ZWEITE GRUPPE.
5. M u s c u li c le id o - th y r e o id e i (omo-thyreoidei Huber). Sie entspringen etwa in
der Mitte der clavicula, richten sich von da kopfwärts, wobei sie sich unterwegs an einer
Stelle dicht mit der Halshaut verbinden, dann aber wieder frei auf den Kehlkopf zulaufen.
Ihre Insertionen am Schildknorpel findet man in den Fig. 7 und 8 (Tab. I). Man sieht dabei,
daß sich bei major der Muskel in einen dorsalen, lateralen und ventralen Kopf spaltet.
Der dorsale Kopf (c, d.) inseriert am Hinterrande der Larynx dorsal von dem an der
Trachea inserierenden Bündel des muse) genio - thyreoideus (Fig. 8). Die beiden ändern
Köpfe laufen ventral um den muse, genio - thyreoideus herum und dann inseriert der
laterale Kopf am Seitenrand des Schildknorpels, der ventrale medial auf dessen Fläche, wobei
die Fasern der Muskeln beider Seiten zusammenstoßen (Fig. 7 c. 1. und c. v.). Die
Bedeutung der muse^ cleido-thyreoidei, die den von G ad ow (13 pag. 68) beschriebenen
musc. tracheo-sternales homolog sind, ist nach ihrem Verlauf klar: sie sind Rückzieher der
Larynx und somit des gesamten Zungenapparats, also die Antagonisten der musc. genio-
thyreoidei.
6. Bei den Spechten wirken den Vorziehern der Zunge die m u s c u l i t r a c h e o -
h y o id e i (tracheo-glossi H u b er ) entgegen. Sie haben sich, wie ihr Partner genio-hyoideus
mächtig in die Länge entwickelt und die Art, wie die verlängerten Muskeln in dem gegebenen
Raum untergebracht sind, bietet mancherlei Interessantes. Bei allen Picidae inserieren
sie ganz vorn an der Dorsalseite des langgestreckten Zungenbeinkörpers (Tab. II,
Fig. 14; Tab. III, Fig. 25; Tab. VI, Fig. 57) und laufen “von da innerhalb des Zungenschlauches
zwischen dessen Innenfläche und der eigenen Muskulatur des Zungenbeins rückwärts.
Sie legen sich lateral um das Zungenbein, wie am besten Querschnitte durch den
mittlern Teil der Zunge zeigen (Tab. VI, Fig. 54 und 56), und treten dann unter dem
Schildknorpel dorsal von den Hörnern aus dem Zungenschlauch aus. Der Querschnitt
Fig. 55 zeigt ihre Lage im basalen Teil des Zungenschlauchs, ihren Austritt sehen wir in
Fig. 6 und .7 (Tab. I). Durch die ganze Länge des Zungenschlauches ist ihre dorsale Kante
durch zähes Bindegewebe mit dessen Innenfläche verbunden, während, wie schon gesagt,
alle übrigen Zwischenräume eine sulzige Masse ausfüllt. Durch diese Verbindung wird wohl
bewirkt, daß beim Zurückziehen der Zunge der ausgestreckte Schlauch wieder in seine regelmäßigen
und zahlreichen Querfalten gelegt wird.
Nach ihrem Austritt aus dem Zungenschlauch laufen die musc. tracheo-hyoidei ventral
unter dem Schildknorpel nach rückwärts und wenden sich dann dicht hinter der Larynx
auf die Dorsalseite der Trachea, ihrem Ursprung zu, der bei den primitivsten Arten, so auch
bei major, wenige Trachealringe hinter der Larynx auf der Dorsalseite der Luftröhre liegt.
Wie wir aber in Fig. 8 erkennen, entspringen die Fasern nicht genau in der Mittellinie,
sondern die Muskeln zerschlitzen sich in mehrere Bündel, die sich wechselseitig durchflechten
und sich jenseits der Mittellinie festsetzen, so daß der rechte tracheo-hyoideus
links, der linke rechts von der Medianen entspringt (vgl. auch Fig. 17, Tab. II). Diese Einrichtung,
die aus dem Bedürfnis entstanden sein mag, den Muskeln eine breitere Ansatzfläche
zu bieten, enthält in sich die Möglichkeit zu der merkwürdigen Verlagerung des Ur-
Sprungs des Rückziehers, die wir bei den meisten Spechten finden, und die den Höhepunkt
ihrer Ausbildung bei den Grünspechten erreicht. Bei major also sehen wir sich drei bis
sechs Bündel von nicht ganz gleichmäßiger Stärke durchflechten, und kurz danach, noch
auf der Dorsalseite der Trachea an dieser sich breit festsetzen.
Der Verlauf. dieses in seiner ganzen Länge annähernd gleichstarken bandartigen
musc. tracheo-hyoideus ist also bei major recht einfach: vom Ursprung an der Luftröhre
diese umgreifend, fast in gerader Linie zur Zungenspitze. Indem diese durch Kontraktion
des Muskels dem Vorderende der Trachea, der Larynx, genähert wird, wird die Zunge
zurückgezogen.
7. M u s c u li t r a c h e a le s (omo-vaginales Huber). Die Luftröhre durch ihre ganze
Länge begleitet ein Muskelpaar, das ihr bandartig flach aufliegt und durch ein umhüllendes
Bindegewebe an sie angepreßt wird. In der Kehlkopfgegend endet es in etwas komplizierter
Weise zwischen den dort verlaufenden Muskelzügen; nach abwärts findet es seine Insertionen
teils an den Bronchen, teils setzt es sich als Homologon der bei den Singvögeln bekannten
musc. sterno-tracheales in der Richtung auf den Schultergürtel fort. Joh. M ü lle r bezeichnet
diese Muskeln (35 pag. 332 ff.) schlechtweg als Seitenmuskeln der Trachea; da sie hauptsächlich
bei den Bewegungen der Luftröhre in Betracht kommen, sollen sie musc. tracheales
genannt werden. Betrachten wir zuerst ihre Endigungen am Kehlkopf (Fig. 6, 7, Tab. I).
Hierbei möge vorläufig außer acht gelassen werden, daß in Fig. 6 durch einen dünnen
Faserstrang, der an der Luftröhre vom rechten zum linken musc. trachealis hinüberzieht, die
Symmetrie und Klarheit des Bildes gestört wird. Solche scheinbar anomale Stränge finden
wir beim musc. trachealis sehr häufig. Die beiderseits etwas ventral an der Trachea heraufkommenden
Muskeln teilen sich kurz vor ihrer Insertion bei major in drei Köpfe, die wir
am besten in Fig. 7 erkennen. Zuerst fällt uns bei der Präparation ein Bündel auf, das ich
cap u t v e n t r a le nennen will, und welches dicht neben dem der ändern Seite herläuft und
sich schließlich mit ihm zu einem unpaaren Stück vereinigt (t.v.). Dieses liegt als ventralster
Teil der ganzen Kehlkopfmuskulatur dicht über dem musc. mylo-hyoideus post, und nimmt
seine Richtung auf das Hinterende des Zungenschlauchs zu. Ehe es jedoch diesen erreicht,
geht es in ein festes, aber dünnes Bindegewebe ohne Muskelfasern über, das sich mit dem
Zungenschlauch verbindet. Diese oberflächliche unpaare Endigung der musc. tracheales
wurde von H u b e r als einzige beschrieben. Die beiden ändern Köpfe inserieren am Schildknorpel,
und zwar je ein Bündel, das sich an derselben Stelle wie das caput ventrale von
dem einheitlichen Muskel absondert, aber mehr dorsal gelegene Fasern enthält, und das
wir c a p u t medium (t.m.) nennen wollen, nach kurzem Verlauf etwa in der Mitte des Schildknorpels
in der Medianlinie an derselben Stelle wie der ventrale Kopf des musc. cleido-
thyreoideus, und endlich bleibt als Rest des Muskels jederseits ein c a p u t la t e r a le übrig
1.1.). Dieses umgreift den aus dem Zungenschlauch kommenden und sich nach der Dorsalseite
der Luftröhre wendenden musc. tracheo-hyoideus lateral, und inseriert ebenfalls unmittelbar
hinter dem ventralen Kopf des musc. cleido-thyreoideus, so daß sich an dieser Stelle
die Fasern der drei Muskeln unter sich und mit denen der ändern Seite teilweise durchkreuzen.