Bei M3 bildet sich die hintere Basalspitze zu einem dem übrigen Zahne ähnelnden,
aber kleineren Stück, als Talonid (nach Osborns Terminologie) aus, an dem jedoch ein der
Innenspitze entsprechender Teil fehlt.
Bei Oryzorictes und im höheren Grade bei Potamogale ist — in Übereinstimmung
mit dem Verhalten der oberen Molaren r— die Krone durch Vergrößerung der hinteren
Basalspitze verlängert.
Am besten stimmen im allgemeinen Habitus die unteren Molaren der Centetidae mit
denjenigen der L e p t i c t id a e (Ictops, Micropternodus, Apternodus1) überein. Doch ist das
Talonid bei Ictops und Micropternodus stärker ausgebildet als bei irgend einem Centetiden.
Bemerkenswert ist, daß bei Ictops wie bei den Centetidae M3 länger als Mi und M| und
P4 molariform ist. Ferner ist bei Ictops wie bei den Centetidae das Cingulum nur an der
Labialfläche des vorderen „Trigonids“ vorhanden, während bei den Erinaceidae dasselbe
auch am Talonid ausgebildet ist.
Bei den Molaren der E r in a c e id a e ist das Talonid noch stärker entwickelt als bei
den Leptictidae. Bei T a lp id a e stimmt — abgesehen vom größeren Talonid — nicht
nur die allgemeine Form der Krone mehr mit denen der Centetidae überein, sondern es
treten auch einige ganz besondere Merkmale bei den beiden genannten Familien auf, wodurch
sie sich sowohl von Leptictidae als Erinaceidae unterscheiden. Bei allen Centetidae
und mehreren Talpidae differenziert sich nämlich am P4 und an den Molaren aus dem Cingulum
eine kleine vordere Spitze. Ferner steht das Talonid bei sowohl Centetidae als Talpidae
im Zusammenhänge mit der inneren Basalspitze.
Es kann nicht beanstandet werden, daß die Molarform der Centetidae eine auffallende
Übereinstimmung mit derjenigen mehrerer Jurasäuger darbietet. Ebensowenig wie
in Bezug auf diese haben wir Veranlassung anzunehmen, daß die Molaren der Centetidae
rückgebildet sind.2 Ob dagegen diese Übereinstimmung auf einem unmittelbaren genetischen
Zusammenhang beruht, muß ich dahingestellt sein lassen.
' Matthew 03.
* Major (97 pag. 533) will nicht die Molaren der fraglichen Jurafossilien zum Vergleiche herbeiziehen, weil er
die Säugetiernatur der Mehrzahl derselben nicht als vollkommen bewiesen ansieht. Diese Skepsis dürfte schwerlich von
anderen Morphologen geteilt werden.
II. Solenodontidae.
Daß das Zahnsystem der Solenodontidae eine größere Übereinstimmung mit demjenigen
der Centetidae als mit dem irgend einer anderen Tiergruppe darbietet, ist nicht zu
leugnen. Diese Übereinstimmung erstreckt sich nicht nur auf die Anzahl der Zähne in jeder
Zahnart, auf die Größenverhältnisse der einzelnen Zähne, auf habituelle Ähnlichkeiten und dergleichen
sondern dem Zahnsystem dieser beiden Familien sind auch Eigentümlichkeiten von
so spezieller Natur gemeinsam, daß sie die Annahme eines genetischen Zusammenhanges
nahe legen.
In dieser Beziehung ist zuerst hervorzuheben, daß, wie aus einer Musterung der P 3—M 1
erhellt, die Bildung der oberen Molaren bei Solenodon in völlig derselben Weise wie bei Centetidae
vor sich geht: die Hauptspitze rückt nach innen, ihre hintere Peripherie bildet sich
zur Kaufläche um, die Außenwand wird von vorderer und hinterer Basalspitze, sowie von
dem Cingulum mit dessen Spitzen gebildet; die vordere Basalspitze liegt vor und außerhalb
des Dreiecks.
Ferner ist ein Plomologon der tiefen Rinne am I2, welche Solenodon von allen anderen
Säugern — außer von S c a lo p s a q u a t ic u s und C h r y so c h lo r is — unterscheidet,
bei M ic r o g a le d o b so n i und P o t am o g a le vorhanden; vergleiche oben pag. 20.
M3 verhält sich in Bezug auf Ausbildung und Lage des Hypoconids ganz wie bei
Oryzorictinae; vergl. oben pag. 24.
Als Eigentümlichkeit imponiert bei Solenodon der Umstand, daß der Hypoconus am
P 4—M 2 zweigeteilt ist. Denkt man sich aber die beiden Teile etwas auseinandergerückt,
erhält man den für dieselben Zähne bei C e n t e t e s charakteristischen Zustand.
Ein wichtiges Moment unterscheidet aber das Zahnsystem bei S. von dem der Centetidae:
d er Z a h n w e c h s e l e r fo lg t b e i S. v e r h ä l t n i sm ä ß i g f r ü h — eine Eigenschaft,
die er einigermaßen mit C e n te te s und (wahrscheinlich) mit P o tam o g a le teilt. Von
a lle n Centetidae aber unterscheidet er sich durch die Rückbildung der Milchzähne. So fehlt
entweder Pd 2 als verkalkter Zahn ganz oder fällt zeitig aus. Daß Pd 4 einfacher als P4 ist,
und daß letzterer besser als Pd4 mit M_i übereinstimmt — ein Befund, der wesentlich von
dem Verhalten bei der überwiegenden Mehrzahl anderer Säuger abweicht — , kann wohl
nur auf Rückbildung des Pd 4 zurückgeführt werden. Im Unterkiefer hat sich dagegen das
ursprüngliche Verhalten bewahrt: Pd4 hat größere Ähnlichkeit als P4 mit M~i. Auch der
Umstand, ,daß bei S., ganz entgegen dem Verhalten bei Centetidae, die Basalspitzen an den
Milchzähnen fehlen oder wenigstens schwächer sind als an den entsprechenden Ersatzzähnen,
muß als eine Rückbildungserscheinung aufgefaßt werden; vergleiche hierüber im vorigen
Kapitel. Ebenso ist der Umstand zu deuten, daß Pd 3 kleiner als P3 ist — entgegen dem
Verhalten bei Oryzorictinae.
Ü b e r e i n s
t im m u n g
m i t
C e n t e t i d a e.
R ü c k b i l d u n g
d e s M i l c h g
e b i s s e s .