ridae gibt uns somit dieser Skeletteil keinen Aufschluß. Dagegen zeigt er — ebenso wie der oben
besprochene Schädel — eine Reihe Konvergenzen mit demjenigen von N o to r y c t e s , an
welche sich ein besonderes Interesse knüpft. In manchen Stücken (Verwachsung der
Halswirbel, eigenartige Ausbildung der Kreuz- und Schwanzwirbel) hat sich Notoryctes in
höherem Grade und in etwas anderer Richtung als Chrysochloris differenziert. Von den
Merkmalen, welche sowohl Chrysochloris als Notoryctes auszeichnen, sind bei der Beurteilung
des Konvergenzgrades diejenigen auszuschließen, welche auch anderen Tieren mit ähnlicher
Lebensweise zukommen, wie die Form der Scapula, die Ausbildung des Humerus mit einem
stark ausgezogenen Condylus internus, das lange, hakenförmige Olecranon, die kräftige
Ausbildung der i. Rippe u. s. w. Dagegen tritt im Bau der Hand bei Chrysochloris und
Notoryctes eine Form der Anpassung auf, wie man sie bei keinem anderen Säugetiere
wiederfindet.1 Bei beiden ist die schaufelförmige Grabehand (Textfig. LXXVIII) dadurch zu
mec4
T ex tfig . LX X V III. L in ke Hand von C h r y s o c h l o r i s a u r e a a L a te ra l-, b Medialfläche und von N o t o r y c t e s
t y p h i o p s c Lateral-, d Medialfläche. 1 — 4 1 . - 4 . F in g e r ; raec 2—5 2 . - 5 . Metacarpus; mt Multangulum majus;
rc Radialer Carpa lknochen; uc Ulnarer Carpalknochen. */, nat. Gr. c— d nach Carlsson (02).
Stande gekommen, daß die Palmarfläche zusammengezogen ist, die ulnaren Finger gegen
die radialen gelegt sind, und die äußeren, resp. der äußere, Finger ausgebildet und mit
starken, zusammengedrückten Krallen versehen sind, während die inneren Finger reduziert
sind; ferner ist die Anzahl der Carpalia und Phalangen (durch Verschmelzung) vermindert.
Eine Vergleichung der Art und Weise aber, wie diese im allgemeinen Habitus so überaus
ähnliche schaufelförmige Grabhand zu Stande gekommen, ergibt auf das unzweideutigste,
daß die fraglichen Umbildungen sich nicht an homologen Elementen vollzogen haben, daß
somit kein unmittelbarer genetischer Zusammenhang dieser Bildungen, sondern eben nur
eine Konvergenzerscheinung vorliegt. So sind bei Chrysochloris die Knochen der proximalen
Carpalreihe vollzählig erhalten und in der distalen finden sich Capitatum und Hamatum,
während bei Notoryctes im ganzen nur 3— 4 freie Carpalia erhalten sind; bei Chrysochloris
ist der 3., bei Notoryctes der 4. Finger der am stärksten entwickelte; die Anzahl der
Phalangen an den verschiedenen Fingern ist bei beiden verschieden u. s. w.2 A lso : derinec3
1 Der grabende Nager S i p h n e u s nähert sich ihnen noch am meisten. .
2 F ü r Einzelheiten v erweise ich au f die Textfiguren LXX V III a—d sowie au f A. Carlsson’s Arbeit (04).
selbe physiologische Effekt wird bei Chrysochloris und Notoryctes durch verschiedenartige
Mittel erreicht.
Von besonderer Bedeutung ist eine Konvergenzerscheinung, welche uns am U n te r arm
entgegentritt. Bekanntlich unterscheidet sich der Unterarm der Chrysochloridae von
dem a l le r anderen Tetrapoden durch das Vorkommen eines d r it te n K n o ch e n s . Von
G. Cuvier als Os pisiforme gedeutet, hat schon Peters (52) diesen Knochen als einen
„Sehnenknochen, welcher dem Flexor digitorum profundus angehört“, erkannt. Genauere
Mitteilungen über die Beziehungen des fraglichen Knochens zur Muskulatur haben später
Dobson (82) und Parsons (01) gegeben. Da der intime Zusammenhang zwischen diesem
Knochen und dem M u s c u lu s f le x o r d ig ito rum p r o fu n d u s 1 augenfällig sind/müssen
wir, um die morphologische Bedeutung des
Knochens feststellen zu können, von diesen
Beziehungen ausgehen. Ich stütze mich hierbei
zunächst auf Untersuchungen an Chrysochloris
trevelyani. Der genannte Muskel
hat einen doppelten Ursprung: der eine Kopf
entspringt vom Condylus internus humeri, .der
andere vom Olecranon und vom lateralen
Ulnarande (Textfig. LXXIX). In der oberflächlichen
Partie des Muskels entsteht nun der
fragliche Knochen; er ist eine Differenzierung
der Sehne, welche in der von dem Humerus
entspringenden Abteilung gelegen ist, aufzufassen.
Durch die vom Olecranon kommenden
Muskelfasern wird ein stärkerer (Chr.
aurea) oder schwächerer (hottentota, trevelyani)
Fortsatz an dem proximalen Teile
des Vorrandes hervorgerufen. Der Knochen
reicht distalwärts bis zum Carpus, wo er mit
einer überknorpelten Fläche sich der Plantarfläche
T ex tfig. LX X IX . C h r y s o c h l o r i s t r e v e l y a n i :
Musculus flexor digitorum profundus mit dem
Sehnenknochen (c ) ; a und b die beiden Köpfe des
Muskels. 7o nat. Gr.
des Lunatum und Pisiforme anpaßt und auf derselben bei Streckung und Beugung
gleitet. Das distale Ende des Knochens setzt sich in drei starken Sehnen zum 2., 3. und
4. Finger2 fort (Textfig. LXXIX). Besonders; zu bemerken ist, daß nicht nur die vom
Olecranon und der Ulna entspringenden Muskelfasern sich an diesem Knochen inserieren,
sondern auch demselben fremde Muskeln: Flexor carpi radialis und der als Dorso-epitroch-
learis beschriebene Teil des Latissimus dorsi an ihm Ansatz gefunden haben. Er ist somit
zu einem wirklichen Skelettknochen geworden.8 Wie aus der Untersuchung eines jungen
Tieres hervorgeht, wird er k n o r p e l i g angelegt. Das proximale Ende tritt zuletzt auf.
Ein allgemeineres Interesse kann dieser Knochen meiner Meinung nach deshalb bean-
1 Ein F le x o r digitorum sublimis dürfte bei Chrysochloris fehlen; der als solcher von Dobson (82) beschriebene
ist, nach d er A r t seiner Insertion zu urteilen, wohl Palmaris longus.
* In der Bezeichnung d er Finger bin ich Dobson (82) gefolgt.
* Über Einzelheiten in Bezug auf Insertion etc. des Muse. fl. dig. profundus bei Chrysochloris gehen die Angaben
auseinander; eine Revision dieser Punkte liegt außerhalb der Aufgabe der vorliegenden Arbeit.