Verlauf solch dünner, neben dunkel pigmentierter Matrix liegender Nerven in Schnittserien
aufgesücht hat.
Durch einen glücklichen Zufall erhielt ich dann einen Längsschnitt durch das Endorgan
einer Oedipoda coerulescens, welcher mir zeigte, daß der Nerv keine andere Beziehung
zu dem Organ hat, als daß es sich an dasselbe anlehnt, um sich an der Eintritt-
steile des Tympanalnerven mit diesem zu vereinigen. Er durchbohrt die Hüllmembran des
Organes, verläuft die kurze Strecke bis zum Tympanalnerven in ganz grader Richtung, dem
Organ eng angeschmiegt und teilweise von seinen Sinneszellen umhüllt, so daß er in das
Organ hineingerückt zu sein scheint (Taf. II, Fig. 9 riN), und vereinigt sich dann, noch an
der Basis des Organes, mit dem Tympanalnerven zu einem untrennbaren Nervenstamm.
Die naheliegende Vermutung, daß dieses Nervchen vielleicht die Sinneshaare versorgt,
welche im vorderen Tympanalfelde und dem rinnenförmigen Körperchen stehen, brachte
mich jetzt auf die richtige Fährte, und es gelang mir zu konstatieren, d a ß d e r N e r v , s o b
a ld , er d as T r om m e lfe ll am S t igm e n f e ld e e r r e ic h t h a t , s o fo r t w ie d e r s c h a r f
n a ch dem T r om m e lfe ll zu um b ie g t und an d em s e lb e n n a ch h in ten w e i t e r lä
u f t . Er durchbricht am Trommelfellrande die Deckmembran der Hypodermis und zieht
in grader Richtung zwischen ihr und der . Matrix schräg nach hinten und oben der Rinne
zu. Den vorderen Rand derselben erreicht er in ihrem oberen Drittel, neben dem sogenannten
flügelförmigen Fortsatz des tympanalen Endorgans und fa s e r t s ic h dan n in d er
R in n e auf. Bei diesen Untersuchungen entdeckte ich im rinnenförmigen Körperchen eine
Anzahl poriferer Hautsinnesorgane vom Typus der vielfach beschriebenen Geruchsporen der
Antennen, zu deren Innervation speziell unser Nerv dient. Außerdem gibt er -auch Fasern
an die Sinneshaare ab.
Ich bezeichne den Nerven nach dem Orte seiner Endigung als den R in n en n er ven
und das Organ, welches er im rinnenförmigen Körperchen zu versorgen hat, als das Organ
der Rinne.
Damit glaube ich den Verlauf der Nerven der Tympanälgegend erschöpfend zur Darstellung
gebracht zu haben. Bevor ich mich nun den histologischen Untersuchungen zuwende,
will ich, um der morphologischen Beschreibung einen Abschluß zu geben, die Lage
und Gestalt des tympanalen Nervenendorgans möglichst eingehend zu schildern versuchen.
E. Das tympanale Nervenendorgan. (Müllersches Endorgan.)
a) Lage und Gestalt des Endorgans.
Man braucht nur eine Acridiodee in der Längsrichtung zu halbieren, Darm und
Gonaden fortzunehmen und die äußere Tympanalblase vorsichtig aüfzüschlitzenj so liegt das
Organ vollständig unverletzt und von allen Seiten frei vor uns. So einfach es nun ist; sich
einen -Überblick über das Organ zu verschaffen und so wenig kompliziert das Gebilde in
der Tat ist, so ist .es dennoch recht schwierig, eine richtige Vorstellung von seiner Form
und Befestigungsweise zu gewinnen, weil seine Verbindung mit den spröden Trommelfellkörperchen
die Anfertigung von intakten Schnittserien außerordentlich erschwert, und es ist
zu. bewundern, daß G r ä b e r , welcher das Organ nur in toto studiert-zu haben: scheint, es
verstanden hat, uns von seiner Gestalt ein fast vollständig richtiges Bild zu geben. Die
Ermittlungen der übrigen Forscher haben für uns nur hoch historisches Interesse.
Der Entdecker unseres Organes, Joh. M ü lle r (1826, p. 438), dem zu Ehren G r ä b e r
dasselbe' als M ü l le r s c h e s E n d o r g a n bezeichnet hat, hielt es für ein „sehr feinhäutiges
mit Wasser gefülltes Bläschen, welches länglich ist und mit seiner einen Extrimität die
Membran (das Trommelfell) bedeckt und mit seiner anderen nach abwärts gerichtet ist.“
S ie b o ld (1844, p. 62) beschreibt' einen „schneeweißen Strang, welcher in der Nähe
des zungenförmigen Fortsatzes (d. i. das rinnenförmige Körperchen)^einen Wulst bildet, von
welchem nach oben zwei weißgefärbte Fortsätze ausgehen, deren kürzerer und stärkerer sich
an das obere Ende dies zweischenkligen Hornstückes inseriert, während der andere längere
aber dünnere in einem sanften- Bogen bis zu dem kleinen dreieckigen Hornstücke (bimförmiges
Körperchen) hinläuft.“ Er kommt dann zu der Ansicht, daß „dieser ganze Strang
nichts anderes als: ein äußerst zarthäutiges, mit einer hellen Flüssigkeit gefülltes Bläschen
ist, welches'mit dem dreieckigen und dem zweischenkligen Hornstücke so fest verbunden
ist, daß es sich ohne Verletzung nicht isolieren läßt.“ Unter diesem merkwürdigen Wasserbläschen
will Siebold dann eine Nervenmasse von folgender Form entdeckt haben: „Der
Nervenast, welcher von der Brust her- auf steigt, schwillt, während er unter dem Wasserbläschen
fortläuft, nach und nach an und tritt in der Nähe des zungenförmigen Fortsatzes
plötzlich in ein cylinderförmiges und verhältnismäßig großes Ganglion über. Dieses Ganglion
endet vorne, dem Eintritt des Nerven gegenüber, stumpf abgerundet und liegt mit diesem
Teile, in der Aushöhlung des zungenförmigen Horrifortsatzes verborgen.
Nach L e y d ig (1855, p. 401) „schwillt der Aeusticus, nachdem er sich dem Knopf des
spangenartigen Vorsprunges an der Innenfläche des Trommelfells (zapfenförmiges Körperchen)
genähert hat, in ein ovales, zu: beiden Seiten etwas eingebogenes, also beiläufig biskuitförmiges
Ganglion an.“ Bemerkens werter weise hat L e y d ig schon erkannt (p. 404), daß das
Müllersche und Sieboldsche Wasserbläschen nichts anderes als die Wand der Tracheenblase
ist, die dem Organ aufliegt.
H en s en (18:66, p. 203) bezeichnet die Form des Ganglions nicht näher. Er macht
nur die nicht unwichtige Bemerkung, daß das Ganglion, entsprechend der von ihm zuerst
richtig beschriebenen Gestalt des zapfenförmigen Körperchens; an der diesem Höcker zugewendeten
Fläche ausgehöhlt ist. Ferner sagt er: „Ich glaube, daß das Ganglion beim
erwachsenen Tiere nicht mehr den Wulst berührt, so daß an dieser Stelle Flüssigkeit entsprechend
dem Labyrinthwasser sich findet.“ Wenn diese letztere Bemerkung nun auch
nicht ganz zutreffend ist, so zeugt sie doch* wie wir später sehen werden, von einer ganz
richtigen Beobachtung.
Was nun die Ausführungen G r ä b e r s betrifft, so faßt er (p. 102) die Form des Endorgans
als keulenartig auf und unterscheidet an ihm zwei- ziemlich scharf abgegrenzte Abschnitte,
von denen der hintere, meist pigmentierte, als Gäriglienkörper, der farblose vordere
als Endabschnitt bezeichnet wird. An der Grenze von Ganglienkörper und Endzone befindet
sich eine Einschnürung, die G r ä b e r den Hals nennt. „An der Eridzöne lassen sich
zwei Teile erkennen, -von denen der eine, glockenförmige, den Trommelfellzapferi umschließt,
der andere, flügelartig gestaltete, ungefähr dreieckige Abschnitt eine ziemlich dünne Platte
bildet, i - deren Vörderrand Sich an- der. hinteren - Leiste der rinnenförmigen Tympanal