barkeit erreicht, ist wurmartig beweglich geworden und wird im Gegensatz zu der der Buntspechte
wohl ausschließlich als Leimrute verwendet, was. uns für die Wendehälse sehr schön
und richtig G e s sn e r (17) mitteilt:-„Sie strecken ihre Zungen, wie die Fischer ihre Angel-
schnür, herfür, darüber die Ameisen gehen, wo aber jetzt viel darauf sind, ziehen sie die
Zungen an sich, und fressen sie, sagt O p p ia n u s “ (pag. 554). Weil bei dieser Art der Verwendung
der Zunge die hornige Spitze beim Fangen nicht mehr so sehr wie bei den Buntspechten
in Betracht kommt, so ist sie meist relativ kürzer und die Widerhaken sind weniger
zahlreich; beim Wendehals hat sie zwar annähernd dieselbe Länge wie beim Buntspecht,
aber sie ist gänzlich unbewehrt.
Eine Zwischenform zwischen Bunt- und Grünspecht bildet, was die Gestalt der Zunge
betrifft, der Schwarzspecht, und das ist auch aus seiner Lebensweise leicht zu erklären, denn
er ist einerseits der kräftigste Hacker unter unsern Spechten, andrerseits aber geht er vorzugsweise
den tief im Holz lebenden Baumameisen nach. Seine Zunge steht etwa in der
Mitte zwischen denen der übrigen. Die relative Länge der Hornspitze und die Zahl der
Widerhaken dürfte sogar bei ihm noch geringer sein, als beim Grünspecht. Eine besondere
Stelle nimmt auch in dieser Beziehung tridactylus ein. Während nämlich die Zunge der
übrigen Spechte fast den ganzen ■ Innenraum des Schnabels ausfüllt, also mit der Spitze nur
wenige Millimeter hinter der .Schnabelspitze liegt, ist die Zunge des Dreizehenspechtes, wie
schon N aum an n (36) beschreibt, ganz besonders kurz, nämlich nach meiner Messung 18 mm
lang und nach N aum an n nur % Zoll über die Schnabelspitze hinaus ausstreckbar; das
bedeutet aber bei ihrer Kürze immerhin eine ganz beträchtliche Verlängerung.
Die relativen Zungenlängen lassen sich wohl am besten dadurch vergleichen, daß
man das Verhältnis zwischen Schnabellänge und Länge des Zungenbeins einschließlich der
Hörner feststellt; wir finden dabei, daß bei den Buntspechten das Zungenbein etwa 2i/2mal,
beim Schwarzspecht annähernd 3mal, beim Grünspecht 4mal und beim Wendehals .- sogar
mehr als 5mal so lang ist als der Oberschnabel.
Nach diesem kurzen Hinweis auf die äußere Gestalt der Zunge und ihre Verwendung
wollen wir nun untersuchen, in welcher Weise der Apparat gebaut ist, der bei ihrem Gebrauch
tätig-ist. Zunächst wollen wir dabei das Skelett behandeln, dann die äußere Umhüllung
und endlich die Muskulatur und die Nerven der Zunge.
Vergleichen wir das Zungenbein des Spechts;(Hab. III, Fig. 25) mit dem typischen der
Vögel, wie wir es etwa bei Certhia (Tab. V, Fig. 52) vor uns haben, so finden wir zwar
die bekannten Teile wieder: einen zentralen Zungenbeinkörper, dem sich vorn das os entö?
glossum1 und hinten die. beiden in zwei Abschnitte gegliederten Hörner ansetzen; nur
fehlt das sonst bei den Vögeln vorkommende, die hintere Fortsetzung des Zungenbeinkörpers
bildende unpaare Urohyale spurlos. Diese Teile aber sind hier in eigentümlicher, durch
Das Manuskript, welches im Jahr 1904 geschrieben wurde, enthält hier die Bemerkung „das aus den Resten der
Hyoidbögen besteht.“ Nach neueren Untersuchungen von K a l l i u s , Beiträge zur Entwicklung der Zunge. II. Teil. Vögel
(Anas boschas L . und Passer domesticus L). Anatomische Hefte, 85/86 Heft (28. Bd., 1905, p. 309— 586) war ich veranlaßt, den
Passus in der Ko rrektur zu streichen, da durch die zitierte Abhandlung die früheren Ansichten über die Herkunft des os entö-
glossum angefochten werden. Die Bezeichnung „o s entoglossum“ aufzugeben und au f einen ändern Skeletteil zu übertragen,
kann ich mich hierbei nicht entschließen, da diese die genannte F rag e offen läßt, rein morphologisch aber den Teil
des Zungenskeletts der Vö ge l bezeichne t, der in der Regel die freie Zunge s tü tz t Diese Bemerkung möge auch für
spätere diesbezügliche Stellen vorliegender Abhandlung gelten.
den ganz abweichenden Gebrauch der Zunge bedingter Weise umgestaltet. Alle Abschnitte,
mit Ausnahme des os entoglossum, sind nämlich stark verlängert und dabei äußerst dünn
geworden, so daß das ganze Zungenbein aus langen dünnen Stäben von annähernd gleicher
Stärke zusammengesetzt erscheint.
Die Knochenmasse ist elastisch und wird infolge der geringen Dicke äußerst biegsam,
so daß schon in dieser Beziehung das Zungenbein der Spechte etwas Fremdartiges hat;
dazu kommt noch, daß die Bewegung in Gelenken fast ganz aufgegeben ist und die Biegsamkeit
und Elastizität der Knochen zu einer ganz eigenartigen Bewegungsweise benutzt wird.
Schon B lum e n b a c h (5) macht darauf aufmerksam. Er merkt bei der Beschreibung des
Zungenbeins der Spechte pag. 339 an : „Ein schönes Beispiel zum Erweis des großen Anteils,
den schon die bloße Federkraft an der Vollziehung mancher Funktionen der tierischen
Ökonomie hat,“ und denkt dabei insbesondere an die mehrfach gebogenen Zungenbeinhörner
des Grünspechts, die er mit einer Uhrfeder vergleicht. Ob nun die Wirkung dieser
Elastizität, wie wohl B lum e n b a ch und auch noch spätere Autoren annahmen, im Mechanismus
des Zungenapparats eine aktive ist, etwa so, daß durch das Herausziehen der Zunge
die Feder gespannt wird, und infolge der Tendenz, die’ ursprüngliche Kurve wieder anzunehmen,
beim Erschlaffen des vorziehenden Muskels die Zunge automatisch zurückzieht,
möchte ich bei der Schwäche der Feder bezweifeln und auch die dem Vorstrecker äquivalente
Stärke des rückziehenden Muskels spricht schon anatomisch dagegen; jedenfalls aber
erleichtert das Bestreben des Knochens die Krümmung der Ruhelage anzunehmen, das Zurückgleiten
des komplizierten Apparates in diese und ergänzt so die Tätigkeit der Muskulatur.
Wichtiger aber als diese aktive Äußerung der Elastizität ist die passive Biegsamkeit
des Zungenbeins, die eine beliebige Krümmung seiner Abschnitte und dadurch die wurmartigen
Bewegungen der Zunge möglich macht. So -kommt ein merkwürdiges Verhältnis
zwischen Muskel und Knochen zustande, nämlich, daß zwischen Ursprung und Insertion
eines Muskels kein Gelenk zu liegen braucht, und der Muskel nicht die einzelnen Abschnitte
des Skeletts hebelartig gegeneinander bewegt, sondern durch seine Kontraktion eine
gleichmäßige Einkrümmung des ganzen Skelettstabes nach der Seite des Muskels verursacht.
Diese Art der Bewegung erinnert uns an die Chorda dorsalis, die in ähnlicher Weise durch
Kontraktion der Seitenmuskulatur gebogen wird. Wie sehr sich die Knochen des Zungenbeins
biegen lassen, zeigte sich an zwei Grünspechten, deren im Tode weit heraushängende
Zungen durch den Jäger förmlich zusammengeknittert in den Schlund gestoßen waren, und
die bei der Präparation an den geknickten Stellen zwar eine Zerrung des Knochens, aber
keinen Bruch erkennen ließen.
Gehen wir nun zur Betrachtung der einzelnen Abschnitte des Zungenbeins über, so
ist über den Zungenbeinkörper nur wenig zu sagen. Er ist bei allen Arten ein langer,
dünner, gerader Stab, welcher den größten Teil der Zunge stützt und vorn den Gelenkkopf
trägt, an dem das os entoglossum artikuliert, hinten die Gelenkflächen für die beiden
Zungenbeinhörner. Je länger das ganze Zungenbein ist, desto länger ist im allgemeinen
auch der Körper; er ist aber nicht, wie danach zu erwarten wäre, beim Wendehals, sondern
beim Grünspecht am längsten, während bei jenem die Hörner relativ noch länger sind
als bei diesem. Bei der amerikanischen Gattung Sphyrapicus aber, deren Zungenbein überhaupt
nicht länger ist als das vieler Passeres, verhält sich der Zungenbeinkörper zu den