war nicht der Reichthum und die Macht von Venetia, Carthago ,
Tirus und der Hansa? Auch die Griechen und Römer erkannten
den Einflufs der Seemacht auf das feste Land: Cicero schrieb daher
an Attikus über die Seerüstungen des Pompejus: «der Plan des
Pompejüs gegen Cäsar ist ganz derselbe, den Themistokles befolgte;
er glaubte, wer Herr des Meeres sey, gebiethe alles. »
Die englische und französische Regierung scheinen ihrem Plane
getreuer zu bleiben, als Pompejus dem seinen. Wenn aber die
letztere ihre Häfen am Canal und der Nordsee, von denen aus die
Landungen auf England unternommen werden müfsten, in E rwägung
zog, so mufste sie überzeugt seyn, dafs es ihr mit denselben
gegenwärtig, bey der vortreflichen Lage der englischen Häfen , bey
der Stärke der englischen Marine, und bei der mittelmäfsigen Beschaffenheit
der französischen Marine und Häfen am Canal eben so
wenig, als mit dem Handel von dem Ozean nach Norden glücken
könne. Sie mufste daher ein anderes Mittel wählen, und den Engländern
den Handelsverkehr mit dem festen Lande erschweren.
Diejenigen, welche die Localität der französischen Seehäfen
am Canal nicht kennen , meynen, dafs die Ausrüstungen beträchtlicher
Seeunternehmungen gegen England in diesen Häfen leicht
ausführbar seyen. Gewifs irren sie sich, denn solche hangen gänzlich
von dem Zustande der Häfen ab. Der grofse Vauban, indem
er von der Wahrheit dieses Satzes überzeugt war, suchte daher,
Dünkirchen zu einem Kriegshafen zu machen. Aber seine Plane
scheinen bey weitem nicht ausgeführt zu seyn, denn der Hafen und
das Bassin is t— bey der offenen, keiner Vertheidigung fähigen,
und den mehresten Windstöfsen ausgesetzten Rhede — zu beschränkt.
Indessen war dennoch England auf diese Anlagen sehr
eifersüchtig, und es wurde Ludwig XIV., beym Utrechter Frieden,
zur Bedingung gemacht, sie schleifen zu lassen, ja sogar unter den
Augen englischer Commissarien. Jetzt ist nun zwar das Bassin
und der Hafen wieder hergestellt, aber in der Hafenstrafse können
nur Fregatten von 4° Kanonen, und blos bey den Springzeiten,
einlaufen , also ist dieser Hafen für England noch nicht gefährlich.
Er bedarf deswegen einer gänzlichen hydrotechnischen Umschaffung,
die ich bey der Beschreibung entwerfen, und mit einer genauen
Karte begleiten werde.
Ehe ich nun die Nachtheile der französischen Häfen näher
erörtere, will ich zuförderst von den Vortheilen der englischen
reden. Längs der englischen Küste treffen w ir , aüfser den Kauf-
fahrdeyhäfen, die Kriegshäfen Plymouth, Portsmouth, und die
Häfen der Themse an. Ramsgate, wenn es gleich keine Flotte
einnehmen kann , ist für Landungsunternehmungen gut gelegen,
welches die Expedition nach Holland bewiesen hat. Fast alle
englischen Häfen haben eine hinreichende Tiefe; gegen Stürme
und feinliche Angriffe sind sie, so wie die Rheden, gesichert. Jene
liegen in das Land hinein, sind also von den Kaps oder Landspitzen
gedeckt, und der herrschende Nordwestwind weht von
dieser Küste, also von den Häfen und Rheden, ab. Der Anker-
Grund auf den Rheden von Nore, BeachyHead, St. Helens, Spi—
thead, und von Plymouth, ist vortreflich. Längs dieser Küste
sind mehrere Buchten, als Torbaye — die dem Seemann zu Zufluchtsörter
dienen. Fast alle die Häfen und Rheden liegen an
schiffbaren Flüssen oder Canälen, woraus grofse Vortheile für den
Handel fliefsen. Die Hafenetablissements sind mit Schiffsdocken ,
Werften, Bassins und Magazinen, von aller Art Baumaterialien
u. dgl. angefüllt, versehen.
Die englische Küste ist auch von derNatur wesentlich dadurch
vor der französischen begünstigt, dafs die Wasserstrafse längs ihr
hinzieht; eines Theils, weil sie vor sich keine Sandbänke noch
Felsenrifs hat; andern Theils, weil sie die Schiffe gegen die herrschenden
Seewinde deckt; und endlich, weil der Seefahrer längs
ihr hin sichere Ankerplätze findet.
Dahingegen ist von Brest bis zum Nieuwendiep in Holland
nicht ein einziger Seehafen anzutreffen, welcher eine grofse Flotte
aufnehmen könnte. Die einzigen Rheden , auf denen die Flotten
sicher stationiren würden: wenn man die Vertheidigungsanstal