passungen keine gemein, sondern weichen in diesen so stark voneinander ab, daß man zu
der Annahme gezwungen wird, daß die beiden Familien schon sehr frühzeitig von der gemeinsamen
Stammform auseinandergegangen sind.
Daß aber an einer solchen gemeinsamen Stammform für Centetidae ünd Chryso-
chloridae nicht zu zweifeln ist, dürfte nicht nur aus den oben angeführten morphologischen
Tatsachen hervorgehen, sondern wird auch durch den Umstand bestätigt, daß Chrysochloris
Afrika bewohnt, wo ja auch ein echter Centetide (Potamogale) heimisch ist. Von den aus
dem gemeinsamen Stamme hervorgegängen&n Formen hat sich die Mehrzahl der Centetidae
durch Isolierung auf Madagaskar erhalten, während die übrigen in dem härteren Existenzkämpfe
auf dem afrikanischen Kontinente nur durch ganz spezielle Differenzierung als eigenartige
Gräber (Ghrysochloridae) oder als Wassertiere (Potamogalinae) bestehen konnten,
wobei es besonders beachtenswert ist, daß Potamogale die einzige hierher gehörige Form
ist, deren Backenzahnform sich zu näherer Übereinstimmung mit derjenigen bei den übrigen
Insectivoren ausgebildet hat.
Zur ferneren Stütze der hier vorgetragenen Auffassung, deren hypothetischen Charakter
ich keineswegs verkenne, mag an einen Parallelfall erinnert werden, dessen Nachweis
wir F. Major1 verdanken. Die madagassischen Nager (vergl. oben pag. 13 5) sind nach ihm
mit einer Reihe von g r a b e n d e n Formen wie Tachyorictes (Abessinien), Rhizomys (orientalisch),
Spalax und Siphneus (paläarktisch) verwandt. „Retirement under the earth and adaption
to fossorial habits have done for these four genera what isolation has done for Brachyu-
romys etc., i. e. the preservation of primitive types of Muridae. Theirs is a parallel to that
of the african insectivorous family Chrysochloridae, as compared with the more generalized
members of the malagasy family Centetidae.“
Werfen wir nochmals einen Blick zurück auf die Organisation der Chrysochloridae,
so fällt neben der sehr speziellen Differenzierung derselben als Gräber eine Reihe von
Charakteren auf, w e lc h e so n s t e n tw e d e r nur b e i den n ie d r ig s t e n P la c e n ta l ie rn
o d e r n ur b e i M o n o tr em en o d e r s o g a r nur b e i n ie d e r e n W i r b e l t ie r e n (Zahnwechsel
beim alten Tiere, Verhalten der Muse, rectus abdominis) a n g e t r o f f e n w e rd en .2
Z w e i fe ls o h n e s t e lle n d ie C h r y s o c h lo r id a e u n te r a l le n le b e n d e n E u t h e r i a
d en n ie d r ig s t e n T y p u s d a r , w e lc h e r s ic h d u r ch s ta r k e , e in s e i t ig e S p e z ia l i s
ie r u n g vom U n t e r g a n g e g e r e t t e t h a t — g a n z w ie es d er F a l l m it d en M o n o t
r em e n ist. Im hohen Grade wünschenswert wäre die Kenntnis der Ontogenese und
der Placentabildung bei Chrysochloridae, von denen vielleicht nähere Aufschlüsse über die
Genealogie dieser interessanten Tiergruppe zu erwarten ist.
Über ' die verwandtschaftlichen Beziehungen der verschiedenen . Chrysochloris-Arten
möchte ich, da ich selbst nur drei Arten näher habe untersuchen können, und da wir außerdem
sicherlich zur Zeit nur eine unvollständige Kenntnis des .Artenbestandes dieser Gattung
haben, kein Urteil aussprechen.
1 97. pag- 719-
* Die von manchen Autoren behaupteten Beziehungen zu dén Talpidae sind so oberflächlicher und allgemeiner Art,
daß eine nähere Verwandtschaft vollkommen ausgeschlossen ist- Das-Vorkommen der auch für die Talpiden eigentümlichen
und zur Grabefunktion in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Muse, transversus scapularum bei Chrysochloridae
kann wohl diese Auffassung nicht erschüttern.
Nachdem die ersten Kapitel dieser Arbeit bereits gedruckt waren, erhielt ich durch
die Güte des Herrn Professor Scott seine Untersuchung über die ausgestorbene Gattung Ne
N eer o le st es aus den Santa Cruz-Schichten Patagoniens. Gestützt auf ein ziemlich ausgiebiges
fossiles Material kommt der Verfasser zudem Schlußsatze, daß zwischen dem tertiären
Necrolestes und der lebenden Chrysochloris direkte genetische Beziehungen bestehen. Von
einer mittelbaren oder unmittelbaren Ableitung der Chrysochloridae von Necrolestes kann
aber deshalb nicht die Rede sein, da letzterer, wenn auch im ganzen weniger abgeändert
a ls , Chrysochloris, selbst in einer besonderen Weise spezialisiert ist. Sojiind z. B.
die hinteren Backenzähne bei Necrolestes weniger hypsodottt und M 3 weniger rückgebildet,
also ursprünglicher als. bei Chrysochloris.; auch fehlt heim : ersteren die bei Chrysochloris
vorkommende innere Basalspitze, was v ie l le i c h t . :^ in Hinblick auf das Verhalten bei gewissen
mesozoischen Säugern — ebenfalls ein ursprüngliches Merkmal ist. Dagegen weisen
die Schneide-, Eckzähne und vorderen Prämolaren eine ganz andere Ausbildungsart als bei
Chrysochloris auf; besonders ist die Differenzierung des C und P2 ganz abweichend.. Im
Skelettes,oll sich. Necrolestes* der Chrysochloris anschließen, wenn auch die Anpassung an
die Grabefunktion (z. B. im Bau der Vorderextremität) weniger ausgeprägt ist; .die hintere
Extremität ist dagegen in ganz abweichender Weise differenziert.
.'Wenn ich,auch die M ö g l ic h k e i t der von Scott gegebenen Deutung durchaus nicht
in Frage setze,, daß Necrolestes, ein von Afrika eingewanderter - Abkömmling desselben
Stammes, dem auch ^ßhryspchloris entsprossen ist, vermisse ich doch in den bisher dargelegten.
Tatsachen den bindenden Nachweis) daß Necrolestes, wie Scott "voraussetzt, unbedingt
ein Insectivore und nicht ein Beuteltier ist; die am Schädel angeführten Merkmale
sind hierfür nicht ausschlaggebend. Es dürfte eine solche Skepsis um so eher berechtigt
sein, als, wie wir gesehen, eine Reihe von bemerkenswerten Übereinstimmungen zwischen
Chrysochloris und dem Beuteltiere Notoryctes bestehen. 'Und besonders möchte ich in
diesem Zusammenhänge daran erinnern, 1) daß der distale Teil des für Chrysochloris so
charakteristischen „dritten Unterarmknochens“ nicht nur bei Necrolestes, Sondern, wie wir
oben (pag. 86) gesehen, auch bei Notoryctes vorhanden ist; ;Z) daß das Chrysochloris-
Gebiß besser mit dem von Notoryctes .als von Necrolestes übereinstimmt.1 Zoogeographisch'
würde die Annahme der Beuteltiernatur von Necrolestes keine größere Schwierigkeiten
bieten , als die seiner Insectivorennatur, da bekanntlich außer anderen Gründen gerade die
Beuteltiere der Santa Cruz-Fauna irgend einen ehemaligen Konnex zwischen Südamerika
und Australien nahe legen.
Ohne also eine Verwandtschaft, zwischen Necrolestes und Notoryctes annehmen zu
wollen oder nur wahrscheinlich zti halten, möchte hier darauf aufmerksam machen, daß
die Übereinstimmungen zwischen Necrolestes und Chrysochloris eb.ensogut bloße Konvergenzerscheinungen
sein können wie diejenigen zwischen letzterer Gattung und Notoryctes, und
daß somit" die Beziehungen des Necrolestes <zu den lebenden Säugern durch das bisher dargelegte
Material keineswegs als Testgestellt betrachtet werden können.
Über die Konvergenz zwischen Chrysochloris und Notoryctes siehe oben pag. 59,,66, 84, ros, 112 und im folgenden.