
stiilpungen vereinigten sich miteinander; ebenso geschah das mit den atrialen Einstülpungen.
Bei der Vereinigung von Atrium und Ventrikel bilden sich zwei atrio-ventrikulare
Öffnungen. Atrium und Ventrikel sind also ursprünglich paarig, und das Herz ist an der
dorsalen Seite offen. Bei N ematomenia banyulensis (P ru v o t ) und Dondersia festiva Hu-
b r ec h t fehlen die perikardialen Ausläufer, und die atrialen Einstülpungen sind hier Bildungen
der dorsalen Perikardwand. Auch kommunizieren Atrium und Ventrikel hei diesen
beiden Arten nur an der dorsalen Seite, sodaß atrio-ventrikulare Öffnungen noch fehlen.
Bei N. banyulensis (PRUVOT) u . a. ist der Ventrikel kranial paarig; bei Simrothiella
norvegica Od h n e r sind paarige Atria vorhanden. Die Herzentwicklung ha t sich nach
verschiedenen Richtungen entfaltet und das Herz ist, weil es eine Einstülpung des Perikards
ist, in Entwicklung begriffen. Von dieser Entwicklung liegen verschiedene Stadien
vor. Hierbei sind Zustände, wie die auf Paarigkeit hindeutenden und wie Befestigung
des Herzens an der dorsalen Perikardwand, primitiv zu nennen. Von einer Entstehung
des Solenogastren-Herzens aus einem Cbifow-ähnlichen Herzen durch Reduktion kann nicht
die Rede sein, weil bei einer solchen Vereinfachung niemals die von N ier stra sz beschriebenen
Herzformen erklärbar würden. Dasselbe kann man von H e a th ’s Auffassung behaupten.
H ea th meint (9, S. 252): “To me it appears clear th at the dorsal bloodvessel in
the pericardial region has been provided with a highly developed muscular coat, has thus
become a pulsatile organ which frequently comprises two divisions, a ventricle and auricle
or atrium, as certain authors prefer to term it.” Wie sich aus einer solchen Muskelbekleidung
die verschiedenen Herzformen entwickelt haben sollen, ist nicht recht zu verstehen,
und das ist eben der Verdienst N ier stra sz ’, daß er die Entstehung des Herzens in seinen
verschiedenen Modifikationen verständlich gemacht hat. Nun kann man über die Interpretierung
der Tatsachen verschiedener Meinung sein, die Tatsachen selbst stehen jetzt wohl
fest. Wenn H ea th denn auch schreibt (9, S. 253): “The impression given is th at the heart
is a relatively simple tube, usually with two divisions, sometimes sacculated, but I have
never found more than one auriculo-ventricular opening or any other evidence to show that
the heart is a paired organ”, kann ich ihm nicht beistimmen. Frl. van L ummel (18, S. 372)
ha t bei einigen Arten auch die beiden atrio-ventrikularen Öffnungen aufgefunden, und ich
habe mich, wie aus dem deskriptiven Teil hervorgeht, davon überzeugen können, daß N ie r strasz’
Beobachtungen richtig sind. Mit F rl. van L ummel bin ich denn auch einverstanden,
wenn sie schreibt (18, S. 372): „Ohne Zweifel wird man bei genauem Studium der pazifischen
und atlantischen Formen von Nord-Amerika ebenso Verhältnisse antreffen, welche mit
denen der von N ier strasz behandelten Tiere übereinstimmen.“ Frl. van L ummel hat aber
kein Recht, wenn sie behauptet, daß die atrialen Anlagen durch Einstülpung der medianen
Wände der Gonodukte entstehen (18, S. 372), und daß bei Hyyomenia nierstraszi VAN L ummel
die perikardialen Ausläufer in diesem Falle die Bildung dieser Einstülpungen übernommen
haben. Wo perikardiale Ausläufer vorhanden sind, bilden diese an ihren medianen
Seiten die atrialen Einstülpungen, und wo sie fehlen (Nematomenia, Dondersia) übernimmt
die dorsale perikardiale Wand diese Funktion. — Gefäße fehlen den Solenogastren im
allgemeinen; nur die Chaetodermatidae besitzen ein dorsales Rückengefäß.
N ier strasz ha t schon erörtert, daß von einer Metamerie des Körpers der Solenogastren
nicht die Rede sein kann, weil ihnen ein Zölom fehlt (S. 77). Deutlich ist aber eine
Pseudo-metamerie bei den Solenogastren wahrzunehmen. Der Mitteldarm bildet Mitteldarmtaschen,
die Gonaden ebenso seitliche Ausbuchtungen. Es ist nun ein gewisses Bestreben
vorhanden, diese Bildungen zu ordnen. Dasselbe gilt für das Nervensystem und die
transversale Muskulatur. Jedes Organsystem ordnet sich in seiner Weise und unabhängig
von den übrigen Organen, was daraus hervorgeht, daß z. B. Darmtaschen und Gonadenausstülpungen
nicht koinzidieren, ebensowenig wie die Pseudometamerien des Mitteldarmes
und des Nervensystems.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Organe der Solenogastren sich im Sinne einer
Progression entwickelt haben. Integument, Kiemen, Nervensystem, Radula, Mitteldarmdrüse,
Genitalorgane und Herz, also der ganze Körperbau, zeigt diese Progression. Vereinzelt
kann natürlich Regression auftreten, wie es z. B. bei der Radula einiger Formen der
Fall ist, doch tu t dies dem allgemeinen Prinzip einer progressiven Entwicklung keinen Abbruch.
Eine Ableitung der Solenogastren von Chitonen oder Chiton-ähnlichen Formen im
Sinne einer Regression, wie L am e e r e (16, S. 19) es neuerdings noch ausspricht, ist somit
entschieden zurückzuweisen. Vieles spricht jedoch dafür, daß beide Gruppen sich aus gemeinschaftlichen
Stammformen in verschiedener Richtung entwickelt haben. H o f fm a n n hat
diese Frage ausführlich beantwortet (12, S. 390—420), indem er in vorzüglicher Weise
einen Vergleich zwischen Solenogastren und Chitonen durchführt. Da ich im großen ganzen
auch mit H o f fm a n n ’s Argumentation einverstanden bin, kann ich hier auf seine Auseinandersetzungen
hinweisen. Aus diesen Betrachtungen H o f fm a n n ’s geht deutlich hervor,
daß beide Gruppen auf gemeinsame Vorfahren zurückzuführen sind, weil sie in ihren Bauplänen
Übereinstimmung zeigen, und daß sie sich in progressiver, aber verschiedener Richtung
entwickelt haben. Die Unterschiede zwischen beiden Gruppen sind zu groß, als daß
eine direkte Ableitung der Chitonen, welche höher entwickelt sind als die Solenogastren,
aus letzteren möglich wäre. Obgleich sich also beide Gruppen auf gemeinsame Vorfahren
zurückführen lassen, so ist es doch fraglich, ob Solenogastren und Chitonen in einer Klasse,
den Amphineura, zusammengefaßt werden können. Die gemeinsame Abstammung geht
besonders aus der unverkennbaren Übereinstimmung im Bau des Integuments, des Nervensystems
und des Perikards mit dem Herzen und den Ausführungsgängen hervor. Die Solenogastren
haben denn auch in den Chitonen ihre nächsten Verwandten! Der Übereinstimmung
im Bauplan stehen aber so große Unterschiede gegenüber, daß ich mit H o f fm a n n
(12, S. 424) die Klasse der Amphineura auf lösen möchte. Hierfür spricht in erster Linie
das Fehlen von Fuß, Mantelhöhle und Schale bei den Solenogastren; aber auch die übrigen
Organe weichen, wie H o f fm a n n s o deutlich hervorgehoben hat, in so vielen Hinsichten
von denen der Chitonen ab, daß die Kluft zwischen beiden Gruppen zu groß ist, um sie in
einer Klasse zu vereinigen. Ich kann H o f fm a n n aber nicht beistimmen, wenn er die Solenogastren
von den Mollusken loslösen und in den Kreis der Würmer stellen will (12, S. 424),
wie es auch T h i e l e (38, S. 436) und O d h n e r (26, S. 65) tun. H o f fm a n n sieht aber auch
noch eine andere Möglichkeit, wenn er schreibt (1 2 , S. 425): „Eine Zuteilung der Solenogastren
zu den Würmern ist nicht unbedingt notwendig, doch stellen sie eine Übergangsform
zwischen Würmern und Mollusken dar, der essentielle Molluskencharaktere noch fehlen,
sodaß eine Zuordnung zu den Würmern bzw. eine Loslösung von den Mollusken wünschenswert
erscheint.“ Der Zweifel, welcher aus H o f fm a n n ’s Worten spricht, ist begreiflich. Die
Solenogastren sind m. E. primitive Formen, welche schon durch das Fehlen von Fuß,
Mantelhöhle und Schale tief an der Wurzel des Molluskenstammes stehen, und es ist auch
mehr eine Sache des Gefühls als der Vernunft, ob man die Solenogastren den Würmern
oder den Mollusken zurechnen will. F ü r mich liegt die Betonung nicht so sehr darauf,