
in den vorderen Teil des Eies eingeführt worden ist. Zweifellos sind die Bakterien lange
nach den beiden anderen in das symbiontische Verhältnis auf genommen worden und haben
bei der Infektion der Eier einen neuen Weg beschreiten müssen. Merkwürdig ist auch,
daß die langen Fäden von Fj keine besondere Umgestaltung erfahren, die sie zum Transport
in den Nährsträngen geeigneter machten. —
Selbstverständlich erhebt sich nun die Frage, ob nicht bei allen zur Fulgoragvwppe
gehörenden Formen die m-Bakterien über ein Filialmycetom den vorderen Eipol infizieren.
Von FB konnte nur ein Cf untersucht werden, F q besitzt kein Bakterienorgan und
von F n und F 0 liegen mir nur jüngere Larven vor, bei denen von Ovarialmycetomen oder
irgendwelchen Anhaltspunkten für ihre Bildung nichts zu sehen ist, so daß ich mit Sicherheit
über ihr Vorkommen bei diesen Formen nichts aussagen kann, weil es immerhin
möglich wäre, daß die Ovarialmycetome erst auf späteren Larvenstadien angelegt werden,
obwohl eine Andeutung in dieser Richtung wohl sicher zu erkennen wäre. Es scheint also,
als ob dieser Infektionsmodus nur auf einzelne Formen beschränkt ist, was ja bei der Uneinheitlichkeit
der m-Organe nicht allzu verwunderlich wäre. — Die Verhältnisse bei
Fulgora europaea (Abb. 103) bestärken mich in gewissem Sinne in dieser Annahme. In den
Ovariolen von Fulgora europaea finden sich nämlich unter den Nährkammern ebenfalls
Gebilde, die — bisher zwar übersehen doch auf den ersten Blick als besondere, nicht
unmittelbar zur Eibildung gehörige Elemente zu erkennen sind und die im Vergleich mit
den Ovarialorganen von Fulgora confusa und Fi ohne jeden Zweifel als Mycetome angesprochen
werden müssen, wenn sich auch in ihnen Symbionten weder bei Lebendpräparationen,
noch in Ausstrichen, noch mit den verschiedensten Färbemethoden bisher nach-
weisen ließen. Das Organ liegt wie in den anderen Fällen als rundlich breit ovaler Körper
dicht unter der Nährkammer, umgeben von den jüngsten Ovocyten und dazwischen
eingestreuten Follikelzellen. Nähr plasmastränge streichen dicht vorbei. Im ganzen ist es
nur wenig kleiner und unscheinbarer als bei Fulgora confusa und Fi, was sich aus der
fehlenden Symbiontenfüllung leicht erklärt. Ein besonderes Epithel ist nicht zu erkennen,
jedoch ist nach außen stets eine scharf begrenzte Oberfläche ausgebildet. Das Innere besteht
aus einem sehr gestört anmutenden Verbände stark vakuolisierter, i syncytial miteinander
verflossener Zellen, deren chromatinreiche, oft abgeflachte Kerne zum Teil
pyknotische Degenerationserscheinungen zeigen. Das körnige Plasma ist auf kleine
Schmitzen in der Umgebung der Kerne beschränkt, während der größte Teil des Raumes
von einem Kammerwerk dünnwandiger Vakuolen ausgefüllt
ist, die zum Teil kollabieren oder doch nicht prall gedehnt
sind. Symbionten sind nicht nachweisbar, wenn auch die
zerknitterten Vakuolen wände oft Fädchen und körnige Zerfallsderivate
der Kerne kleine Kügelchen vortäuschen mögen.
Daß die stäbchenförmigen Bewohner des m-Organs
nicht über dieses Mycetom den Weg in die Ovarialeier
nehmen, zeigt der Symbiontenballen am hinteren Eipol
ablagereifer Eier (Abb. 104), in dem diese Stäbchen neben
den Infektionsformen des R- und a-Organs als Füllmasse
und zwar meist in der unteren Hälfte auftreten. Sie sind
Fig. 8. Fulgora europaea L., 9 , Sym- a u c j1 ^ ¿ e r Follikelinfektion zu beobachten und konnten
bionten des Symbiontenballens, isoliert, • ,
nach dem Leben. Rektal- (R), a- und im Leben aus dem Symbiontenballen m Ringerlosung menr-
m-Symbionten. fach isoliert werden (Fig. 8). Aus diesen Tatsachen, sowie
aus dem histologischen Bild der Ovarialmycetome muß man zwangsläufig schließen,
daß die stabförmigen B akterien wahrscheinlich früher über die Filialmycetome in den Ovariolen
von oben her die Eier infiziert haben, daß sie aber später aus nicht mehr erklärbaren
Ursachen diesen Weg verlassen und sich den anderen Symbionten auf dem vielleicht rationelleren
Weg, über die Keilzellfollikel als Einfallstore, in den hinteren Eipol angeschlossen
haben. Indessen legt der Wirtsorganismus noch immer die Ovarialmycetome an, die jedoch
infolge der Nichtbenutzung seitens der Symbionten nicht ihre volle Organisationshöhe erreichen,
indem sich die Zellen nicht mehr vollständig auf den Außenrand zurückzuziehen
vermögen, die Zellfusion nur teilweise durchgeführt wird und die Kerne pyknotisch degenerieren.
Zugleich ist dieser Fall wieder ein guter Beweis dafür, daß die intrazelluläre
Insektensymbiose nicht mit einem befriedeten Parasitismus zu vergleichen ist, sondern daß
der Wirtsorganismus nicht nur souverän das symbiontische Verhältnis überwacht, sondern
auch von sich aus sinnvolle Einrichtungen für die Symbionten schafft, die von vornherein
nicht in seinem B auplan liegen und die auch dann noch entwickelt werden, wenn der
unmittelbare Auslösungsreiz von den Symbionten fehlt, die also offenbar erblich in sein Reaktionsschema
eingefügt und fixiert sind. —
An dieser Stelle muß ich noch einmal auf das m-Organ von Fulgora europaea ein-
gehen, weil es doch zu den Ovarialmycetomen in einer besonderen Beziehung steht oder doch
gestanden hat. Es ist von S u l c völlig übersehen worden und auch von B ü c h n e r meines
Erachtens nicht erschöpfend genug geschildert worden, da er nur nach HEIDENHAIN-Präpa-
raten urteilte. Es weicht schon in seiner flach schüsselförmig das Mitteldarmschlingenkon-
volut von hinten umfassenden Gestalt beträchtlich von den Bakterienorganen der übrigen
Fulgorinen ab. Ein besonderes Epithel fehlt (Abb. 97 a) und wird nur streckenweise von
peritonealen Membranen des Mitteldarmes vorgetäuscht. Infolgedessen ist auch der Zusammenhang
der wenigkernigen, nur stellenweise syncytial verschmolzenen Mycetocyten oft
außerordentlich locker. Nicht nur Tracheen und Tracheolen drängen sich tief in ihren Verband
ein, sondern auch sterile Fettzellen und andere Elemente. Im ganzen h a t man deutlich
den Eindruck, daß das Organ nichts weiter ist als eine unscharf begrenzte Ansammlung
von mit Bakterien infizierten Fettzellen. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die
rundlich polygonalen Zellen, die allenthalben, einzeln oder in Gruppen zwischen die Bak-
teriocyten eingestreut sind, oft aber auch außerhalb des eigentlichen Mycetoms in der näheren
Umgebung liegen. Ih r Inhalt ist ein lockeres, bröselig scholliges, helles, plasmatisches
Gerinnsel, in dem besondere Formelemente nicht zu unterscheiden sind. Bei Hämalaunfärbung
treten diese Zellen deutlich hervor, während sie mit Eisenhämatoxylin nur unscharf
darstellbar sind. Sie treten in beiden Geschlechtern in gleicher Weise auf, können
also nicht etwa als den Infektionshügeln homologe Gebilde aufgefaßt werden. Möglicherweise
handelt es sich um einen färberisch schlecht erfaßbaren vierten Symbionten, obwohl
auf Ausstrichen und im Leben auch nichts zu sehen ist (Abb. 97 b). Immerhin muß man hier
die Möglichkeit einer Beziehung zu den Ovarialmycetomen offen lassen.
Die I n f e k t i o n am h i n t e r e n E i p o l der Ovarialeier wurde bei Fulgora europaea näher verfolgt und zeigt
gegenüber den gewohnten Verhältnissen keine Besonderheiten. Sie ähnelt dem Modus, den ich bei den Achilinen geschildert
habe. Schon vor dem Eintreffen der ersten Symbipnten hebt sich der Keilzellfollikel flach linsenförmig von
dem abgeplatteten Eipol ab. Zunächst werden die außen liegenden, in radiale Richtung umgeschwenkten Keilzellen besiedelt,
zuerst die peripheren, später die zentralen Teile. Darauf findet in den Keilzellen eine Vermehrung der Symbionten
statt, die alsbald in den sich vertiefenden Hohlraum übertreten und von Eipol und Follikel zu einem kugeligen
Symbiontenballen geformt werden. Dieser wird von einer schmalen Plasmaschicht umgeben und sinkt etwas in den Dotter
ein, so daß er schließlich die Eioberfläche nicht mehr berührt. Deutlich sind stets die größeren, plumperen, fast kugeligen
Infektionsformen der a-Organe von den schlankeren, kurzschlauchförmigen und kleineren Symbionten des Rektal-
Zoologiea, Heft 98. |