Von der Entwässerung.
Wenn die nahen Flüsse zuweilen höher als der zu entwässernde Bezirk stehn.
a. ) Der Leser wird leicht einsehen, dafs man einen solchen
Bezirk nur entwässern kann , wenn der Flufs niedriger als der
Boden des Bezirkes liegt ; dafs man ihn also gegen den hohen
Strom mit einem Deich beschützen und in diesen Deich Entwässerungs
Schleusen (Siele) anlegen mufs. Am Niederrhein nennt
man ihn einen Polder. Liegt an dem Bezirk eine niedrige Landschaft,
so ist man genöthigt auch gegen diese einen Deich aufzuführen
und so den Bezirk ganz zu umdeichen. Dieser leztere gegen
das Land liegende Deich erhält die Höhe der höchsten Eis-
fluthen. Am Rhein nennt man ihn Landdeich Weil er das Land
gegen Ueberschwemmung schützt.
b. ) In sofern der Bezirk aus Wiesen besteht und das hohe
Winterwasser diesen mehr Vortheil als Nachtheil bringt, gibt
man den vordem Deichen die Höhe des gewöhnlich hohen Sommerwassers.
Sic heifsen defswegen Sommerdeiche und müssen eine
grofse Innere-Böschung, bey guter Erde 4 bis 5 Fufs auf den
Fufs Höhe, haben ; damit das überfallende Wasser sie nicht
durchbreche. Bey lockerer oder sandigter Erde mufs nicht nur
diese Böschung vergröfsert werden, sondern die obere Decke mufs
aus Rasen und guter Dammerde bestehn.
c. ) Um dem überströmenden Wasser ein Gleichgewicht entgegen
zu stellen , so werden die Schleufsen beym wachsenden
Strom geöffnet; das eintretende Wasser füllt also den Polder nach
und nach und bringt ihm, was viel werth ist, eine Menge Schlick
oder fette Erde.
d) Fällt dann der Flufs unter dem Niveau des Binnenwassers
und man kann dieses nicht länger stehn lassen, ohne den W ie sen
und Ländereyen Nachtheil zuzufügen , so werden die Schütze
wieder geöffnet, also der Polder trocken gelegt.
e. ) Der äufsere Graben von dem Siel, nach dem Flufs gehend
— das Aussentief genannt, mufs sich in den Flufs unter einem
spitzen Winkel einmünden, damit derAbflufs des Wassers befördert
und nicht gehemmt werde.
ƒ ) Er mufs von der Natur feste oder künstlichfeste Ufer haben
und tiefer als der Sielboden liegen.
g. ) Das Siel mufs eine vollkommene Weite haben und tief genug
liegen (*), um die Wassermenge des Bezirkes durchzulassen;
oder es müssen öfters mehrere Siele in einem und demselben Polder
abgelegt; wo möglich von Steinen erbaut seyn, damit sie nicht
eingerissen werden und Durchbrüche veranlassen. Auch wird es
öfters nöthig seyn, sie zum Durchlässen der Fahrzeuge grofs genug
zu machen und dann die Vorrichtung zu treffen, dafs das Schütz
hoch genug aufgezogen werden bann. In manchen Fällen wird
man genöthigt seyn, Stemthore, ja Kammerschleusen anzulegen.
Doch von diesen ihrer Construction handle ich im IV- Bande,
beym Schleusenbau.
h. ) Der Abwässerungsgraben und das Aussentief mufs ein.
gröfseres Profil als das Siel haben, damit der Zu-und Abflufs des
Wassers befördert wird. Auch mufs das Siel, wo möglich, der
anbrandenden See durch Höfter; dem Angriff des Stromes aber
durch Vorland entzogen werden.
k.) Diejenigen Gegenden, welche mit hohen Deichen , über
die das Sommerwasser nicht treten kann, Versehen sind und die
von dem Quellwasser heimgesucht werden , sind zu frühe eingedeicht.
Man sollte daher die Einrichtung mit Siele treffen , dafs
sie mit dem trüben Flufswasser überschwemmt werden , denn
das saure Quellwasser verdirbt die besten Wiesen und verwandelt
sie in Moosboden, in Schilf und Rohrlachen. W ie einträglich
sind nicht diejenigen Wiesen am Rhein, welche vor den Deichen
liegen; und wie sauer und schlecht sind nicht die hinter denselben
liegenden? Diese liegen auch niedriger als jene, weil sie der Schlick
des Flufses nicht erhöhen kann. In keinem Lande hat die zu frü-
(*) Welche Weite mehrere Abwässerungs-Schleusen in Holland haben
und wie tief ihr Drempel unter der Fluth liegt, diefs findet der Leser
in der Folge.