E. Schlussbetrachtungen.
Aus den vorstehenden Ausführungen scheint hervorzugehen, daß es in Nordafrika viel mehr
verschiedene Arten von Schakalen gibt, als man bisher angenommen hat. Aber zur Erkennung
dieser Arten scheint der Balg untauglich zu sein, da er überhaupt bei den Caniden große Abänderungen
bei den Individuen sowohl als auch in den Jahreszeiten und Altersstufen zeigt. Auch die Schädel
varieren innerhalb der einzelnen Arten, doch sind dièse Variationen nicht so groß, daß man nicht
mit Sicherheit ihre Zugehörigkeit zu der betreffenden Art feststellen könnte. Einige unsichere
Schädel mögen entweder neuen Arten oder Kreuzungen angehören oder Abnormitäten sein.
Trotzdem die verschiedenen Schakalarten von einander große Abweichungen zeigen, so lassen
sie doch eine engere verwandtschaftliche Zusammengehörigkeit erkennen, die es wohl gerechtfertigt
erscheinen läßt, sie enger als ,,Thos“ zusammenzufassen. Andrerseits sind sie von den anderen verwandten
Caniden nicht so scharf und deutlich geschieden, daß dies die Aufstellung einer eigenen
Gattung erlauben würde. Vielmehr scheinen alle Caniden mit 42 Zähnen eine einheitliche Reihe
zu bilden, worin man nur Untergattungen trennen kann.
Die Untergattung Thos Oken nun ist nur auf das nördliche Afrika etwa bis zum 5° und auf das
südliche Asien und süd-östliche Europa beschränkt. Nördlich und südlich davon wird sie durch
andere, mit Stirnhöhlen versehene Vertreter der Gattung Canis ersetzt, die aber noch vielfach weit
in ihr Gebiet hineinreichen.
Daß einzelne Vertreter der Untergattung Thos gezähmt und zu Haushunden geworden sind,
scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen. Für den C. lupaster glaube ich dies bewiesen, für die
beiden anderen ägyptischen Schakale wahrscheinlich gemacht zu haben, auch für den C. studeri
liegt diese Möglichkeit vor.
Wann diese Zähmung stattgefunden hat, ist schwer zu sagen, aber das Nebeneinander-Vorkommen
des C. lupaster neben seinem zahmen Nachkommen in ägyptischen Gräbern scheint mir
darauf hinzudeuten, daß die alten Ägypter diesen Erwerb gemacht haben.
Die meisten der von den alten Ägyptern gehaltenen Hunderassen scheinen auch noch im
heutigen Afrika Nachkommen zu besitzen, ob sie aber auch außerhalb Afrikas verbreitet sind, kann
ich vorläufig nicht entscheiden. Auf jeden Fall scheinen sie, mit Ausnahme vielleicht der Jagdhunde
in Europa und Asien nördlich der großen Kettengebirge keine Vertreter zu haben. Dagegen sind in
offenbar neuerer Zeit nach Afrika Hunderassen nördlichen Ursprungs, und zwar speziell der palustris-,
der Windhund- und der Doggen-Gruppe gekommen. Auch französische Schäferhunde scheinen
nach Algier eingeführt zu sein. (Chien de Douane?)
Ob die alten Ägypter fremde Hunde importiert haben, ist nach dem mir vorliegenden Material
nicht zu entscheiden, dieses zwingt aber keineswegs zu der Annahme; denn der Pariah kann ein
ungewollter Begleiter einer sich ausbreitenden Kultur gewesen sein. Um diese Frage zu entscheiden,
wäre eine viel genauere Kenntnis der ägyptischen Hunde nötig, als wir sie mit unserem immerhin
beschränkten Material gewinnen konnten. Dazu wäre aber auch ferner eine genaue Erforschung
der bisher wenig bekannten Wildhunde des südlichen Asiens, besonders Arabiens und Syriens nötig.
Als Wirkung der Domestikation auf den Canidenschädel haben wir hauptsächlich Reduzierung
des Gebisses, und besonders der Molaren, Verkümmerung der Ohrblasen, Erhöhung der Stirn und
damit verbundene Knickung des Gesichtsprofiles kennen gelernt. Das letztere Moment kann allerdings
bei weiter fortschreitender Domestikation wieder zum Schwinden gebracht werden.