Was nun den Übergang der Nervenfasern in die Sinneszellen betrifft, so sagt A p a th y
(1898, p. 127), daß die Interfibrillärsubstanz nicht mit in die innervierte Sinneszelle eindringt;
sie verliert sich auf der Oberfläche oder bald unter der Oberfläche der Zelle. Nur die
Neurofibrille tritt in die Sinneszelle, verästelt sich und bildet ein geschlossenes intrazelluläres
Neurofibrillengitter, entweder in der Nähe der Oberfläche der Zelle oder dicht am Kern.
Diese Fibrillenstudien hat A p a t h y an den epidermalen und subepidermalen Sinneszellen
der Hirudineen gemacht, er beschreibt dann noch einen dritten Typus bei den subepidermalen
Sinneszellen von Pontobdella,, wo beide geschilderten Typen zugleich bestehen, nämlich
eine perinucleäre und eine periphere Gitterkugel, die durch radiäre Äste in Verbindung
stehen (1898, p. 137/38)- B e th e hat das Verhalten der Neurofibrillen in den Sinneszellen
an A p a t h y sehen Präparaten von Hirudo studiert und schreibt hierüber .(1903, p. 40)
(ebenso A p a th y 1897, p. 654 ff-): „Die von vielen Neurofibrillen erfüllten rezeptorischen
Fasern teilen sich an der Körperperipheriey wo dann die einzelnen Äste, die immer noch
je eine Fibrille enthalten, mit einer subepithelialen Sinneszelle in direkte Verbindung treten.
In diesen bipolaren Zellen teilt sich die Fibrille in mehrere Äste, die untereinander
Anastomosen eingehen und jenseits des Kernes sich wieder vereinigen, um als einheitliche
Fibrille zwischen die Epithelzellen zu ziehen.“
Über das Verhalten der Neurofibrillen in den Sinneszellen der Arthropoden liegen
leider gar keine Mitteilungen vor, außer einem Befunde von B ä l in t , welcher nach B e th e
(p. 41) (ich habe mir die Arbeit nicht verschaffen können) bei den subepithelialen Rezeptionszellen
der Biene ein ganz identisches Verhalten der Neurofibrille, wie das oben bei Hirudo
geschilderte, nachgewiesen haben soll.
Die Anordnung der leitenden Elemente in den tympanalen Sinneszellen der Acri-
diodeen ist nun so verschieden von den oben wiedergegebenen Befunden, daß es kaum angebracht
erscheint, sie mit diesen in Parallele zu stellen. Während A p a th y wie B e th e
hervorheben, daß vor der Sinneszellengruppe ein sensorisches Bündel sich aufteilt und an
jede Sinneszelle eine Neurofibrille abgibt (>,jede subepidermale Sinneszelle erhält eine Neurofibrille,
nie mehr“ , A p a th y 1897, p. 665), tritt hier, wie schon verschiedentlich erwähnt, die
ganze Nervenfaser an eine Sinneszelle. Solch eine Nervenfaser enthält aber immer, wie
man sich auf Nervenquerschnitten überzeugen kann,- mehrere Neurofibrillen. Nun ist es
eigentümlich, daß sich im E n d a b s c h n i t t d e r N e r v e n fa s e r , scheinbar eine Bestätigung
der A p a th y schen Angaben, im me r nur e in e ä u ß e r s t f e in e a x ia le N e u r o f ib r i l l e ,
um g e b e n von e in em b r e ite n P e r i f ib r i l lä rm a n t e l , vorfindet (Taf. II, Fig. 10 und
Taf. III, Fig. 17 aFi). I)er Perifibrillärmantel hat an dieser Stelle ein eigenartiges homogenes
Aussehen und ist bei Osmium-Präparaten graubraun gefärbt, so daß die Fibrille
schlecht zu erkennen ist; möglich, daß hier eine Einlagerung von Myelin besteht. Eine
künstliche Verklebung der Fibrillen halte ich für ausgeschlossen, weil ich konstant solche
Bilder erhalten habe. Ich kann mir diesen Widerspruch nur so erklären, daß sich die
Fibrillen der Sinneszelle zu einem proximalen Fibrillenstrang oder Afchsenfaden sammeln,
wie sie es ja auch im distalen Fortsatz tun, und daß sich dieser „Achsencylinder“ dann
nach dem Zentralorgan zu wieder auffasert.
Schon ehe die axiale Neurofibrille der Nervenfaser (der proximale Achsenfaden)
in die Sinneszelle tritt, teilt sie sich pinselförmig in eine wechselnde Anzahl von
Fibrillen, welche k e in e b e s t im m t e n to p o g r a p h is c h e n B e z ie h u n g e n zum K e rn
e in g e h e n , s o n d e r n , o h n e s i c h w e i t e r a u f z u s p l i t t e r n , im m e r an e in e r
S e i t e d e s K e r n e s g l a t t d u r c h d ie S in n e s z e l l e h in d u r c h z i e h e n (Fi). Jenseits
des Kernes verlaufen sie im terminalen Fortsatz der Sinneszelle in derselben Weise,
d. h. als Einzelindividueh, und ohne sich zu verästeln, allmählich konvergierend weiter.
Innerhalb der ¡|jmhüllungszelle haben sie sich soweit genähert, daß sie einen axialen
Strang bilden, einen wahren Achsencylinder. Auf Querschnitten kann man anfangs noch
in diesem Achsenstrang die einzelnen Fibrillen erkennen, am oberen Ende des Kernes
der Umhüllungszelle erscheint er uns aber schon als solides Gebilde (Taf. II, Fig. 10 u. n
und Taf. III, Fig. 13, 14, 15 u. 17 Fi, Ax). Nach dem Stift zu verjüngt er sich ganz wenig;
er durchbohrt die Vacuole, t r i t t dan n in d en S t i f t e in , oh ne mit d e s s en W a n d u n g
in B e rü h ru n g zu k om m en, und f in d e t im s o g e n a n n te n S t i f t k o p f s e in En de .
Dieses Gebilde, welches ich als den A c h s e n s t r a n g oder Achsenfaden bezeichne,
tritt immer so ungemein deutlich hervor, daß es schon von S ie b o ld erkannt ist (1844,
p. 54) und bei sämtlichen Forschern, mit Ausnahme von S c hm id t , Erwähnung findet.
G r ä b e r beschreibt den Achsenstrang als einen fadenartigen Fortsatz des Stiftes (1875,
p. 105), den er bis zur Ganglienzelle zurückverfolgen konnte und bezeichnet ihn als peripheren
Achsenfortsatz derselben. Ich kann bestätigen, daß bei schlecht konservierten Präparaten
die Fibrillen fast bis zum Kerne hin zu einem Strang zusammenkleben.
Bei der unregelmäßigen Form der Endschläuche ist es als ein glücklicher Zufall zu bezeichnen,
daß ich in einer 5 |x-Serie von Acridium aegyptic. den ganzen Fibrillenverlauf
auf zwei Schnitten übersehen konnte. Ich habe in Fig. 17 a und b (Taf. III) versucht, diese
beiden Schnitte photographisch genau wiederzugeben. In Fig. 17 a sehen wir in der Nervenfaser
(NF) die zarte axiale Neurofibrille (aFi), welche sich in 7 terminale Fibrillen (als Elementarfibrillen
darf ich sie wohl nicht bezeichnen) teilt (Fi). In Fig. 17 b erkennen wir genau
an der abgeschnittenen Stelle die Fortsetzung der 7 Fibrillen und sehen, wie sie neben dem
noch eben angeschnittenen Kern in grader Richtung nach dem terminalen Fortsatz der
Sinneszelle hinziehen. Hier fehlt ein Teil, des Fibrillenkegels, welcher im vorhergehenden
Schnitt zu suchen wäre; nur eine Fibrille ist unlädiert geblieben, und wir können diese bis
zum Achsenstrang (Ax) hinauf verfolgen.
Fig. 10 (Taf. II) zeigt uns alle Phasen des Fibrillenapparates im Längs- und Querschnitt.
' Besonders instruktiv sind die Querschnitte, denn wir finden hier alle Partien der
Sinneszelle reihenweise geordnet vor. Wenn wir unten anfangend von rechts nach links die
quergeschnittenen Schichten durchgehen, so können wir uns leicht das oben geschilderte
Verhalten des Fibrillenkegels rekonstruieren.
Die Zahl der Fibrillen der Sinneszelle scheint wechselnd zu sein. Bei Mec. gr. und
den übrigen heimischen Acridiodeen habe ich 20— 30 gezählt, bei Acridium aegypticum
höchstens 20, Es ist aber doch wahrscheinlich, daß dort, wo bedeutend weniger Fibrillen
zu sehen sind, wie in Fig. 17, eine Verklebung mehrerer Individuen stattgefunden hat.
Besonders merkwürdig sind die Dickenverhältnisse der Fibrillen, denn jede einzelne
Fibrille der Sinneszelle ist ebenso dick wie die axiale Neurofibrille der Nervenfaser, während
Sie doch, wie man annehmen sollte, nur einen Bruchteil derselben ausmachen dürfte.
Der Achsenstrang hinwiederum, welcher sich bekanntlich nach dem Stift zu etwas verjüngt,