
Vorkommen, so doch nicht im gleichen Biotop, und die Bindung an einen bestimmten Ablagebiotop
scheint auch bei den streichenden und wandernden Pieridenarten im allgemeinen
sehr fest.
Die Rhodocerini, der morphologisch am meisten spezialisierte Tribus der Pierini, sind
nach ihrer Chemotaxis die am wenigsten einheitliche Gruppe. Sie sind im ganzen durch
Neigung für Papilionatae charakterisiert, aber die einzelnen Gattungen für verschiedene
Sektionen dieser großen Familie. Gonepteryx steht mit der Spezialisation für Rhamnus
abseits. Terias, anscheinend die am wenigsten zur Fixierung gekommene Gattung, macht
auch chemotaktisch die meisten Ausschläge (s. Tabelle S. 27: hecabe). Interessant ist, daß
die einzige altweltliche, aber gegenüber den neotropischen Vertretern spezialisierte Dis-
morphiine20)j Leptidea, also Vertreterin einer ändern Subfamilie, sich wie Colias (spezialisierte
Rhodocerine) verhält, was berechtigt, von einer (landschaftsbedingten?) gleichgerichteten
Chemotaxis zu sprechen.
c) Chemismus der N ährpßanzen (Spalte 3 der Tabelle S. 28).
Im allgemeinen läßt sich bei der Nahrungswahl der Pieriden Anpassung an Glykoside
erkennen. Sie ist bei den ursprünglichsten Pierinen, Eucheira und Neophasia (1 spec.)
genügend deutlich. Bei der zweiten Neophasia und der Gruppe um Delias scheint der
prozentuale Anteil des Glykosids unwesentlich. Allein bei Mahonia-Berberis, fü r die sich
die hochgebirgsbewohnenden und meist kleinräumigen zentralasiatischen Aporia spezialisiert
haben, sind sie noch nicht nachgewiesen21). Nur eine Aporia, crataegi L.,’h a t mit der
Verlegung des Vertikalareals in tiefere Räume einen ernährungsphysiologischen Sprung
in ein anderes Chemoareal vollzogen. Parallel damit ist es ihr, im Gegensatz zu ihrer für
immergrüne Berberis spezialisierten Hochgebirgsverwandtschaft, -gelungen, die ganze
Holarktis zu erobern.
Capparidaceae oder Cruciferae, für die sich die Hauptmasse der Pierini und Euch-
loini entschieden haben, führen als charakteristische Sonderstoffe Senfölglykoside. Diese
sind bisher nur noch von Reseda (den Cruciferen nahestehend) und Tropaeolum (weder
mit Cruciferen noch Reseda verwandt) gemeldet, also von den beiden Pflanzengattungen,
die außer Capparidaceae und Cruciferae von den Pierini (Pieris pt., Tatochila) noch angenommen
werden. Eine interessante Bestätigung, daß die genannten Sonderstoffe der die
Auswahl bedingende Faktor sind. Es läß t sich mithin sagen, daß die Nähr pflanzen wähl
bei der großen Masse der rezenten Pierini und Euchloini, sowie bei den am meisten u rsprünglichen
Rhodocerini durch die Spezialisation für Senfölglykoside gekennzeichnet ist.
Die eine der beiden spezialisierten Hauptgruppen der Rhodocerini (Gonepteryx, Ca-
topsilia, Terias, sehr wahrscheinlich auch Dercas) ha t sich für Anthraglykoside spezialisiert,
die tropischen Vertreter haben sie in Cassia, die in den Randgebirgen Zentralasiens
beheimateten (Gonepteryx, Dercas) in Rhamnus bzw. Dalbergia gefunden. Die Papilionatae
Genisteae und Vicieae, der sich die andre Hauptgruppe der Rhodocerini und Leptidea zugewandt
haben, sind 'biochemisch zu wenig bekannt, um etwas über die ihnen gemeinsamen
Stoffe aussagen zu können.
Abl a g e b i o t o p . Unter Aporia (Metaporia) und Delias, den stammesgeschichtlich
ältesten des am wenigsten spezialisierten Tribus (Pierini), sind Ablage- und Flugbiotop
20) Nährpflanzen neotropischer Vertreter sind nicht bekannt.
21) Was. bei der geringen Aufmerksamkeit, die der Chemismus des Pflanzenblattes bisher gefunden hat, nicht viel
besagen will.
identisch, am ausgesprochensten bei A. largeteaui, Delias belladonna und D. hyparete.
Auch von Pieris naganum cisseis, der wohl am meisten ursprünglichen eurasiatischen
Pieris, die den unterholzreichen schattigen Hochwald nicht verläßt, kann die Identität
von Ablage- und Flugbiotop mit Sicherheit angenommen werden. Pieris (Synchloe) cani-
dia, die einzige Pieris im Gebiet, die Kulturfolgerin geworden ist, legt zwar im südchinesischen
„Winter“ in der Kulturebene ab, also da, wo sie herumstreicht und herumstreichen
kann, weil Brassica-Arten dort ausschließlich oder ganz überwiegend Winterfrucht sind,
und die niedrigen Nasturtium und Cardamine, in Zeiten üppigen Wachstums überdeckt,
dann optisch, vielleicht auch chemotaktisch mehr zur Geltung kommen. In der heißen
Zeit aber, deren meteorologische Verhältnisse über das Optimum ihrer an paläarktische
Verhältnisse angepaßte Physiologie hinausgehen, wandert sie zu einem erheblichen Teile
in bewaldete und bebuschte Mittelgebirgslandschaften ab und legt dort ab, wo Waldränder,
Baumgruppen, Gebüsche wenigstens einen Teil des Tages Schatten geben. Die tropische
Cepora, die auch in der heißen Zeit gelegentlich in der Kulturebene umherstreicht, ist hinsichtlich
des Ablagebiotops Wald- oder Baumschattentier geblieben. Auch bei paläarkti-
schen Kulturfolgern, wie P. rapae, ist augenfällig, wie sie gerade in versteckten Ecken
und Winkeln von % geschlossenen Frühbeeten als ^Unkraut“ wachsenden Futterpflanzen
mehr oder weniger schattiger Orte zu finden weiß, und in der Findigkeit der an sich mehr
waldbewohnenden P. napi nicht nachsteht.
Von den drei Gattungen der Euchloini im Gebiet fällt bei Anthocharis im allgemeinen
Flug- und Ablagebiotop (Waldrandlandschaft) zusammen. Ixias und Hebomoia, die als
Imagines ausgesprochen sonnenfreudig sind, werden im Ablagedrang ebenso ausgesprochen
schattenliebend (eine Parallele zum Verhalten von Papilio paris, dem Hebomoia
auch in der Puppengestalt recht ähnlich ist). Der Ablagebiotop von Ixias, Hebomoia und
Cepora ist identisch - 3 man findet zuweilen die Eier aller drei Spezies auf dem gleichen
Capparis-Busche ¡¡1-, der Flugbiotop nicht; die Spezialisation hinsichtlich des letzteren ist
also größer.
Unter den Rhodocerini ist bei der Gruppe Gonepteryx-Dercas die Identität von Flug-
und Ablagebiotop offensichtlich. Die unruhigen und wandernden Catopsilia fallen unter
dem Trieb der Eiablage in Ombrophilie und legen — wie schon vorn gesagt — im Schatten
von kleineren und größeren Baumgruppen oder überhaupt im Schutz von Waldschatten
ab.
F ür Terias scheint lichter Buschwald mit Hochstämmen bevorzugter Flug- und Ablagebiotop.
In der kühltrockenen Zeit ziehen sie sich — als Tropentiere 11 in die wärmere
Kulturebene und legen hier ab, weil in d e r Jahreszeit eben nur deren Temperaturen
die zur Ablage notwendige physiologische Energie ermöglicht. Aber d a ß T e r i a s (hecabe,
brigitta) a u f . d e r B l a t t o b e r s e i t e a bl e g e n , b e z e ugt , d a ß a u c h i h r A b l a g e b
i o t o p u r s p r ü n g l i c h d e r Wa l d - o de r B u s c h s c h a t t e n i s t : kein Schmetterlingsei
v e rträgt ungeschützt die unmittelbar einwirkende Tropensonne.
A b l a g e f o r m . Bei den familiengeschichtlich ältesten amerikanischen (Eucheira,
Neophasia), eurasiatischen (Aporia) und indoaustralischen Genera (Delias) — sehr wahrscheinlich
auch bei den amerikanischen primitiven Catasticta, Pereute, Melete, sowie den
afrikanischen Mylothris — als Gelege von (6—)20—70 (—200), meist etwa von 30 bis
40 Stück. In der Gattung Pieris erfolgt nur bei der familiengeschichtlich am. meisten u rsprünglichen
Untergattung Pieris (brassicae, sehr wahrscheinlich auch naganum) die Ab