logie des Apparats möglichst vollständig kennen zu lernen, sondern auch um innerhalb einer
Familie die Beziehungen zwischen Physiologie und Morphologie festzustellen, die wir eben
für die fernerstehenden Gruppen Specht, Kolibri und Tenuirostres angedeutet haben. Wir
werden auch in diesen engeren Grenzen finden, daß verschiedene Lebensweise morphologisch
nahestehende Arten in ihrer äußeren Erscheinung voneinander trennt, gleichartige Lebensumstände
dagegen sich femerstehende ähnlich werden lassen.
Es ist natürlich, daß die Zunge der Spechte schon oft in den verschiedensten Richtungen
untersucht worden ist und wir finden auch in allen Zeiten Arbeiten über ihren Bau
und ihre Gebrauchsweise; trotzdem glaube ich, daß eine ausführliche anatomische Beschreibung,
die diesen merkwürdigen organischen Apparat erklärt, nicht wertlos ist, zumal da die
letzte Spezialarbeit über die Spechtzunge von V. A. H u b e r schon 1821 erschien, sich nur
auf den Grünspecht bezieht, und dazu noch recht knapp gefaßt ist. Daß aber in den folgenden
Ausführungen Bekanntes wiederholt werden mußte und nicht überall früher Festgestelltes
von neuen Befunden streng geschieden werden konnte, leuchtet ein.
Einen Überblick über die historische Entwicklung der Untersuchungen über die
Spechtzunge werde ich an den Schluß dieser Arbeit stellen.
Wegen der Schwierigkeit, die exotischen Arten zu erhalten, beschränkte ich mich von
vornherein auf die europäischen Piciden. Daß dadurch die Kenntnis des Zungenapparats
dieser Familie nur sehr unvollständig bleiben mußte, war ich mir bewußt. Immerhin stellen
die europäischen Spechte Vertreter zu den wichtigsten Gruppen und nur die der Picumnen,
deren Zungenbau, wie es scheint, noch ganz unbekannt ist, aber manchen Aufschluß über
die Stellung dieser Unterfamilie geben würde, fehlt.
Meine Untersuchungen bezogen sich also auf Dendrocopus major, minor, medius,
leuconotus (aus Siebenbürgen) mit der Varietät lilfordi, die ich aus Bosnien und aus der Herzegowina
erhielt; Dryocopus martius; Apternus tridactylus (aus Norwegen, der Schweiz und
Ungarn); Gecinus canus und viridis; Iyn x torquilla.
Schon die Beschaffung dieser Arten, besonders der in Deutschland nicht einheimischen,
war nicht leicht, doch erhielt ich im Lauf einiger Monate auch die selteneren. Für
die bereitwillige Hilfe, die mir dabei von mancher Seite zuteil wurde, danke ich auch an
dieser Stelle aufrichtig.
Die technische Arbeit bestand naturgemäß hauptsächlich im Präparieren mit Messer
und Schere. Wegen der Kleinheit des Objekts geschah dies meistens unter dem B rau s -
D rünersehen binokularen Präpariermikroskop von Z-eiß, bei iofacher Vergr. Das Präparat
lag dabei unter schwachem Alkohol, worin es in irgend einem Stadium der Präparation beliebig
lang unberührt aufbewahrt werden konnte. In jedem wichtigen Stadium wurde mit
Hilfe des Zirkels eine genaue Zeichnung in einer geeigneten Vergrößerung angefertigt, und
erst weiter präpariert, wenn diese fertig ausgeführt war; so entstanden Serien von Zeichnungen,
die für jedes Objekt ein möglichst zuverlässiges Protokoll über den Gang und die
Befunde der Präparation bilden. Da diese aber zu sehr verschiedenen Zeiten angefertigt
wurden, so konnte dabei kein einheitlicher Plan für die Veröffentlichung zu Grund gelegt
werden, und ich bin daher jetzt gezwungen, manchmal mehrere Zeichnungen wiederzugeben,
die bei einer geeigneten Anfertigung des Präparats in eine hätten vereinigt werden können;
ich vermied es aber, mit Ausnahme von Fig. 25, wo es sich, wie mir scheint, einwandsfrei
machen ließ, Zeichnungen nachträglich zu kombinieren, ohne daß eine Kontrolle am Objekt
möglich war.
Im Laufe der Zeit erwies sich für die Präparation im allgemeinen der folgende Gang
als zweckmäßig:
Der Vogel wurde abgebalgt und dabei auf Verbindungen der Zungenmuskulatur mit
der Körperhaut geachtet. Hierbei mußte der musc. cleido-thyreoideus an seiner Insertion
an der Halshaut durchschnitten werden. Darauf wurden Bauchhöhle und Brusthöhle durch
einen seitlich an der Carina entlang geführten Schnitt geöffnet und die beiden Körperwände
sorgfältig auf die Seite gezogen, um den thorakalen Teil der Zungenmuskulatur, hauptsächlich
also die Syrinxmuskulatur, sichtbar zu machen. Dieses Präparat eignet sich bei allen
Vögeln zur Demonstration der Syrinx- und Zungenmuskulatur in toto, weil sie dabei von
den Insertionen im Innern des Thorax bis zu jenen am Unterkiefer zu übersehen ist. Da
in halber Höhe des Halses der musc. cleido-thyreoideus schon durchtrennt war, und der an
der Trachea entlang laufende Teil der Zungenmuskulatur dort nichts Besonderes zeigt, so
konnte nun an dieser Stelle Trachea, Oesophagus und Wirbelsäule durchschnitten und so
der Kopf zur Präparation der Zungenmuskulatur im engern Sinn abgetrennt werden. Ihr
unterer Teil in der Syrinxgegend wurde später für sich behandelt. Nachdem der Verlauf
der Hörner und die Muskelinsertionen am Schädel festgestellt waren, wurden die Hörner
freigelegt, der Unterkiefer exartikuliert, und der Oesophagus dicht hinter der Larynx durchschnitten;
dadurch wurde der Unterkiefer mit der Trachea und der gesamten Zungenmuskulatur
frei. Die weitere Präparation geschah nun von der Ventralseite her. Die Schleimdrüsen
wurden zur Seite gelegt und dann nach und nach in die Tiefe gegangen, dabei die
Muskulatur vom Unterkiefer abpräpariert und dieser entfernt. Sodann wurde die Muskulatur
an der Trachea untersucht und zwar im wesentlichen von der Dorsalseite her, und endlich
das Innere des Zungenschlauchs durch einen Längsschnitt freigelegt, der ventral geführt
wurde, um die dorsal verlaufenden Nervenstränge mit den sie begleitenden Blutgefäßen zu
schonen.
Da man bei dieser Art der Präparation die im Zungenschlauch liegenden Teile nur
im ausgebreiteten Zustand zu sehen bekam, wurden außerdem Querschnittserien angefertigt.
Zu diesem Zweck wurde an einem frischen Exemplar die Zunge mit Larynx herauspräpariert;
vor dem Kehlkopf darf man sie nicht abschneiden, da sonst die im Zungenschlauch liegenden
basalen Teile der Hörner diesen durch ihre Elastizität nach den Seiten auseinanderzerren.
Die Zunge wurde dann in Z en kerscher Flüssigkeit fixiert, durch Salpetersäure in
Alkohol entkalkt, mit Boraxkarmin oder einer Hämate'inlösung gefärbt und in Paraffin eingebettet.
Zungen des Buntspechts wurden vollständig in Serien von 45 p zerlegt, vom Grünspecht
nur einzelne Abschnitte, da hier die Schnitte auf lange Strecken keine wesentlichen
Verschiedenheiten zeigen. Es erwies sich als vorteilhaft, einmal zur Schonung des Mikrotommessers,
dann auch, weil sich die Schnitte auf diese Weise sorgfältiger behandeln ließen,
durch die harte Hornspitze die Schnitte aus freier Hand mit dem Rasiermesser zu machen;
man erhielt dadurch zwar keine vollständigen Serien von gleicher Schnittdicke, aber einzelne