Placenta, die ehemalige obere Kuppe des Embryo (pl). Ihre Zellen sind noch weniger gefärbt als
die Deckzellen, sie erscheinen wie ausgelaugt und betheiligen sich jedenfalls nicht direct am Aufbau
des jungen Thieres. Von der uterinen Placenta ist nichts mehr sicher zu erkennen, doch könnte
man einzelne großkernige Zellen des mesodermalen Oöciumblattes dafür in Anspruch nehmen. Wie
schon erwähnt, vermuthe ich, daß sie diesem Blatte verbleibt, wenn sie ihre Rolle als Placenta ausgespielt
hat. Daß sie der Zellgruppe pl beigemischt sei, ist mir weniger wahrscheinlich.
Die Knospe ist jetzt scheinbar in die Mitte der oberen Embryonalwölbung gerückt. Dies
ist aber mehr der allgemeinen Ausgestaltung des Embryo zuzuschreiben als wirklichem Ortswechsel.
Sieht man genau zu, so hegt die Knospe noch immer unterhalb des Randes der Placenta, nicht unterhalb
ihrer Mitte, sie hat also den Platz von Fig. 32 behalten. —
Um über das Schicksal der Placenta hier gleich Abschließendes mitzutheilen, so sei unter
Hinweis auf Fig. 38, Taf. V, betont, daß auch der fötale Theil, der noch in Fig. 36 als geschlossene
Zellmasse sichtbar ist, einer vollständigen Auflösung entgegengeht. In Fig. 38 füllt er als wolkige
Zerfallsmasse den Raum zwischen dem Embryo und der unteren Wand der ectodermalen Oöcium-
höhle (oöh). Bald darauf schwindet auch diese Wand, und die Oöciumhöhle tritt dann in offene
Verbindung mit dem Embryonalraum des Oöciums (Fig. 39), ein Zustand, der bei Plumatella schon
auf einer viel früheren Stufe der Entwickelung eintritt. Es scheint sogar, als ob die aus dem Zerfall
resultirenden Gewebsreste von dem Hauptpolypid des Embryo verschluckt würden und die erste
feste Nahrung desselben bildeten. Wenigstens ist in Fig. 39 der Darm des Polypides von einer Zellmasse
erfüllt, deren Herkunft ich mir am ehesten auf diese Weise erklären kann.
Weitere Ausgestaltung des Embryo. Die Veränderungen, welche vom Stadium der
Fig. 36 zur fertigen Larve führen, entsprechen in allem Wesentlichen so sehr denen von Plumatella,
daß ich sie nur kurz zu erwähnen brauche. Sie bestehen in dem Fortwachsen der Duplicatur (Fig.
36—39, D), in der Ausbildung des Wimperkleides, welches den unteren Theil des Embryo und die
äußere Wand der Duplicaturfalte umfaßt, in der weiteren Differenzirung der am Grunde von der
Duplicatur umschlossenen, die definitive Leibeswand liefernden oberen Hälfte des Embryo und in der
Ausgestaltung der Knospe selbst. Die Bildung der Tochter- und Enkelknospen wird in dem Abschnitt
über die Larve behandelt werden. Hier sei nur noch auf das außerordentlich starke Wachsthum
hingewiesen, welches der Embryo in dieser Periode erfährt und das durch die Figuren 36, 38 und 39
veranschaulicht ist. In der letzten Figur ist der größte Embryo dargestellt, den ich gefunden habe,
er steht unmittelbar vor dem Ausschlüpfen, das in anderen Fällen schon weit früher erfolgt. Auffällig
ist auch die lang gestreckte Form des Embryo, die sich der Bauart des Fredericella-Stockes
stilgerecht einfügt, aber im Gegensatz steht zu der mehr rundlichen Form bei Plumatella fungosa
und repens, wo sie wiederum gut mit der gedrungneren Bauart dieser Kolonien übereinstimmt. Die
Streckung kommt bei Fredericella vornehmlich dadurch zu Stande, daß sich der Embryo mit seinem
vorderen Theile nicht wie bei Plumatella unter der Duplicatur verbirgt, sondern weit aus derselben
hervorragt. Erst bei der ausgeschlüpften Larve contrahirt sich dieser Abschnitt so, daß er von der
Duplicatur bedeckt wird, der Darm krümmt sich, und die Larve, ganz vom Flimmermantel umhüllt,
erscheint länglich rund wie die Larven der Plumatellen.
Während sich aber einerseits die Larve den räumlichen Verhältnissen des Cystides anpasst,
kommt andererseits auch dieses dem Bedürfnis der Larve entgegen. Die Zweige, welche reife
Embryonen enthalten, sind viel breiter, richtiger gesagt höher, als die gewöhnlichen, sie sind keulenförmig
verdickt, und man kann sie daran bei genauem Zusehen oft schon mit bloßem Auge erkennen.
Fig. 39 bringt die charakteristische Form eines trächtigen Zweiges gut zum Ausdruck. Wie sich ein
solcher Zweig im Querschnitt verhält, ist in Fig. 40, I—IV, dargestellt. Das Stadium des Embryo ist
hier etwas jünger als in Fig. 38. Schnitt I zeigt die Mündung des Oöciums, bei cl ist der Halstheil
des Mutterpolypides, umgeben von don Duplicaturmuskeln, getroffen. Schnitt II liegt ein wenig
tiefer, bei s sieht man das oberhalb des Oöciums befindliche Septum (vgl. Fig. 38, 39, s). Schnitt III
geht durch den oberen, polypidtragenden Theil des Embryo, Schnitt IV durch das Embryonalcystid
(Flimmermantel). Man erkennt die starke seitliche Abflachung des Zweiges, und wie der anfänglich
dreieckige Querschnitt (IV) allmählich in einen länglich ovalen übergeht. Die schmale Basis des
Dreiecks im IV. Schnitt ist die Unterseite (Oralseite), welche bei kriechenden Zweigen auf dem Podium
ruht; die Spitze des Dreiecks entspricht der scharfen oberen Kante, welche als „Kiel“ bezeichnet
wird und mehr oder minder bei allen plumatelloiden Formen ausgeprägt ist.
Zu erwähnen ist noch, daß in Fig. 38 das Mutterpolypid A vollkommen lebensfrisch, in Fig. 39
dagegen in vorgerücktem Verfall begriffen ist.
Die Geburt. Ausschlüpfende Larven erhielt ich am 20.—25. Juni 1894 aus Stöcken, die am
19. Juni gesammelt und dann in einem kleinen, gut durchlüfteten Aquarium gehalten waren. Im
Ganzen waren es 13 Larven. Die früher, im Mai und am 2. und 11. Juni gefundenen Kolonien kamen
nicht zum Gebären, wohl weil die Entwickelung in Folge des Nahrungsmangels im Aquarium nur
kurze Zeit ihren regelmäßigen Fortgang nahm. Aus frischem Material vom 3. Juli erhielt ich an
demselben Tage noch eine Larve, die sich auch festsetzte. Damals schien mir die Entwickelung für
das Jahr im Wesentlichen beendigt zu sein. 1906 aber habe ich in der Havel vom 23. Juni bis zum
31. August Kolonien mit reifen Embryonen und auch jüngeren Embryonalstadien gefunden, deren
Häufigkeit freilich vom Juli an beständig zurückging. Nach dem 31. August habe ich nicht mehr
gesucht, doch zeigten damals die Kolonien schon deutliche Altersspuren. Ende Juni und Anfang
Juli wird man bei uns als die Zeit anzusehen haben, wo die meisten Larven ins Freie gelangen.
Ob auch bei Fredericella das Ausschlüpfen der Larven in der Regel des Nachts erfolgt, wie
es bei Plumatella fungosa und Pectinatella so entschieden der Fall ist, kann ich nicht sicher sagen.
1906 habe ich die Stöcke nicht im Aquarium gehalten und an 1894 erinnere ich mich nicht mehr genau.
Von der einen Larve, deren Festsetzung ich beobachtete, weiß ich, daß sie am Tage auskam, gleich
nach dem. Heimbringen des Materials und vielleicht eben in Folge des Transports. Da ich das
nächtliche Ausschwärmen als eine durch Selection erworbene Schutzeinrichtung auf fasse, durch
welche die Larven der Verfolgung durch Fische und andere Feinde entrückt werden, so würde es
mich , nicht wundem, wenn bei Fredericella als einer kleinen und versteckt lebenden Form
dieses Verhältnis weniger stark ausgeprägt wäre.
Auf welchem Wege gelangt nun die Larve nach außen? Ich habe schon in der Arbeit über
Plumatella (’97, S. 61) ausgeführt, daß und warum mir ein Durchbruch an der natürlichen Mündungsstelle
des Oöciums sicher scheint. Den dort geltend gemachten Gründen kann ich jetzt noch zwei
neue hinzufügen.
1.) Die Beschaffenheit der Muskulatur an der Mündung des Oöciums. Wir haben oben (S. 8 f.)
gesehen, daß das Oöcium ähnlich wie eine Knospe durch Wucherung beider Blätter der Leibeswand
gebildet wird. In der Folge wird aber der unmittelbare Zusammenhang des inneren Oöciumblattes
mit dem Ectoderm der Leibeswand wieder gelöst, indem das erstere sich an seiner Ursprungsstelle,
d. h. in der Höhe der Muskelschicht der Leibeswand, vom Ectoderm abschnürt. In den Figuren
13, 14, 22—36, läßt sich dieser Vorgang verfolgen. Das innere Blatt bildet dann eine rings geschlossene