
 
        
         
		Einen  Rückschritt  gegen  diese  gute  Arbeit  bedeutet  die  Veröffentlichung  R. W a l le r s   
 (1716),  A   D e s c r ip t io n   o f  th a t   cu r io u s   N a t u r a l   M a c h in e ,   th e   W o o d -P e c k e r s   
 T o n g u e ,  die  sich  gegen  K o y t e r ,  P e r r a u l t ,  B o r e l l i   und  auch  M e r y   wendet,  diesen  
 letzten  gar  nicht  verstanden  hat,  und  dafür  eine  falsche  und  verwirrte,  durch  unverständliche  
 Figuren  illustrierte  Beschreibung  der  Anatomie  enthält.  Darauf  brauchen  wir  nicht  
 weiter  einzugehen.  Trotzdem  führe  ich  die  Arbeit  hier  an,  Weil  sie  ihren  Platz  in  der  Geschichte  
 unseres  Themas  verdient.  Denn  in  der  Einleitung wird  hier  zum  erstenmal  der Vogel  
 in  seinen  Beziehungen  zur  Umgebung  als  eine  Gesamtheit  zweckmäßig  eingerichteter  Organe  
 betrachtet:  „all  which  are  wisely  contrived  and  adapted,  either  for  catching  the  Food  
 and  Sustenance  of  the  Indid'idual,  or  continuing  the  Species“ .  Und  als  eines  dieser  Organe,  
 nicht  als  etwas  Selbständiges,  vom  übrigen  Unabhängiges,  wird  die  Zunge  behandelt. 
 Gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  beginnt  eine  neue  Art  der  literarischen  Tätigkeit  
 auf  naturwissenschaftlichem  Gebiet.  Wie  nämlich  A lb e r tu s   und  G e s sn e r   die  Kenntnisse  
 des  Mittelalters  sammelten,  so  erscheinen  jetzt  Naturgeschichten,  welche  die  Arbeiten  der  
 neuern  Zeit  zusammenfassen,  und  unter  diesen  ist  besonders  die  H is to ir e   n a tu r e l le   des  
 B u f fo n   (1787)  zu  nennen,  welche  den  Anfang  einer  Reihe  von  Werken  bildet,  die  auf  Gebieten  
 verschiedenen  Umfangs  den  wesentlichen  Inhalt  des  Wissens  ihrer  Zeit  zusammenstellen. 
   In  dem  ausführlichen  Kapitel  über  den  Specht  gibt  uns  B u f fo n   eine  gute  Beschreibung  
 der  Zunge. 
 Aber  auch  zu  einem  bedeutenden  wissenschaftlichen  Fortschritt  war  die  Zoologie  in  
 jener  Zeit  herangereift:  das  ist  die  vergleichend-anatomische  Betrachtungsweise,  deren  Begründung  
 mit  dem  Namen  C u v i e r   eng  verbunden  ist.  Hier  mögen  nur  die  L e ç o n s   
 d ’a n a tom ie   c om p a r é e   dieses  Gelehrten  (1799/1805),  das  S y s tem   d er   v e r g l e i c h e n den  
 A n a tom ie   von  J.  F.  M e c k e l  (1821/31)  und  das  H a n d b u c h   d e r   v e r g le i c h e n d e n   
 A n a tom ie   von  J.  F.  B lum e n b a c h   (1805)  erwähnt  werden,  da  sie  auch  für  unser  Thema  
 historische  Bedeutung  haben;  denn  hier  wird  zum  erstenmal  ein  Vergleich  der Spechtzunge  
 mit  den  entsprechenden  Organen  anderer  Vögel  systematisch  durchgeführt.  Was  davon  für  
 uns  im  einzelnen  in  Betracht  kommt,  ist  im  Text  der  vorstehenden  Arbeit  zitiert. 
 Daneben  fehlt  es  natürlich  nicht  an  Spezialarbeiten  über  die  Spechtzunge.  Joh. W o lf   
 (1800  und  1805)  ist  der  erste,  der  alle  ihm  erreichbaren  Arten  untersucht,  und  die  Unterschiede  
 zwischen  ihnen  feststellt,  während  früher  oft  dadurch  Verwirrung  und  Mißverständnisse  
 entstanden,  daß  die  Autoren  verschiedene  Arten präparierten  und  nicht  daran  dachten,  
 daß  dabei  auch  ein  einzelnes  Organ  verschieden  gebaut  sein  könne.  Von  B lum e n b a c h ,  
 der  ein  großes  Interesse  für  die  Konstruktion  der  Spechtzunge  hatte,  angeregt,  verfaßte  
 V.  A.  H u b e r   1821  eine  Dissertation  D e   l in g u a   et  o s s e   h y o id e o   P ic i   v i r id i s ,  welche  
 die  genaueste  Beschreibung  der  Anatomie  und  des  Mechanismus  dieses  Organs  enthält,  die  
 wir  besitzen.  H u b e r   kannte  im  wesentlichen  alle  Muskeln,  die  diesen  komplizierten  Bewegungsapparat  
 zusammensetzen,  und  suchte  sowohl  ihre  vergleichend-anatomische,  als  ihre  
 physiologische  Bedeutung  zu  erklären.  Auch  heute  noch  gründet  sich  die  Beschreibung  der  
 Spechtzunge  in  B ro n n ’s  K la s s e n   und  O rd n u n g e n   des  T i e r r e i c h s   auf  die  Hubersche,  
 und  wir  können  uns  unmittelbar  auf  sie  beziehen.  Die  von  H u b e r   eingeführten  Bezeichnungen  
 für  die  Muskeln  sind  in  der  vorstehenden  Arbeit  nach  Möglichkeit  beibehalten  
 worden. 
 In  Einzelheiten,  meist  aber  nur  in  solchen,  die  die  äußere  Gestalt  und  das  Skelett  
 betreffen,  wurde  die  Kenntnis  der  Spechtzunge  im  Lauf des  vergangenen Jahrhunderts  durch  
 G ie b e l-N i t z s c h   (1858),  H u g o   M a gn u s   (1871),  J.  L in d a h l  (1879),  F.  A.  L u c a s   (1895  
 und  1897),  R. W.  S h u f e ld t   (1900)  und  andere  Autoren  erweitert,  von  denen  P r in z   L u d w 
 ig   F e r d i n a n d   v on  B a y e r n   (1884)  besonders  erwähnt  sei,  welcher  die  Nervenendigungen  
 in  der  Zunge  nach  Bau  und  Anordnung  untersuchte  und  so  die  Tastfunktion  
 dieses  Organs,  die  ihr  schon  lange  vorher  zugesprochen  war,  histologisch  erklärte. 
 Eine  einheitliche  Darstellung  des  Zungenapparats  der  Spechte  aber  ist  nach  Huber   
 nicht  mehr  gegeben  worden,  und  so  dürften  die  Studien,  aus  denen  die  vorstehende  Arbeit  
 entstanden  ist,  nicht  überflüssig  gewesen  sein.  Daß  daran  noch  vieles  zu  berichtigen  und  
 zu  erweitern  ist,  sowohl  in  der  anatomischen  Darstellung,  als  in  den  theoretischen  Betrachtungen, 
   die  sich  darauf  gründen,  dessen  bin  ich  mir  bewußt.  Ich  sage  aber  mit  
 Wi l l o u g h b y : 
 Verum  haec  aliis  curiosius  examinanda  et  expendenda  relinquimus. 
 F r e i b u r g   i.  B.,  25.  Juli  1906.