
getroffen ist und erst ganz wenige Zellen der X-Organverbindung anliegen, in der ein
schmaler, symbiontenfreier Kanal zu erkennen ist, der die symbiontengefüllten Lumina
der paarigen Teilmycetome miteinander verbindet. In Abbildung 199 ist dagegen der
Mitteldarmzellstrang schon innig mit der Mycetombrücke verwachsen, so daß die Zugehörigkeit
der einzelnen Zellelemente an der Verlötungsstelle zum (schräg angeschnittenen)
Mitteldarmstrang oder zur epithelialen Umhüllung des X-Organs, nicht mehr
mit Sicherheit entschieden werden kann. Ähnliches ist auf einem Sagittalschnitt durch
einen Cixius-Tümbryo (Abb. 201) zu beobachten, wo sich das Mitteldarmende förmlich
wie ein Saugmundstück der unpaaren X-Organbrücke anlegt, sowie in Abbildung 203,
in der die gleiche Stelle im Frontalschnitt gezeigt wird. Bei den 50% der vermutlich männlichen
Embryonen kommt dagegen niemals eine d erart intensive Verschmelzung des Mitteldarmstranges
mit dem X-Organ zustande, sondern der Mitteldarm streicht, ohne zu berühren,
am X-Organ vorbei (Abb. 192 a u. b) und bei Fulgora zerfällt dasselbe unverzüglich
in die paarigen Teilmycetome, wie oben bereits geschildert worden ist.
In den weiblichen Embryonen löst nun die Verschmelzung von Mitteldarm undX-Or-
gan in der Umgebung der Verlötungsstelle eigenartige V eränderungen an den zukünftigen
Riesensymbionten aus. Wie alle anderen peripher im X-Organ gelegenen Individuen, geraten
auch die in der näheren Umgebung der vom Mitteldarm berührten Zone befindlichen
in die verzweigten Plasmafortsätze der epithelialen Hüllzellen, die in der oben geschilderten
Weise gerade im Begriff sind, sich zu mycetocytenartigen Elementen des X-Organs
umzuwandeln. Dabei fällt auf, daß gerade die der Verschmelzungsstelle benachbarten Zellen
ihre plasmatischen Fangarme besonders weit in das Innere des X-Organs vorstrecken
und die in ihren Bereich gelangenden Symbionten vollständiger umfließen, als das die
übrigen Hüllzellen tun, und schließlich in geschlossene Vakuolen auf nehmen. Bei Fulgora
entstehen so an den Ansatzstellen des vom Mitteldarm umgriffenen, schmalen Verbindungsrohres
zwischen den Teilmycetomen kleine Büschel deutlich vergrößerter Zellen
(Abb. 198 u. 199), die bei Cixius dagegen eine sehr charakteristische zweischenkelige Figur
am vorderen, medianen Pol der unpaaren X-Organbrücke formieren und sich besonders
tief ins Lumen desselben hinein erstrecken (Abb. 193 u. 194). Die so inniger als die Mehrzahl
ihrer Nachbarn vom Wirtsplasma umschlossenen Symbionten zerfallen durch offenbar
lebhaft aufeinanderfolgende Teilungen sehr rasch zu deutlich kleineren Bruchstücken,
die bei Cixius rundlich-polyedrische, bei Fulgora ovale bis kurzschlauchförmige Gestalt
annehmen, sich aber sonst kaum verändern. Nur bei Fulgora verdunkelt sich ihr Plasma
wenigstens vorübergehend etwas. So kommt es, daß die betreffenden Mycetocyten, die zunächst
nur einen oder wenige der Riesensymbionten auf genommen hatten, binnen kurzem
von einer ganzen Anzahl kleinerer Teilprodukte derselben angefüllt sind, die wir als
Wan d e r f or me n bezeichnen wollen und die nun im Gegensatz zu den immer stärker heran-
wachsenden und sich lappenden Riesensymbionten klein bleiben, da sie ihre Teilungsfähigkeit
behalten. Ih r Plasma unterscheidet sich dagegen kaum von dem ihrer Stammformen
und bei Fulgora machen ihre eosinophilen Granula die gleichen Veränderungen
durch wie die Einschlüsse der Riesensymbionten.
Offensichtlich beruht der plötzliche Zerfall der bereits über das normale Maß hinauswachsenden
Riesensymbionten in der Umgebung der Verschmelzungsstelle auf dem erneuten,
innigen Kontakt mit dem Wirtsplasma und auf der direkten Aufnahme in Mycetocyten,
wodurch sie ihre Teilungsfähigkeit behalten bzw. zurück erlangen, indessen ihre
Nachbarn diese verlieren und nun unaufhaltsam hypertrophieren. Letzten Endes müssen
diese Vorgänge natürlich von den, übrigens im gleichen Segment, in nicht allzu großer
Entfernung liegenden Gonaden her bewirkt oder zum mindesten angeregt werden (Fig. 19,
20, Abb. 193); denn sie sind ja streng an das weibliche Geschlecht gebunden. Man ist geneigt,
an eine Art Induktionswirkung oder an eine hormonale Beeinflussung zu denken,
die zunächst den Kontakt der Mitteldarmanlage mit dem X-Organ bewirkt und auf diesem
indirekten Wege die epithelialen Mycetocyten in der Nachbarschaft der Berührungszone
zu einer erhöhten Aktivität beim Ergreifen der Riesensymbionten veranlaßt und
damit letztlich einen Einfluß auf die Teilungsfähigkeit der betreffenden Organismen erlangt.
Diese allerdings sehr naheliegenden, hypothetischen Überlegungen könnten na tü rlich
nur im Experiment, etwa durch Exstirpation oder Transplantation der Gonaden
erprobt werden.
An dieser Stelle muß ich auf eine Feststellung eingehen, die ich allerdings nur in
einem einzigen Falle machen konnte, nämlich an einem weiblichen Embryo von Fulgora,
dessen äußerst schmale, fast dem Zerreißen nahe X-Organbrücke noch nicht ganz von der
Spitze der heranwachsenden Mitteldarmanlage erreicht ist (Abb. 190). In der epithelialen
Umhüllung seiner beiden X-Organteilmycetome, deren Elemente noch völlig ihre rein
epitheliale Funktion aufweisen, befindet sich dicht oberhalb der Übergangsstelle in die
unpaare Epithelbrücke, also unmittelbar .in der Zone, in der später die Umwandlung der
Riesensymbionten zu Wanderformen erfolgt, je eine auffällige einkernige Zelle, die sich
deutlich von den benachbarten Hüllzellen unterscheidet. Sie erscheint unter diesen wie
ein Fremdkörper, der ihrem Verbände nicht fest eingefügt, sondern offenbar aktiv und
erst nachträglich in diesen eingedrungen ist. Sie ist durch einen schmalen Spaltraum von
den etwas zurückgewichenen Nachbarzellen getrennt. Ih r Kern ist kleiner, und in dem
einen Falle offenbar amitotisch zerschnürt, sein Chromatin reichlicher und feiner verteilt.
Am auffälligsten verhält sich aber das Plasma, das dicht mit kleinen, gleichmäßig großen,
kugeligen Granulis erfüllt ist, die durch das Eosin-Orange-G-Gemisch intensiv leuchtend
rot gefärbt sind. Einzelne solcher Zellen tra f ich selten in diesem und anderen, etwa
gleichaltrigen Embryonen auch außerhalb der Mycetome, in der Leibeshöhle frei flottierend.
Es handelt sich dabei also zweifellos um eine besondere Form von Lymphoeyten,
die in unserem Falle vielleicht als die sichtbaren Träger irgendwelcher Wirkstoffe aufzufassen
sind, die dann die besondere Umgestaltung der benachbarten epithelialen Mycetocyten
und über diese den Zerfall der Riesensymbionten verursachen.
Auf jeden Fall werfen diese Umbildungen ein ganz neues Licht auf den inneren Aufbau
der X-Organe und die komplizierten Wechselbeziehungen zwischen Wirtsgewebe und
Symbionten. Einerseits vermag offenbar der Wirtsorganismus nicht mehr die Symbionten
durch Aufnahme in seine Zellelemente völlig in seiner Gewalt zu behalten, so daß sie
hypertrophieren können, andererseits büßen sie dafür durch den Verlust der innigen Berührung
mit dem Wirtsplasma offenbar ihre Teilungsfähigkeit vollständig ein. Auch
daraus erhellt, wie hochgradig die gegenseitige Abhängigkeit und Anpassung sein muß,
und daß es sich durchaus nicht um ein einseitiges Verhältnis handelt.
Die Spitze der Mitteldarmanlage wächst inzwischen weiter und wendet sich von der
Verwachsungsstelle aus auf der linken Seite wieder mehr nach vorn und verstreicht dann,
sich auflockernd, im Dotter {Fulgora) oder legt sich diesem wieder fester an (Cixius,
Fig. 20 und Abb. 194). Die älteren Schlingen hinter der Anheftungsstelle besitzen bei Cixius
bis auf ihren Ansatz unmittelbar über der Valvula rectalis (pylorica) noch kein Lumen,
Zoologica, Heft 98. 1 8