ändern Zwecken beansprucht und ausgebildet. Wo, wio bei Iy n x , der Stirnhöcker von Anfang
an fehlt, bildet sich auch keine Führungsleiste aus. Daß der Stirnhöcker für phylogenetische
Betrachtungen einen gewissen Wert hat, werden wir später sehen.
Wir haben gesehen, daß bei tridactylus, medius und leuconotus die Hörner, die
dem Schädel überall dicht anliegen, bis zur Schnabelwurzel reichen. Damit ist aber bekanntlich
die Möglichkeit ihrer Verlängerung noch nicht erschöpft, denn in zwei Richtungen
können sie noch weiter verlängert werden, erstens durch weiteres Vordringen ihrer Enden
und zweitens dadurch, daß sich ihre mittleren Teile in den Hals hinabsenken. Beides ist
beim Grünspecht und verwandten Amerikanern (Colaptes 40) der Fall. Das erste Mittel zur
weiteren Verlängerung des Zungenbeins scheint das bevorzugte zu sein und die Bildung der
vom Grünspecht her bekannten Hornschlingen erst dann zu beginnen, wenn den vorrückenden
Hornenden ein endgültiger Widerstand entgegengesetzt wird. Dies zeigt der Grauspecht,
bei dem, wie wir sehen werden, die Hornenden fast ebenso weit nach vorn reichen, wie
beim Grünspecht, Halsschlingen aber noch kaum vorhanden sind. Dies zeigt ferner die
postembryonale Entwicklung des Grünspechts, bei dem in den ersten Monaten seines Lebens
zuerst die Hornenden nach vorn wachsen und dann erst die mittleren Teile sich hinabsenken.
Endlich zeigen dies noch andere Arten (Dryobates), bei denen die Hörner ebenfalls
in einer sehr merkwürdigen Weise weit Vordringen, sich im übrigen aber von denen
der bis jetzt behandelten Buntspechte nicht unterscheiden.
Sind die Hornenden bis zur Schnabelwurzel gelangt, bis wohin wir sie bei den einzelnen
Arten verfolgt haben, so hängt bei den Formen mit noch längerem Zungenbein der
Weg, den die vorrückenden Hörner einschlagen, von der Gestalt des Schnabels ab. Wie
bekannt ist, finden sie bei einigen Arten den Weg in den Oberschnabel und gelangen dort
in die Hohlräume des os intermaxillare. Dies ist beim Specht deshalb möglich, weil die
Intermaxillarhöhle nach hinten nicht geschlossen ist, so daß die neben dem Nasenloch nach
vorn vordringenden Hörner erst am vorderen Ende der Intermaxillarhöhle auf Knochen
stoßen, die ihrem Vordringen ein Ziel setzen. Das eigentliche Nasenloch aber ist am
Zungenapparat der Spechte ganz unbeteiligt, die Hörner dringen nicht in das Nasenloch
ein, wobei sie' in die Nasenhöhle kämen, und das ist möglich, weil der äußere Naseneingang
nicht den ganzen Raum, sondern nur die obere Hälfte des am Skelett kurzweg Nasenloch
genannten Foramens einnimmt. Die untere Hälfte aber ist von der Kopfhaut überzogen,
die mit Borstenfedern besetzt ist, und nach vorn in die Hornbedeckung des Schnabels
übergeht; und darunter können die vom Schädel herkommenden Hörner, die ja nur von
der Kopfhaut bedeckt sind, in die Intermaxillarhöhle gelangen. Nimmt man aber an, die
Hörner von medius sollten weiter vorrücken, und betrachtet man den Schnabel dieses
Spechts, so erscheint es unmöglich, daß die Hornenden auf dem eben beschriebenen Weg
in den Oberschnabel eindringen; denn durch den breit ausgebildeten dreikantigen Schnabelfirst,
der für alle Buntspechte charakteristisch ist, werden die Nasenlöcher stark nach der
Seite verschoben und nahezu vertikal gestellt. Die Hornenden, welche von oben herkommen,
stoßen also auf das Schnabeldach und können nicht von der Seite her eindringen (Textfig.
3 und 4). Der Schnabel des Schwarzspechtes, der im allgemeinen die charakteristischen
Eigenschaften des Buntspechtschnabels besitzt, würde ein solches Eindringen wohl erlauben,
da der dreikantige Schnabelfirst im Verhältnis zu der großen Gesamtbreite des Ober-
Schnabels schmal geworden ist und das Nasenloch sich daher nicht wie bei medius fast
reih seitlich, sondern schräg nach oben öffnet. Die Hörner, die relativ etwas länger sind
als bei medius, aber auch noch an der Schnabelwurzel endigen, nehmen offenbar den Weg,
der sie bei weiterer Verlängerung in den Oberschnabel führen würde (Textfig. 5). Beim
Grün- und Grauspecht endlich hat der Schnabel die starren und derben Kanten des Schnabels
der eigentlichen Hackspechte verloren und ist schlanker und leicht gebogen worden, da er
vor allem dazu dienen soll, in die Ameisenhäufen einzudringen und diese zu durchwühlen.
Obwohl man diesen Schnabel in allen Einzelheiten von dem Buntspechtschnabel ableiten
kann, so hat er doch wesentlich eine andere Gestalt, die für die Grün- oder Ameisenspechte
charakteristisch ist. Die Nasenlöcher öffnen sich nach oben; die Zungenbeinhörner sind
durch den Stirnhöcker abgelenkt auf sie gerichtet und finden den Weg in die Weichteile
des Oberschnabels, d. h. des ös intermaxillare. Dasselbe Verhalten zeigen die amerikanischen
Verwandten der Grünspechte (Colaptes).
F ig . 5. Dryocopus martius. A b g e b a lg te r K o p f v o n r e c h ts . S chnabe l
geö ffn e t. In d e r Ir is v o r d e r P u p ille e in P igm e n tfle c k 1. B e z e ich n u n g wie
Auch der Wendehals hat einen Schnabel, dessen Nasenöffnungen nach oben gerichtet
sind, so daß die Hörner auf ähnliche Weise wie beim Grünspecht in die Intermaxillarhöhle
eindringen können (Textfig. 6), obwohl dies bei der Kürze des Schnabels nur wenig ausmacht.
Der Schnabel des Wendehalses, der gar keine Kanten besitzt, wird wohl nicht aus
dem Schnabel des Buntspechtes abzuleiten sein, sondern eber eine viel weniger als der
Spechtschnabel differenzierte Form des ursprünglichen Schnabels der Pico-Passeres (Für-
b r in g e r ) sein.
Daß die Schnäbel der Ameisenspechte und des Wendehalses, auch des Schwarz-
spechteSj gerade so gebaut sind, daß die verlängerungsbedürftigen Hörner in den Oberschnabel
einzudringen vermögen, müssen wir als einen Zufall betrachten; denn wenn auch
das Bedürfnis zur Verlängerung der Zunge und der Bau des Schnabels auf die Lebensweise
zurückzuführen ist, so werden sich vielleicht gerade deswegen Fälle denken lassen, bei denen
1 Ve rg l. S w e n a n d e r , G u s t . , Ü b e r d ie Ir is d e s S c hw a rz sp e c h ts u. d e s G rü n sp e c h ts . Zool. Anz. Bd. X X I. 1898,
P- 3 3 3 -3 3 4 .
in T ex tfig . 1. N a t. G r.
F ig . 6. Iynx torquilla. A b g e b a lg te r K o p f
v o n links. c. t. m u s c . c le id o - th y re o i-
d e u s . g.h. musc . g en io -h y o id eu s (Z u n g en b
e in h ö rn e r) gl. g lan d . sublingua lis. t. musc .
tra c h e a lis . Nat. G r.