hat in der Vacuole einen Durchmesser von 0,5 j* und ist hier um das vielfache dicker als
der proximale Achsenfaden. Ungefähr in gleicher Stärke tritt er in den Stift ein, wird in
dessen unterem Drittel nur wenig dünner und verfeinert sich dann schnell so sehr, daß er
uns jetzt nur noch als unmeßbar feines Fädchen erscheint.
Ich wiederhole, daß der Achsenstrang kontinuierlich den Stift durchsetzt, ohne Seitenzweige
an die Stiftwand abzugeben, weder beim Eintritt in den Stift noch im Stiftlumen.
Wie dieses ganze Verhalten mit der A p a t h y sehen Anschauung vom Bau der
Fibrillen in Einklang zu bringen ist, bin ich nicht im Stande anzugeben.
Ich muß nun noch einmal darauf zurückkommen, daß ich meine Resultate über den
Verlauf der Fibrillen ausschließlich an Osmium- und Formolpräparaten gewonnen habe.
A p a th y sagt nämlich in seiner Polemik gegen P le id e n h a in (1902, p. 72/73) mit Bezug
auf die K u p ffe rseh en Untersuchungen über den „Achsencylinder“ markhaltiger Nervenfasern,
daß es mit Hilfe der von K u p f f e r angewandten Osmiumfixierung nicht möglich
sei, die Neurofibrillen innerhalb der Zellen sichtbar zu machen. Die Sichtbarkeit der Neurofibrillen
in den Nervenfasern sei nur jener Eigenschaft der Osmiumsäure zu danken, daß
sie die Interfibrillärsubstanz des Achsencylinders ohne Schrumpfung fixiert und daher die
darin eingebetteten Neurofibrillen einen größeren Abstand voneinander bewahren und nicht
etwa einer erhöhten Färbbarkeit derselben; sie erscheinen in den Nervenfasern deshalb
dunkler, weil sie ein dichterer Körper seien als die Interfibrillärsubstanz. Aber inmitten des
Protoplasmas der Ganglienzellen und anderer Zellen käme dies Moment nicht zur Geltung,
weil hier die Neurofibrillen vom Protoplasma nicht färberisch differenziert werden könnten.
Mit der von K u p f f er angewandten Säurefuchsinfärbung ist dieses in der Tat nicht
möglich, ebensowenig wie mit A p a th y s Hämatein IA, das habe ich oft genug ausprobiert,
wohl aber mit Eisen-PIämatoxylin. Durch die Eisenbeize erhalten die Fibrillen die Eigenschaft,
den Farbstoff fester zu halten als das Protoplasma, so daß man dieses vollständig
entfärben kann, und man sieht die Fibrillen doch noch als schwarze Fäden. Die Formolf
präparate geben, was diese Struktur Verhältnisse betrifft, nicht so schön differenzierte Bilder,
weil bei ihnen auch das Protoplasma den Farbstoff schwerer wieder abgibt. Ein großer
Nachteil der Heidenhain-Färbung, unter dem die Übersichtlichkeit der Präparate außerordentlich
leidet, liegt allerdings darin, daß man höchstens 5 bis 10 n dicke Schnitte anfertigen
darf.
Ich habe auch die A p a th y sehe Methylenblaumethode, sowie die neue Methode von
B ie ls c h o w s k y zur färberischen Darstellung der Fibrillen versucht, doch mit absolut negativem
Resultat. Keineswegs will ich aber behaupten, daß diese Methoden bei den .Insekten
nicht anwendbar wären, ich habe sie nur nicht forciert, weil ich mit der Heidenhain-Färbung
vollständig ausgekommen bin.
5. Die stiftförmigen Körperchen.
Im distalen Ende des terminalen Fortsatzes der Sinneszelle liegt das stiftförmige
Körperchen. Die Bezeichnung scolopales oder stiftförmiges Körperchen ist von G r ä b e r
(*875? P- 48 und 1882, p. 517) geprägt worden, speziell mit Rücksicht auf die seiner Ansicht
nach ähnlich gearteten stäbchenförmigen Netzhautkörperchen. Nach G r ä b e r s Angabe, und
ich will hinzufügen, auch nach der aller übrigen Autoren mit Ausnahme B o l l e s - L e e s
(1883), erscheinen die fraglichen Gebilde konstant nach der proximalen Seite zugespitzt,
während das andere oder Außenende eine einem Nagelknopf vergleichbare Verdickung trägt.
G r ä b e r unterscheidet demnach den peripheren Kopf, den Körper und die zentrale Spitze
des Stiftes. Werfen wir jedoch einen Blick auf unsere Stiftbilder (Taf. II, Fig. 10, 11,
Taf. III, Fig. 17 StfK und Textfig. 8)/ -so will es uns scheinen, als ob diese Bezeichnungen
recht unglücklich gewählt sind, denn wir sehen, daß der Körper proximal wohl
etwas konisch zuläuft, aber doch grade abgestutzt ist, während das distale Ende zu einer
scharfen Spitze ausgezogen ist. Wenn es daher auch viel logischer wäre, von einem bolzenförmigen
Körperchen zu sprechen, so will ich doch bei der einmal eingeführten Benennung
bleiben, ich werde nur umgekehrt das proximale Ende als Stiftbasis, das distale als Stiftspitze
oder wenigstens als Kopfspitze bezeichnen müssen.
B o l le s -L e e (1883, p. 134) ist auch (neben H en s en , dessen abweichende Auffassung
wir bei Besprechung der Locustiden genauer kennen lernen werden) von sämtlichen Autoren,
welche sich mit der Erforschung der stiftführenden Organe beschäftigt haben, der einzige,
welcher die stiftförmigen Körperchen nicht als terminale Anschwellung der nervösen Chorda,
unseres Achsenstranges, auffaßt, sondern als kapselartigen Umhüllungsapparat derselben.
Den Achsenstrang oder Achsenfaden, wie er ihn nennt, hat er in die Lichtung des Stiftkörpers
eintreten und unter dem Kopf sich ansetzen sehen. B o l le s -L e e hat seine Studien
zwar nur an Dipteren-Laryen gemacht, ich bin aber zu der Überzeugung gekommen, daß
alle stiftförmigen Gebilde, so veränderlich sie im allgemeinen sein mögen, doch eine auffallende
Übereinstimmung in ihrer prinzipiellen Konstruktion aufweisen.
Die Formverschiedenheit der Stifte ist recht erheblich, nicht allein bei den von
L e y d ig (1860), G r ä b e r , B o lle s -L e e (1883, 1884, 1885) und G r o b b e n (1875) beschrie-.
benen chordotonalen Organen gewisser Insektengruppen, auch die einzelnen Familien der
tympanoferen Orthopteren zeigen eine ganz ausgeprägte Variabilität. Es ist daher nicht
richtig, wenn G r ä b e r (1875? P- io5) sagt, daß „die stiftförmigen Körperchen der Acridier
sich von den entsprechenden Gebilden der Grillen und Laubheuschrecken in keiner Weise
unterscheiden“ . Nur bei oberflächlicher Beobachtung kann man zu dieser Annahme kommen.
Richtig ist dagegen, daß sie b e i e in e r je d e n d er d r e i O r th o p te r e n fam ilie n e inen
b e s tim m te n c h a r a k te r is t is c h e n B a u ty p u s a u fw e is e n , obwohl ihre Form und Größe
sowohl bei den verschiedenen Arten einer Familie (Locustiden und Grillen), wie auch in den
Organen ein und desselben Tieres außerordentlich verschieden sein kann. In der nachfolgenden
Beschreibung der Acridierstifte wollen wir daher nach Möglichkeit nur die Literaturangaben
berücksichtigen, welche sich auf diese beziehen.
Bei den stiftförmigen Körperchen der Acridiodeen kann man das oben angegebene
Verhalten noch enger fassen: sie sind in a l le n O r g a n a b s c h n i t t e n , s o w ie b e i s äm t lic
h e n S p e z ie s d ie s e r F am ilie v o llk om m en k o n g ru e n t . Die Stifte der jüngsten
Larvenstadien sind nur ein wenig schlanker als die der Imagines, die der älteren gleichen
ihnen vollständig.
Die Kenntnis vom Bau der Acridierstifte hat seit S ie b o ld , dem Entdecker dieser
Gebilde, keine wesentliche Förderung erfahren.
S ie b o ld (1844, p. 64) beschreibt sie als cylinderförmige, hohle Körper mit einer
stumpfen, massiven, nach vorn gerichteten Spitze; das entgegengesetzte Ende läßt er in die
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