der grofse Widerstrom vorüber , dessen wir oben S. 400. erwähnten.
Derselbe führt nicht nur die Kiesel in die Hafenmündung
hinein, sondern er ist auch ein grofses Ilindernifsbeym Aus-und
Einlaufen der Schiffe. Ehe ich indessen zu denjenigen Vorschlägen
, welche nötliig sind um die Häfenstrafse zu verbessern , übergehe,
und bevor wir die übrigen Häfen der Obern-Normandie betrachten,
wird es nöthig séyn
von der Natur der Küste längs, der Obern - Normandie (*}
die Beobachtungen eines Ingenieurs, welcher mehrere Jahre die
Arbeiten zu Dieppe und Havre dirigirt hat, zu benutzen. Es ist
der verstorbene Lamblardie, zulezt Director der Ingenieurschule
des Brücken-und Wegebaues ’zu Paris, der uns ein Memoire sur
les Côtes de la Normandie 1789. hinterlassen hat. Dieses Memoir
hat mir bey meiner Localuntersuchung dieser Küste ( i. July 1800
zum Leitfaden gedient und ich habe die Lamblardiesehen Bemerkungen
über den Gang der Strandkiésel (Galets) ganz bestätigt
gefunden. Herr Lamblardie beschreibt die Küste der Obern-Nor-
mandie zwischen den Mündungen der Sei ne und Somme folgender-
mafsen. Ihre Ausdehnung beträgt etwa 114000 Toisen , die Häfen
, welche an ihr liegen, laufen bey der Ebbe fas-t gänzlich trocken
und die Schiffe können also nur zur Fluthzeit in sie hineinlaufen.
Sie bietbet nicht, wie die englische zurücktretende Bays
und vorstehende Landspitzen, welche natürliche Häfen formiren,
dar , und ist dem herrschende Seewinde , der aus Nordwesten
bläfst, blofsgestellt. Diese Winde flächen die Küste ab, indem
sie die Wogen dagegen anrollen und es haben sich nurzwey Caps
(Landspitzen) nähmlich das von Antifer und das von Ailly, erhalten
können. Gegen jede Bay trennt sich von dem Haup t-Flülh-
strom eine Wassermasse um die Bay auszufüllen ; sie istalso der Aus-
dehnungvon dieser proportional. Diese Wassermasse beschreibt in
' ihrer Bewegung eine mit dem Hauptstrom schiefe Richtung und
tritt daher die Küste erst jenseits der Mündung der Bay, in welcher
'(*) Die Cassinische Karte oder eine andere gute Karte von Frankreich z. B
die Sotzmannsche, wird das Local nachweisen.
also das fluthende i\feer in einer dem Hauptfluth-Strom fast entgegengesetzten
Richtung eintritt. Auf diese Weise entsteht also in
jeder Bay ein grofser Widerstrom.
Der Küstenpunct gegen welchen der Strom zuerst anläuft,
und die Linie Welche denselben von dem Haupt-Fluthstrom
trennt, (die Franzosen nennen sie Lime oder Rodaine) sind
desto weiter von der Mündung der Bay entfernt: je nachdem
die Bay und der Abhang desjenigen Stromes welcher sie ausfüllen
mufs, grofs ist.
Werden diese Grundsätze auf die Bildung des Caps Antifer
angewendet, so ist es gewifs, dafs die Fluthmasse nachdem sie
■ vor das Cap von Barfleur aufg’erollt ist, die Seinemündung , welche
eine grofse Bay formirt, anfänglich vorbeystreicht, und solche
erst nach und nach ausfüllt. Es trennt sich also seitwärts von
der aufwallenden Fluthmasse des Canals ein Strom, der in die
Seine aufläuft. Dessen Geschwindigkeit ist also nicht nur von der
Geschwindigkeit des Haupt - Fluthstromes, sondern auch von
der Neigung, welche zwischen der Höhe des Meers und der Seine
statt findet, wie auch von der Gröfse des Flufsstromes der
Seine abhängig. Auf diese Weise wird die Geschwindigkeit der
Fluthvor dem Cap Antifergeschwächt und es hat diesem geringen
Fluthstrom widerstehen können. Das Cap Ailly hat seine
Existenz andern Ursachen zu verdanken. Ehemals lief es weiter
in das Meer hinein, die Wogen haben aber die Erd- undMergel-
massen , welche in eine peipendiculaire Wand amMeer sich enden
aufgelöfst, und die Feuersteinlagen welche in diesen Massen sich
befanden sind gröfstentheils durch das Abstürzen in kleine Massen
Verwandelt, die sich auf einander abgeschliffen haben. Aufdie-
se Weise sind sie zu Strandkiesel (galets) gebildet worden und
nach und nach von den nordwestlichen Wogen längs der Küste
hingerollt. Die auf den Strand gestürzten Massen von Sandstein,
so wie die grofsen Feuersteinmassen, sind liegen geblieben. Diese
theilen nun die anlauffenden W'ellen und mäfsigen ihre Gewalt
dergestalt, dafs sie das Cap von Ailly auf welches im Jahr 1775