
Haushalt von Wirt und Symbionten zu gewinnen sein müssen. Auf jeden Fall werden sie
neben den notwendigen experimentellen Untersuchungen deshalb immer von Bedeutung
bleiben, weil sie ohne Störung des symbiontischen Gleichgewichtes zu erarbeiten sind, die
bei allen Versuchen, etwa einer Sprengung der Symbiose oder der Zucht der Symbionten
in vitro, eintreten muß und die stets zwangsläufig veränderte, unnatürliche und teilweise
unkontrollierbare Bedingungen nach sieh zieht.
V. Zusammenfassung.
1. Es wurden 173 Arten der Überfamilie der Fulgoroidea (Homoptera Cicadina) auf
symbiontische Einrichtungen hin untersucht, 157 davon erstmalig.
2. Die 186 nunmehr auf Symbiose geprüften Fulgoroiden verteilen sich auf alle ihre
11 Familien und auf 22 der insgesamt 30 Unterfamilien.
3. Jede Fulgoroide beherbergt wenigstens einen symbiontischen Mikroorganismus. Die
meisten (100) sind jedoch disymbiont. Viele (63) besitzen drei, wenige (7) dazu noch einen
vierten Symbionten; und nur in einem Falle wurden sogar fünf festgestellt.
4. Es lassen sich ca. 25 verschiedene Symbionten unterscheiden. Außer einem, den
sog. „Hefen“ — vermutlich einem Ascomyceten — handelt es sich ausschließlich um Bakterien.
Sie besitzen eine Membran, aber keinen nachweisbaren Kern, und vermehren sich
durch Querteilung; die „Hefen“ dagegen durch Knospung. Viele, insbesondere die vermutlich
länger im symbiontischen Verhältnis stehenden, sind ± hvpertrophiert und neigen zu
Riesenwuchs und pleomorphen Zyklen.
5. Unter den Symbionten lassen sich nach der Häufigkeit ihres Auftretens und nach
ihrem vermutlichen Alter als Symbionten drei Kategorien aufstellen: 1. Haupt-, 2. Neben-
und 3. Begleitsymbionten.
6. Es gibt zwei Hauptsymbionten, Hefen und Riesen- (= X-)Symbionten, von denen
einer oder der andere in jeder Fulgoroide auftritt, die aber beide in fast allen Familien und
Unterfamilien vikariierend nebeneinander Vorkommen, n ur ausnahmsweise gleichzeitig (7 s-
sus dilatatus und coleoptratus).
7. In jeder di- und polysymbionten Art findet sich außer dem Hauptsymbionten (H
oder X) einer der beiden Nebensymbionten (a oder f), die ebenfalls nie zusammen Vorkommen,
sonst aber eine ähnliche Verbreitung wie die Hauptsymbionten aufweisen. Der a-Sym-
biont kommt nur mit den Riesensymbionten zusammen vor.
8. Die Haupt- und Nebensymbionten werden in allen Fulgoroiden, die mehr als zwei
Symbionten besitzen, von einem bis drei der ca. 20 verschiedenen Begleitsymbionten ergänzt,
deren Verbreitung aber stets nur auf eine Familie, Unterfamilie oder Gattung beschränkt
ist.
9. Die Symbionten leben entweder ± locker im Fettgewebe verstreut (Hefen und „jüngere“
Begleitbakterien), meist aber in mehr oder minder geschlossenen, evtl. von einer
sterilen epithelialen Hülle umzogenen Mycetomen, die vermutlich ebenfalls dem Fettgewebe
entstammen und meist reich von Tracheen versorgt sind.
10- Im einzelnen ist der B au der Mycetome sehr mannigfaltig und für jede Symbionten-
sorte andersartig; träg t aber, besonders bei den überall auf tretenden Haupt- und Nebensymbionten,
in jeder Familie, U nterfamilie und Gattung besondere, charakteristische Züge,
die von der Konstitution des Wirtes bedingt sind.
11. Mit E in tritt der Geschlechtsreife werden in den Mycetomen der 99 infektionsfähige
Symbionten produziert, entweder diffus an allen Stellen der Organoberfläche, häufig aber
in den vorher sterilen Epithelzellen, die beim a-Organ infolge lokaler Wucherung sog. In fektionshügel
bilden, und zwar an allen den Punkten, wo es von den larvalen Ovidukten berü
h rt wurde. Die Infektionsformen sind meist durch intensivere Färbbarkeit und abgerundete,
oft vergrößerte Gestalt von den Normalsymbionten unterschieden und für die Übertragung
auf die Nachkommen offenbar geeigneter.
121 Bei den cfcf erlischt dagegen mit E in tritt der Geschlechtsreife die Vermehrungsfähigkeit
der Symbionten. Die Mycetome bleiben deshalb meist kleiner als die der 99, während
ihre Insassen ± zu hypertrophieren beginnen. Das p-Organ von Asiraca und die
q-Organe der Stenocranus-Gruppe unter den Megamelinen werden mitsamt den Symbionten
in der männlichen Imago völlig aufgelöst.
13. Die Infektionsformen werden in die Hämolymphe entlassen und sammeln sich
schließlich am hinteren Eipol heranreifender Ovarialeier bestimmter Größe in besonderen
Follikelzellen, den sog. Keilzellen, an, in die allein sie einzudringen vermögen. Die Keilzellen
brechen bald zusammen und geben die Symbionten i geschlossen an einen Hohlraum
weiter, der anschließend, von den ± gemischten Infektionsformen angefüllt, als Symbion-
tenballen in den hinteren Pol des Eies eingelagert wird. Im einzelnen zeigen Follikel- und
Eiinfektion in allen Familien und Unterfamilien einen abweichenden, meist aber für diese
höchst charakteristischen Ablauf.
14. Die n-Symbionten der Nogodininen und die m-Bakterien mancher Fulgorinen gelangen
auf dem Umweg über Ovarialmycetome mit den Nähr plasmasträngen von oben in
die jungen Eizellen, bevor diese Haupt- und Nebensymbionten über die Keilzellen empfangen.
Die kugeligen Ovarialmycetome liegen unter den Endkammern der Ovariolen und werden
schon auf larvalen Stadien durch Infektionsformen I. Ordnung vom Hauptmycetom
aus besiedelt. Sie sind als Filialorgane desselben zu betrachten, die erst später die endgültigen
Infektionsformen II. Ordnung liefern. Ihre ähnliche Erscheinungsform in beiden Familien
beruht auf Konvergenz.
15. Von Fulgora europaea L. und Cixius nervosus L. wurde der gesamte Individualzyklus
von W irt und Symbionten (drei) verfolgt und ihre wechselseitige Abhängigkeit schon
an Hand morphologisch-anatomischer Befunde weitgehend erhärtet (Fig. 29).
16. Die Sortierung der Symbionten erfolgt während der Invagination des Keimstreifs,
der den Symbiontenballen an den oberen Eipol verfrachtet. Sie wird vollzogen durch zwei
Zellsorten: Vitellophagenabkömmlinge und Elemente des embryonalen Blastoderms, die
sich zu Halbkugelschalen geordnet als epitheliale Hülle um den Symbiontenballen legen. In
die ersteren dringen nur die Abkömmlinge der Rektalsymbionten, in die letzteren nur die
a-Symbionten ein, während die Infektionsformen der dritten Symbiontensorte zunächst in
der Mitte Zurückbleiben.
17. Bei der Ausrollung des Embryos wird der Symbiontenballen wieder nach hinten
gezogen und erhält seine endgültige Lage im Abdomen. Ein neues Wirtszellkontingent tritt
an ihn heran und nimmt, während er zu den Primärmycetomen zerfällt, sowohl die nun freiwerdende
dritte Symbiontensorte als auch den Überschuß der inzwischen stark vermehrten
Haupt- und Nebensymbionten auf, indem sich eine neue, periphere Mycetomzone bildet.
18. Die so bereits lange vor dem Schlüpfen des Embryos angelegten Mycetome wachsen
im Verlauf der Postembryonalentwicklung unter mannigfaltigen Form- und Lageverände-
Zoologica, Heft 98. 2 8