in larvenhaltigen Zweigen wird vorwiegend auf die gesteigerten Ansprüche, die der Embryo an die
Ernährung stellt, zurückzuführen sein. Am auffälligsten ist mir diese Wirkung der Trächtigkeit
bei Plumatella fungosa entgegengetreten, wo sie geradezu die Auflösung der ganzen Kolonie herbeiführen
kann (Braem, ’97, S. 62 f.); ''
Haben wir es hier mit einer allgemein verbreiteten Erscheinung zu thun, so ist ein anderes
Vorkommnis zwar nicht ausschließlich, aber doch hauptsächlich bei Fredericella zu finden. Es ist
der Z e r f a l l des äußerlich durch die Cuticula verbundenen Stockes in viele innerlich getrennte
Abschnitte oder Theilkolonien. Schon durch die Septen, welche als ring- oder thorförmige Einschnürungen
die jüngeren Zweige von den älteren trennen (Taf. VI, Fig. 52, s ; Taf. V, Fig. 39, S),
ist eine innere Gliederung des Stockes angebahnt. Indem die Einschnürung an diesen Stellen bis
zur völligen Abschnürüng der weichen Leibeswand durchgeführt wird, tritt ein Zerfall des Stockes
in zwei gänzlich isolirte, nur durch die Chitinröhre zusammengehaltene Theile ein. Aber auch außerhalb
der Septen, an allen möglichen anderen Stellen, können solche Abschnürungen erfolgen. So
haben sich die in Fig. 54 und 55 abgebildeten Zweige an ihrer Basis von der mütterlichen Kolonie
getrennt* und in Fig. 54 ist sogar das zerfallende Polypid B 1 von der Abschnürung bei x mitbetroffen
worden, der Magen desselben (ma B 1) liegt in dem zum Cystid A gehörigen Leibesraum. Diese Figur
kann uns nun auch über den wahrscheinlichen Zweck der Abschnürungen als Fingerzeig dienen.
Wir sehen die Polypide A und B 1 in Auflösung begriffen und in ringsum abgeschlossenen Bäumen
gelegen. Das hat zur Folge, daß die durch den Zerfall gewonnenen Nährstoffe nicht mehr der
Allgemeinheit, sondern allein den in unmittelbarer Nähe befindlichen Tochterknospen zu Gute
kommen. Diese, die Knospen B 2 und C b\ entwickeln sich ganz auf Kosten ihrer Mutterpolypide
und treten in deren schon ausgebauten Cystiden als Ersatzpolypide auf. Durch die Abgrenzung der
Territorien ist eine höchst ökonomische Verwerthung der eingeschmolzenen Gewebe gewährleistet,
und der sichere Erfolg für einzelne beschränkte Punkte des Stockes ist dem unsicheren vorgezogen,
den die Abgabe jener Nährstoffe an die Gesamtkolonie gehabt hätte.
An den Stellen, wo die Abschnürung der Cystide stattfand, kommt es mitunter zu einer
A d v e n t i v k n o s p e n b i l d u n g , und zwar, wie es scheint, nur dann, wenn eine Verletzung
der verbindenden Chitinröhre voraufgegangen ist. Diese Knospenbildung ist durchaus derjenigen
an die Seite zu stellen, die wir bei den aus Larven und Statoblasten erwachsenen Stöcken kennen
gelernt haben, und wie sie dort, im Falle der in alten Cystidröhren gekeimten Statoblasten, in
Abhängigkeit von dem freien Zutritt des umgebenden Wassers sich zu vollziehen schien, so auch
hier. In Fig. 55 ist ein Zweigende dargestellt, dessen ältere Polypide theils geschwunden, theils in
Rückbildung begriffen sind. Verschiedene Abschnürungen haben stattgefunden, insbesondere ist
der ganze Zweig an seinem unteren Ende von dem Mutterzweig abgeschnürt worden. Das Chitinrohr
(icu) zeigt hier eine breite Öffnung. Ihr zunächst ist im Centrum der Abschnürungskuppe eine schon
weit entwickelte Knospe, die Adventivknospe (K), aufgetreten, die den Zweig in der Richtung auf den
Mutterzweig und zugleich auf die Öffnung des Rohres weiterführt. Es ist wohl nicht nebensächlich,
daß die Abschnürung immer nur durch eine Wucherung und Neubildung von Zellen bewirkt werden
kann, die gerade im Centrum der Kuppe, wo die Loslösung von der Nachbarwand und die Verwachsung
der Communicationsöffnung stattfindet, am allerlebhaftesten sein muß: Es entsteht hier eine, wenn
auch geringfügige Wunde, welche zuheilt. Schon in der Verdickung der Schichten spricht eine erhöhte
Thätigkeit ihrer Zellen sich aus, dieselben haben ein frischeres, jugendlicheres Aussehen als die
Gewebe der nächsten Umgebung. Und so wird es verständlich, wie gerade hier, wo junge Zellen
an der Reparatur der Leibeswand arbeiten, auch noch in älteren Kolonien das Material sich zusammenfindet,
aus dem unter günstigen Umständen eine neue Knospenanlage hervorgehen kann.
Ohne Frage läßt sich die Bildung dieser Adventivknospe als eine R e g e n e r a t i ons-
e r s c h e i n u n g auffassen. Wunden sind ja ganz allgemein der Schauplatz regenerativer Bildungen,
die nicht immer nur den Ersatz des wirklich Verlorenen zur Folge haben. Hier aber kann man auch
sagen, der Zweig arbeite an der Wiedererzeugung der durch die Abschnürung verloren gegangenen
Stammkolonie, ihrer Knospen und Polypide.
Eine Regeneration anderer Art kommt bei Fredericella zuweilen an abgestorbenen Knospen
vor, wofür Fig. 56 ein Beispiel bietet. Der hier abgebildete Zweig hat seine kleine Geschichte. Die
Knospenformel ist A B 1 B C. B ist die erste, B 1 die zweite Tochterknospe aus A, C die Tochterknospe
aus B. B 1 ist ein wenig jünger als C. Das Hauptpolypid A ist fast gänzlich geschwunden, nur einige
Überbleibsel bezeichnen die Stelle seiner Mündung. Auch die Knospen B 1 und C sind der Rückbildung
verfallen, und nur das Polypid B hat sich als einziger Erbe in dem Ruin behauptet. Es ist
vollständig ausgebildet. Nun traten, offenbar erst vor Kurzem, günstigere Verhältnisse für den
Zweig ein: das Polypid B fand ausreichende Nahrung für sich und die Knospen. Von diesen war
B 1 nicht mehr zu retten. Aber die Knospe C hatte an ihrem Ursprungspunkte noch entwickelungs-
fähiges Zellmaterial übrig, und dieses ermöglichte eine Regeneration, die uns in Fig. 56 a sehr klar
vor Augen tritt. Der größte Theil des Knospenzapfens wird von dem degenerirten Gewebe der ersten
Anlage gebildet. Die Zellen des äußeren (mesodermalen) Blattes haben noch ziemlich normale Kerne,
ihr Plasma dagegen ist stark vacuolisirt. Im inneren Blatte haben sich einige wandständige Zellen
um eine Zerfallsmasse gruppirt, die aus einer lockeren, hellen Grundsubstanz mit eingelagerten
Kernen besteht. Die Kerne sind auffallend stark gefärbt und fast homogen, der Nucleolus ist ganz
oder theilweise aufgelöst und meist nur undeutlich zu erkennen.
Als die Knospe der Entartung verfiel, begann sie sich an ihrer Basis von der Leibeswand
abzuschnüren, wie das bei der Knospe B l (in Fig. 56), die nur noch mit einem dünnen mesodermalen
Stiel an der Wand festsitzt, wirklich geschehen ist. Bei der Knospe C wurde die Abschnürung nur
für das innere Blatt durchgeführt, das wir nun ganz isolirt inmitten des äußeren hegen sehen. Dieses
letztere hatte, als an der Knospenbasis die regenerativen Vorgänge einsetzten, dort noch nicht viel
an Terrain verloren, immerhin aber so viel, daß eine leichte Ringfurche (rf) die Stelle auch jetzt
kenntlich macht. Inzwischen haben die unversehrten Zellen der Knospenbasis die Anlage einer
neuen Knospe gebildet, die ganz das Aussehen einer normalen hat, nur daß sie an ihrem Ende noch
die ursprüngliche Knospe trägt. Die Ringfurche bezeichnet die Grenze zwischen der alten und
neuen Bildung. Ob die ältere schließlich doch abgeschnürt oder von der jüngeren aufgebraucht wird,
kann ich durch weitere Beobachtungen an Fredericella nicht entscheiden. Ich vermuthe das
Zweite. Ähnliche Vorgänge sind bei Paludicella sehr häufig. Unter den Phylactolämen habe ich
sie allein bei Fredericella constatiren können, aber auch hier nur selten.
Querstreifung der Muskeln. Bei einem erwachsenen Polypid, das nach Begießen mit heißem
Sublimat ausgestreckt geblieben war, habe ich an den Retractorfasern eine sehr deutliche Querstreifung
erkennen können, wie sie bereits von Allman (’56* S. 30) beobachtet worden ist. In Fig. 37,
Taf. IV, sind einige solche Fasern bei starker Vergrößerung abgebildet. Man sieht parallel
laufende Fasern und auch Verzweigungen. Die dunkeln und hellen Scheiben sind ganz scharf von
einander abgesetzt. Zwischenscheiben konnte ich nicht erkennen.