die hyaline Substanz noch ein Stützgewebe eingelagert hat. Die Resultate meiner Ermittlungen,
die ich über die Struktur der Cristaniasse gemacht habe, sind, kurz zusammengefaßt,
folgende: S ie b e s te h t aus e inem fe in e n , g le i c h m ä ß ig v e r t e i l t e n F a s e r g
e r ü s t , fe rn e r a u s e in e r k la r e n Z w is c h e n s u b s ta n z , die d ie L ü c k e n des G e r
ü s te s a u s fü l l t , und d r it t e n s aus v e r e in z e lt e n Z e l l e n , d ie in w e c h s e ln d e r
Z a h l und L a g e in d e r M a s s e v e r t e i l t sind.
D a s F a s e r g e r ü s t setzt sich aus außerordentlich feinen Fäden zusammen, die filzartig
zu einem dichten Maschenwerk verflochten sind.' Man beobachtet indessen häufig
Differenzen, indem an einigen Stellen, besonders in der Nähe der Fasersubstanzkerne, welche
an der Basis der vorderen Membranwurzel liegen, die Fäden etwas stärker ausgebildet sind
und mehr gradlinig verlaufen. Ob sich aus diesem Verhalten ein Schluß auf die Entstehung
des Gerüstwerks ziehen läßt, indem hierdurch auf diese bisher nicht ganz geklärte
Zellanhäufung hingewiesen wird, will ich dahingestellt sein lassen. Es ist nun nach meiner
Ansicht bei der Beurteilung derartig zarter Netzfiguren ein Umstand besonders zu berücksichtigen,
nämlich der, daß es außerordentlich schwer, ja fast unmöglich ist, zu entscheiden,
was von den Fäden im Leben bestanden hat, und was auf Gerinnung zurückzuführen ist.
Aber wenn wir auch annehmen, daß das Bild des Gerüstes selbst durch gute Konservierung
mehr oder weniger verändert wird (in schlecht konservierten Präparaten sieht man die
strahlige, fasrige Anordnung, von der A d e lu n g p. 323 spricht), so habe ich mich doch an
vielen, mit verschiedenen Fixiergemischen behandelten Präparaten überzeugt, daß nicht das
ganze Netzwerk artefakt ist, sondern daß die Cristamasse tatsächlich von einer fädigen
Substanz durchzogen wird, die sich gerüstförmig ausbreitet. Die Maschen des Gerüstes
werden von einer h om o g en en S u b s ta n z , die keine Struktur erkennen läßt* eingenommen.
Sie füllt alle Räume, die unter der chitinigen Deckmembran frei bleiben, vollkommen
aus und dringt auch in die Lücken der fasrigen Bindesubstanz des Zwischenorganes;
es ist daher wohl statthaft, diese Substanz für flüssig zu halten. Wie schon bemerkt,
ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß sie der hyalinen Zwischensubstanz
homolog ist.
Auf die geringe Anzahl von Kernen in der Cristamasse ist bereits von A d e lu n g
(P- 323) hingewiesen. Bei Loc. virid. hat er nur 10 gezählt. Ich kann hinzufügen, daß sie
bei anderen Spezies, z. B. Platycleis JRoes., fast ganz fehlen können. Am relativ zahlreichsten
fand ich sie bei Dect. verr., besonders bei frischgehäuteten Exemplaren (Taf. IV,
Fig. 22 StZ). Die kleinen, 8 > dicken Kerne sind unregelmäßig und dicht granuliert. Um
sje herum sieht man deutlich eine helle substantielle Schicht, ihren Zelleib, welcher nach
verschiedenen Richtungen feine fädige und' verzweigte Ausläufer aussendet und hierdurch
der Zelle eine außerordentliche Ä h n l ic h k e i t mit den b e k a n n te n B in d e s ü b s t a n z -
k ö rp e r c h e n verleiht. Es kann wohl kaum beanstandet werden, wenn ich annehme, daß
diese Zellen in einem ursächlichen Zusammenhänge mit dem Gerüstwerk stehen, und daß
die Cristamasse in toto eine gallertige Beschaffenheit hat.
f) Die stiftförmigen Körperchen.
Während die stiftförmigen Körperchen sämtlicher Acridierspezies in ihrer Form,
Größe und Konstruktion so sehr übereinstiinmen, daß wir von ihrer Kongruenz sprechen
konnten, herrscht bei den gleichen Gebilden der ’ Locustiden eine ganz bedeutende Formverschiedenheit.
Wenn man neben den äußerst schlanken subgenualen Stiften, vorzüglich
der hinteren Beinwand, die voluminösen Cristastifte betrachtet, so kann man es begreiflich
finden, daß G r ä b e r (1875, p. 67) gewisse Strukturverhältnisse erkannt haben will, „durch
welche sie sich auf den ersten Blick voneinander unterscheiden lassen“ und dann die
ersteren als stiftförmige, die anderen mit der alten Sieboldschen Bezeichnung als bimförmige
Körperchen beschreibt. A d e lu n g (p. 329) geht hierin noch weiter, indem er behauptet,
daß „stets die Stifte der drei Gruppen von Endorganen, also auch des Zwischenorgans,
spezifisch gestaltet sind“ . Aber selbst wenn wir nur die Größe und Form in Betracht
ziehen, ist es unrichtig, von einer spezifischen Gestaltung der Stifte in den drei Organen
zu sprechen, denn auch die neuen plumpen Stiftformen, welche uns in der Crista
entgegentreten, gehen sowohl am oberen, wie am unteren Ende in immer schlankere Gebilde
über, so daß die obersten Cristastifte völlig denen des benachbarten Zwischenorgans
gleichen, und indem diese wiederum nach außen zu ein wenig schlanker werden, ist zwischen
ihnen lind den subgenualen Stiften kaum noch ein Unterschied zu konstatieren.
Da es mir nun. gelungen ist, einen besseren Einblick in den Aufbau aller dieser Stiftformen
zu erhalten als die früheren Beobachter, so bin ich zu dem bestimmten Resultat gekommen,
daß die s t i f t fö rm ig e n K ö r p e r c h e n d er L o c u s t id e n , u n g e a c h t e t ih r e r
V a r ia t io n s f ä h i g k e i t , welche nicht allein in den verschiedenen Organabschnitten desselben
Tieres, sondern auch bei den gleichgelagerten stiftförmigen Bildungen der verschiedenen
Spezies zu beobachten ist, in ih r e r t y p is c h e n A u s b ild u n g v o l lk om m e n
ü b e r e in s tim m en , und d aß ih r G e s am tb ild e in e nur den L o c u s t id e n e i g e n tüm
lic h e F o rm e r s c h e in u n g z e ig t.
Um die Konstruktion der Stifte (Taf. IV, Fig. 21, 23, Taf. V, Fig. 24 StfK) kennen
zu lernen, haben wir daher vorläufig von ihrer individuellen Formungleichheit abzusehen,
und es ist dann gleichgültig, ob wir bei unserer Betrachtung einen Stift des Subgenual-
organs, des Zwischenorgans oder der Crista einer beliebigen Locustide im Sinne haben.
Wie bei den Acridiodeen, so stellen die fraglichen Körperchen auch hier drehrunde, bolzenförmige
Hohlkapseln dar, die in proximaler Richtung mehr oder weniger stark konisch zulaufen
und am anderen Ende eine kurze, pickelartige Spitze bilden. An der Basis sind sie
grade abgestutzt und besitzen hier eine runde Öffnung zum Eintritt des Achsenstranges. Sie
bestehen aus der Wand und dem Inhalt, welcher von dem hellen Plasma der Sinneszelle
und dem Fibrillenendapparat gebildet wird. Halten wir ihnen nun das Bild, welches wir
noch von den Acridierstiften in der Erinnerung haben, gegenüber, so fallen uns die folgenden
unterscheidenden Merkmale auf: D ie K o p f s p it z e , welche dort lang ausgiezogen und
spitz war, is t h ie r k ü r z e r und w e it w e n ig e r s c h a r f. F e rn e r t r e te n cjie W a n d r
ip p en in e in e r g e r in g e r e n A n z a h l (meist 8) a u f und le g e n s ic h im b a s a le n
T e i l n ic h t zu D o p p e lr ip p e n a n e in a n d e r , au ch fe h l t d ie m itt le r e r in g b a n d a
r t ig e V e r d ic k u n g d er R ip p en . Nehmen wir noch die Nervenendigung, welche von
der Beschreibung der Stifte nicht zu trennen .i$t, hinzu, so bemerken wir im S t i f t k o p f e
d a s v o l ls t ä n d ig e F e h le n e in e s K o p f k a n a l e s und ferner in d en S t i f t e n d e s
S ü b g e n u a l- und Z w is c h e n o r g a n e s das A u f t r e t e n e in e r s p u l e n a r t i g e n A u f t
r e ib u n g o d e r U m h ü llu n g d er S t i f t c h o r d a .