hervorgeht, die C h o rd a d o r s a lis , resp. e in R e s t d e r s e lb e n
ist. Zunächst spricht der histologische Bau (vesikulöses Stützgewebe) hierfür. Schaffer2 weist
nämlich nach, daß „das Gewebe der Chorda dorsalis, welches vom funktionellen Gesichtspunkte
ja ein ausgesprochen vesikulöses Stützgewebe darstellt, als ein Gewebe sui generis zu
betrachten ist“ . Das Chordagewebe und ein bei vielen Wirbellosen vorkommender Stützgewebetypus
faßt S. als vesikulöses Stützgewebe von chordoidem Typus zusammen. Da
nun die histologische Beschaffenheit des fraglichen Stranges ein solches Gewebe ist, so kann
der fragliche Strang unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Ortes seines Vorkommens
offenbar nur als eine Chorda gedeutet werden. Besonders deutlich sprechen embryologische
Befunde für diese Auffassung. Nach der Schilderung von Mihalkovics bildet sich
die Basalplatte (Basis des chordalen Schädelteiles) beim Embryo des Kaninchens in der Art,
daß in einem kleinen hinteren Bezirk die Chorda allseitig von Knorpel umgeben wird, in
dem größeren mittleren nur dorsal und lateral, und in dem vordersten Gebiet wieder
allseitig. Die. Chorda verläuft somit beim Kanmchenembryo auf einer längeren Strecke
v e n t r a lw ä r t s v o n d e r S c h ä d e lb a s i s ; dieser Abschnitt der Chorda geht bei der
Verknöcherung des Basioccipitale zu Grunde, während der vordere Teil sich länger erhält.3
Beim Menschen ist ebenfalls ein ventralwärts von der Basalplatte gelegener Abschnitt der
Chorda vorhanden, welcher auch am frühesten zu Grunde geht. Auch bei den Fledermäusen
wird ein embryonaler hypobasaler Chordateil beschrieben.4 Diese Lage der Chorda
dürfte somit eine allgemeine Erscheinung sein. Während aber dieser ventralwärts von der
Schädelbasis liegende Chordaabschnitt, soviel bisher bekannt, bei allen anderen Säugern
schon im embryonalen Leben und zwar früher als die übrigen Teile der Schädelchorda zu
Grunde geht, is t b e i C e n te te s und E r i c u lu s d ie ü b e r r a s c h e n d e T a t s a c h e zu
k o n s ta t ie r e n , d a ß die h y p o b a s a le C h o rd a n o c h b e im e rw a c h s e n e n T i e r e
v o rh a n d e n ist.
Nur ein Moment könnte gegen die Deutung des fraglichen Gebildes beim erwachsenen
Centetes als Chordarest angeführt werden, nämlich der Umstand, daß bei den
oben angeführten Säugetierembryonen das vordere Chordaende in demjenigen Gebiet der
Basalplatte' liegt, das später vom Basisphenöid occupiert wird, während bei Centetes und
Ericulus, wie wir gesehen haben, die Chorda nach vorne bis zur Grenze zwischen Basi- und
Praesphenoid reicht. Doch scheint mir dieses Bedenken durch einen Befund, welchen ein
Embryo von Centetes (13 mm Körperlänge) aufweist, gehoben zu werden. Wie aus Sagittal-
1 Vergleiche Schaffer 03. Ich verdanke Herrn Professor E. Holmgren den Hinweis au f diese von Schaffer näher
charakterisierte Gewebeform.
* 03 pag. 467.
* Zitiert nach Gaupp 05 pag. 819— 821.
4 Schultze 97 pag. 206.