
rungen nur noch allmählich heran, indem sich ihre Symbionten in strengster Abhängigkeit
vom Wachstum des Wirtsorganismus stetig vermehren.
19. Es wird nachgewiesen, daß sich die bisher so rätselhaften Riesensymbionten der
X-Organe, die keine Infektionsstadien in die Ovarialeier entsenden, durch allmähliches
Wachstum während der Embryonal- und Postembryonalzeit aus den Abkömmlingen der
Rektalsymbionten entwickeln, die in dem nur im weiblichen Geschlecht vorkommenden
Rektalorgan gebildet und regelmäßig auf alle Eier übertragen werden, aber schon bald
nach der Umrollung des Embryos ihre Teilungsfähigkeit verlieren (Abb. 225).
20. Nur in den weiblichen Embryonen zerfallen im Bereich einer sich vorübergehend
dem X-Organ anlegenden Mitteldarmschlinge einige der jungen Riesensymbionten zu teilungsfähig
und klein bleibenden Wandersymbionten, die in den Mitteldarm übertreten und
hier ein provisorisches Mycetom bilden.
21. Schon bald danach, kurz vor dem Schlüpfen des Embryos, zerfällt das Darmorgan
wieder und entläßt die Wandersymhionten in das nunmehr gebildete Mitteldarmlumen, in
dem sie, von den einsetzenden Darmkontraktionen getrieben, analwärts wandern, bis sie
oberhalb der Valvula pylorica von einer aus haarartigen Plasmaprotuberanzen der Darmepithelzellen
gebildeten Symbiontenreuse aufgefangen und durch einen Ringspalt im Darmepithel
in die Ringfalte der Valvula pylorica geleitet werden, wo sie bereitgestellte Zellen
besiedeln und somit das Rektalorgan gründen.
22. Das Rektalorgan ist als Filialorgan des X-Organs zu betrachten, das die Aufgabe
hat, einen Stamm klein- und damit infektionstüchtig bleibender Symbionten (Infektionsformen
I. Ordnung) aufzunehmen, aus denen mit E in tritt der Geschlechtsreife die endgültigen
Infektionsformen (II. Ordnung) gebildet werden können, wenn die zu Riesensymbionten
hypertrophierten X-Symbionten dazu nicht mehr fähig sind.
23. Die Zahl der Mycetocyten, die das Rektalorgan auf bauen, ist fü r jede Art konstant
und kann als Speziesmerkmal Verwendung finden. Ähnliche Konstanzverhältnisse werden
für andere Mycetome und evtl. auch für die Symbionten vermutet. Sie können als Beweis für
die Kontrolle angesehen werden, die der Wirtsorganismus über seinen Symbiontenbestand
ausübt.
24. Soweit aus morphologisch-anatomischen Befunden zu erkennen ist, fallen die Beziehungen
zwischen den Fulgoroiden und ihren Bewohnern unter den Begriff der helotistischen
Symbiose, bei der beiden Pa rtn ern .gewisse Vorteile erwachsen, der Wirt, die Zikade,
aber einen beherrschenden und regulativen Rang einnimmt. Daß es sich nicht nur um einen
befriedeten Parasitismus, um eine immunitas non sterilisans handelt* beweisen die zahlreichen
Vorkehrungen des Wirtsorganismus, sich einen gewissen Symbiontenbestand zu erhalten
und auf seine Nachkommen zu übertragen (Ovarialeiinfektion, Bildung von Filial-
mycetomen, Symbiontenreuse usw.).
25. Eindeutige Beziehungen der einzelnen Symbionten zu bestimmten systematischen
Gruppen der Fulgoroiden sind, mit Ausnahme der Begleitsymbionten, nicht festzustellen.
Dagegen zeigen die im wesentlichen auf konstitutionellen Eigenschaften des Wirtsorganismus
beruhenden Eigentümlichkeiten ihrer Wohnstätten (Mycetome) und die Art und Weise
der Übertragung auf die Nachkommen in den einzelnen systematischen Kategorien oft
durchaus charakteristische Züge, die im einzelnen auch bei der systematischen Diagnose Verwendung
finden könnten.
. 26. Die Phylogenie der Fulgoroidensymbiose ist vorläufig fast völlig unaufklärbar.
Nur eine gewisse Reihenfolge in der Aufnahme der Symbionten (Haupt-, Neben-, erster,
zweiter, dritter Begleitsymbiont) ist wahrscheinlich, da offenbar die bereits aufgenommenen
Symbionten mindestens indirekt einen weitgehenden Einfluß auf die Auswahl und den E rwerb
der folgenden ausüben. Der Dualismus von je zwei m iteinander vikariierenden Haupt-
und Nebensymbionten in fast allen Familien und Unterfamilien ist nur durch Parallelinfektion
oder einseitige Verdrängung zu erklären.
27. Halbparasitische oder kommensalische Mikroorganismen werden mehrfach in Fulgoroiden,
besonders in bereits von Symbionten bewohnten Geweben angetroffen und deuten
darauf hin, daß und auf welchem Wege etwa noch weitere Symbionten erworben werden.
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