
europaea müssen in diesem Zusammenhang erwähnt werden, wenn es auch nicht sicher ist,
ob hier eine Symbiontensorte völlig eliminiert worden ist oder sich nur andere W ohnstätten
gesucht hat (m-Symbionten). Die Verhältnisse bei den brasilianischen Fulgora-Arten sprechen
fü r das letztere. Jedenfalls zeigen diese Fälle, daß die Reaktionen des Wirtsorganismus
auf die Symbionten auch noch nach dem Ausscheiden derselben mit größter Treue ablaufen,
so daß ein Vergleich der Symbiose mit der Gallenbildung höherer Pflanzen nicht
berechtigt ist. Die Auflösung des provisorischen Darmorgans am Ende der Embryonalentwicklung
Riesensymbionten führender Fulgoroiden kann ebenfalls nur als aktive Maßnahme
des Wirtsorganismus' aufgefaßt werden, wie ich an der betreffenden Steife im speziellen
Teil ausführlich zu beweisen suchte, ebenso wie die strenge Kontrolle der Myceto-
cytenzahl in den Rektalorganen (siehe Fulgora und Crepusia nuptialis).
Daß der Wirtsorganismus jedoch gewöhnlich die Symbionten nicht vernichtet, kann
nur damit begründet werden, daß er irgend einen uns vorläufig unbekannten Vorteil aus
ihnen zieht. E r sorgt im Gegenteil dafür, daß rechtzeitig ein Uberschuß mfektionstuchtiger
Stadien produziert wird, die er seinen Nachkommen mitgeben kann, ja er regt diese Vorgänge
an, lange bevor seine Geschlechtszellen heranreifen, ebenso wie er lange vor dem
Eintreffen der Infektionsstadien besondere Zonen der Eifollikel, die Keilzellen, zu ihrem
Empfang vorbereitet.
Freilich ziehen zweifellos auch die Mikroorganismen gewisse Vorteile aus dem sym-
hiontischen Wechselverhältnis; wie könnten sie sich sonst durch die zahllosen Generationen
hindurch so unverändert und uniform erhalten haben, daß man sie in den systematisch fernstehendsten
Unterfamilien ihrer Wirte immer noch wieder erkennen kann. Das wenigste,
was der Wirtsorganismus neben Wohnung und Kost ihnen auf jeden Fall bietet, ist zweite -
los die Konstanz der Milieubedingungen. Sie ist vermutlich auch fü r das völlige leh le n
der geschlechtlichen Fortpflanzung bei den Symbionten verantwortlich zu machen; denn
bekanntlich zeigen auch künstlich unter konstanten Außenfaktoren gehaltene Protozoenkulturen
den gleichen Ausfall regenerativer Prozesse, Wie speziell diese- Faktoren sind,
wie eng die Anpassung der Symbionten an die physiologischen Bedingungen m den Wirtszellen
ist, beweisen die Mißerfolge, die bisher jeden Versuch, Zikadensymbionten m vitro
zu züchten, begleitet haben; und die exakten Untersuchungen R e s u h r s an a-Symbionten
von Philaenus und Cicadella viridis haben denn auch überraschend extreme Werte tu r
einige der physikalisch-chemischen Faktoren dieses Milieus (ps, osmotischer Wert) geliefert.
Eigentlich ist es ja von vornherein zu erwarten, daß Mikroorganismen, die so lange un
ausschließlich in einem fremden Gewebe leben, schließlich in eine Abhängigkeit von diesem
geraten, die an die Korrelationen grenzt, welche zwischen den Zellen und Geweben dieses
Wirtes bestehen. Daß ein lebhafter Stoffaustausch zwischen Wirtsgewebe und Symbionten
stattflndet, beweist die überaus reiche Tracheenversorgung der Mycetome und die Anreicherung
von Pigmenten in ihrer Umgebung. Welcher Art die Leistungen sind, die die Symbionten
dem W irt zollen, ist ohne physiologische Experimente nur zu vermuten und aus
Erfahrungen zu schließen, die auf diesem Wege bei anderen Symbiontenträgern gemacht
worden sind. Durch die Versuche von R ie s und A s c h n e r an künstlich symbiontenfrei gemachten
Läusen, und aus den Ergehnissen K o c h s bei der Aufzucht steril gehaltener Brotkäfer
(Sitodrepa), normalerweise symbiontenführender Cerealienfresser, wissen wir, daß
die Symbionten offenbar ein wachstumförderndes Prinzip, etwa von Vitamincharakter, liefern,
da bei ihrem Fehlen die jugendlichen Symbiontenträger nur durch Fütterung mit
Hefen, Hefenextrakten oder Vitaminen der Bi-Gruppe zur normalen Weiterentwicklung
angeregt bzw. am Leben erhalten werden können. Wenn auch ähnliche Experimente für
Pflanzensäfte saugende Symbiontenträger, wie die Zikaden, noch völlig fehlen, so deuten
m. E. die morphologisch-anatomischen Befunde doch schon in die gleiche Richtung. Zum
mindesten ist es auffällig, daß alle Symbionten ihre größte zahlenmäßige und räumliche
Entfaltung während des larvalen Wachstums des Wirtes auf weisen und daß die Symbion-
tenvermehrung bei den cfcf mit E in tritt des Imaginalstadiums erlischt, ja daß in einigen
Fällen (p- und q-Organe) einzelne Symbiontensorten samt ihren Wohnstätten völlig zugrunde
gehen, sobald die cP cf geschlechtsreif werden, daß dagegen bei den 9$ die T eilungsfähigkeit
der Symbionten auch danach stets erhalten bleibt und ihre Vermehrungstätigkeit
anhält, weil die Eiproduktion gewissermaßen als ein Wachstum über das Individuum, über
das Imaginalstadium hinaus anzusehen ist.
Besonders erschwert wird die Deutung der symbiontischen Verhältnisse bei den Zikaden
durch das Auftreten mehrerer Symbiontensorten gleichzeitig in einem Wirt; denn im
allgemeinen tr itt nur ein Mikroorganismus als Symbiont bei den Insekten auf. Disymbiont
sind nur noch manche Aphiden, fast alle Psylliden, die Lyctiden (Coleopt.), manche Cher-
miden, Tachardia silvestri (Coccidae); trisymbiont außer vielen Zikaden nur noch wenige
Aphiden. Aus der Reihe der Probleme, die sich aus der gleichzeitigen Anwesenheit mehrere
r Symbiontensorten in einem W irt ergeben, soll hier vor allem die Frage der phylogenetischen
Entwicklung dieser Polysymbiosen erörtert werden.
Die tiefgreifenden Unterschiede, die sich hinsichtlich der Ausstattung mit Symbionten
und den Bauplänen ihrer Wohnstätten zwischen den Fulgoroiden und den Cicadoiden haben
aufzeigen lassen, berechtigen zu der Annahme, daß die Aufspaltung des Zikadenstammes
in diese beiden Überfamilien frühzeitig und offenbar vor der Aufnahme symbiontischer
Mikroorganismen stattgefunden hat. Das stimmt mit der Ansicht H a u p t s überein, der eine
frühzeitige Abtrennung der Fulgoroiden von den Cicadoiden für wahrscheinlich hält. Ebenso
deckt es sich mit der Auffassung B ü c h n e r s , der auf Grund stammesgeschichtlicher E rwägungen
zu dem Resultat gelangt, daß die Symbiose der Zikaden eine sehr junge E inrichtung
sein muß und die Vorfahren der Zikaden offenbar noch symbiontenfrei waren. Dem
widerspricht allerdings das Auftreten von Hefen und a-Bakterien als Symbionten in beiden
Überfamilien, wenn auch nicht in allen ihren Gliedern. Das läßt sich nur damit erklären,
daß beide Mikroorganismen in der Umwelt der noch sterilen Zikaden offenbar sehr häufig
und zur Aufnahme in ein symbiontisches Verhältnis in besonders hohem Maße geeignet
waren, so daß sie nach der Aufspaltung in beide Überfamilien in paralleler Weise Eingang
finden konnten. Dafür spricht auch die Tatsache, daß Hefen und den a-Symbionten ähnliche
schlauchförmige Bakterien im Gegensatz zu anderen Zikadensymbiontenarten auch in
anderen Homopterengruppen, so bei den Cocciden, Psylliden, Aphiden, ja sogar bei fernerstehenden
Insektenordnungen, wie Läusen und Federlingen, sowie bei manchen symbionten-
führenden Käfern als Symbionten auftreten.
Die große Zahl der monosymbionten Insekten und das Auftreten monosymbionter Fulgoroiden
berechtigen zu der Annahme, daß polysymbionte Bündnisse nicht in der Weise
entstanden sein werden, daß die verschiedenen Symbiontensorten von Anfang an alle gleichzeitig
im Wirt auf getreten sind. Vielmehr zeigt die unterschiedliche Verbreitung der einzelnen
Symbionten innerhalb der Fulgoroiden (siehe Tabelle I) und die ganz verschieden
hohe Organisationsstufe ihrer Wohnstätten und Übertragungsweisen, daß sie vermutlich
nacheinander in einer bestimmten Reihenfolge in das symbiontische Verhältnis auf genommen
worden sein müssen. Zu ähnlichen Schlüssen kommt B ü c h n e r hinsichtlich polysym