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 einmal  die  geringste  Vorstellung  machen  kann.  In  der  Natur  ist  das Wort  einfach  unbekannt! 
  Und desto mehr gilt dies, wo es  die Evolution und die sich  an diese anschließende  
 Abstammungslehre betrifft. Ich für mich kann mich  der Gastraeatheorie  nicht  anschließen;  
 ich  halte  die Gastraea  oder  die idealisierte Gastrula g ar nicht für eine ursprüngliche Form,  
 von  welcher  sich  die  verschiedenen  Baupläne  herleiten  lassen,  sondern  fü r  eine  ideale,  
 durch  das  pelagische Leben  vereinfachte Larvenform,  welche  von  ursprünglichen  bentho-  
 nischen Formen herstammt. An dieser Stelle ist es unnötig diese Ideen näher zu betonen. Wie  
 dem  auch  sei,  die  Frage,  ob  den Mollusken  ein  Zölom  zukommt,  beschäftigt  die Forscher  
 noch  immer und,  im Zusammenhang mit  ihr,  die  andere  Frage  nach  dem  Vorhandensein  
 einer  Metamerie,  die  ohne  Zölom  undenkbar  ist,  aber  deshalb  noch  nicht  notwendig  da  
 Vorkommen  muß,  wo  ein  Zölom  vorhanden  ist.  Die Zölom-  und Metameriefrage werden  
 immer  miteinander  verbunden,  was  fehlerhaft  ist.  Tiere  mit  Zölom,  aber  ohne  Metamerie, 
  bestehen in der Tat, z. B.  die Chaetognathen,  denn diese Tiere kann man doch kaum  
 segmentiert  nennen.  Segmentiert  oder  metamer  nennt man  ein Tier, welches  eine  „regelmäßige“ 
   Rekapitulation  von  „gleich  großen“ Zölomkammern zeigt, mit  denen  die übrigen  
 Organe  (Nervensystem,  Blutgefäßsystem,  Exkretionssystem,  Muskeln,  Gonaden)  übereinstimmen. 
  Die Segmentierung  fängt  beim  Zölom, also von innen, an;  sie zerteilt das Tier in  
 „gleich große“ Teile. Und das kann man von den Chaetognathen  doch  nicht behaupten.  Im  
 Mittelpunkt  dieser Betrachtungen stehen  die Anneliden  und  vor  allem  Lumbricus,  dessen  
 Metamerie  gewissermaßen  ideal  zu  nennen  ist  und  welche  H a e c k e l   bei  seinen Betrachtungen  
 vorgeschwebt  hat.  Ich  habe  schon  früher  (24,  S.  34)  betont,  daß  die  Zölom-  und  
 Metameriefrage  sich  auf  die  eigentümliche  Bewegung  der  Anneliden  zurückführen  läßt  
 (schlängelnde Fortbewegung, Graben). Durchaus  segmentiert  sind  nur  die Anneliden  und,  
 merkwürdigerweise,  die  Vertebraten,  denn  auch  bei  diesen  läßt  sich  die  Bewegung  auf  
 Derivate der Zölom wand zurückführen. Leider aber wissen wir von der Herkunft der V ertebraten  
 nichts,  es  nützt  nichts,  ob  wir  sie  auf  Formen wie  die  Cephalochordata  und Uro-  
 chordata  zurückführen, weil  diese Tiere  sich den übrigen Evertebraten gar  nicht anschließen. 
  Ein  echtes Bewegungszölom besitzen  auch  die  Echinodermen  mit  ihrem  prachtvollen  
 Ambulacralsystem;  von Metamerie  kann  man  aber  bei  diesen  Tieren  nicht reden,  obzwar  
 bei  der Larve vielleicht  noch  Spuren  einer Metamerie  erhalten  geblieben  sind.  Wer  aber  
 wird  es wagen,  eine Meinung  über  den morphologischen Wert  dieser  eigentümlichen  und  
 abweichenden Gruppe zu  geben, welche uns  freilich  nur  in festsitzendem  — und  sekundär  
 freiem — Zustand  bekannt ist! Was  nun  die Mollusken betrifft,  so  „brauchen“  diese Tiere  
 kein Zölom, denn sie bewegen sich in ganz normaler Weise und besitzen für diese Bewegung  
 einen  großen,  schwellbaren Kriechfuß.  Der Besitz eines Zöloms wäre fü r diese Tiere überflüssig. 
  Dieser Meinung werden  die meisten Forscher nicht beistimmen;  überall findet man  
 erwähnt,  daß  den Mollusken  ein Zölom,  sei  es  auch  ein  stark  reduziertes,  zukommen  soll.  
 Es  ist  zu  bedauern,  daß  die Cephalopoden  eine  große, mit  einer  eigenen Wand  versehene  
 Leibeshöhle  besitzen,  welche man  für  ein Zölom  halten  könnte, welche Meinung  aber  von  
 P l a t e   (28,  S.  560,  561)  und T h i e l e   (38,  S.  452)  eingehend  erörtert  und  bestritten  worden  
 ist. Was  die Bedeutung  einer  solchen Pseudo-Zölomhöhle  für  die  Cephalopoden  sein  mag,  
 ist eine  andere Frage, welche wir hier  nicht zu lösen  haben.  Ich  schließe mich  P l a t e   und  
 T h i e l e ’s Meinung gern an. Es kommt aber in erster L inie darauf an, welche Definition man  
 fü r das Zölom gelten läßt. Meines Erachtens ist das Zölom  oder  die sekundäre Leibeshöhle: 
 ein  paariger  Hohlraum,  welcher  den  Raum  zwischen Darm  und  Haut  ganz  ausfüllt  und  
 den  Darm  zwischen  seinen  Mesenterien  umfaßt;  es  ist  eine  doppelte  Feuchtblase,  welche  
 durch eigene Gänge  (Zölomodukte)  oder  durch die sie durchbrechenden Nephridien mit der  
 Außenwelt  kommunizieren  kann;  auch  Poren  können  denselben  Effekt  haben;  überdies  
 können  die Geschlechtsdrüsen mit ihm  in Zusammenhang  treten,  ja  sogar  die Geschlechtsprodukte  
 aus seinen Wänden entstehen und die Zellen  der Wand  eine  exkretorische  Funktion  
 erlangen;  es  steht mit der  Fortbewegung  in  engstem  und  primärem  Zusammenhang.  
 In dieser Weise könnte man das Zölom der Anneliden, welche doch diese ganze Zölomfrage  
 veranlaßt  haben,  definieren.  Diese  Definition  läßt  sich  aber  nicht  auf  das  sog.  Zölom  der  
 Cephalopoden  übertragen. 
 Beim  Fehlen  eines  Zöloms  kann, natürlich  von  einer  eventuellen Metamerie  bei  den  
 Mollusken ganz, und gar nicht die Rede sein,  denn Metamerie ist das Auseinanderfallen  der  
 beiden  Zölomsäcke in  hintereinander  liegende kleine Kammern  und  damit  verbunden  die  
 seriale  Gliederung  der  anderen Organe,  sodaß  sich  wiederholende  Teile  entstehen.  H o f f -   
 m a n n   versteht  mit  N a e f   unter  Segmentierung  oder Metamerie  (12,  S.  429):  „jede  regelmäßige  
 Wiederholung ganzer Körperabschnitte in der Längsachse eines Bilateriums, soferne  
 sich  dieselbe  insbesondere  auf  die  sekundäre  Leibeshöhle  und  ihre  Ausführgänge,  sowie  
 deren Korrelation  zu  den wichtigsten Gefäßen und  zum Rumpf Zentrum  bezieht;  oder,  einfacher, 
   das  multiple  Auftreten  gewisser  Organe  serialer  Anordnung“  (H e id e r ,   S.  490). 
 Läßt man  in  N a e f ’s Definition  den  Satz:  „sowie  Rumpfzentrum“  weg  (denn  warum 
 diese Korrelation zwischen Leibeshöhle  und  ihren  Ausführgängen  zu  den  wichtigsten  Gefäßen  
 und  nicht  zum  Nervensystem,  und  was  ist  Rumpf Zentrum?),  so  bin  ich  mit  N a e f   
 und  H o f fm a n n   einverstanden,  nicht  aber  mit  H e i d e r ,   denn  das multiple Auftreten  gewisser  
 Organe  serialer  Anordnung  braucht  mit  Metamerie  nichts  zu  schaffen  zu  haben  
 (Pseudometamerie;  z.  B.  bei  Plathelminthen).  Zu Unrecht  aber  sagt H o f fm a n n ,   daß  das  
 Kriterium  einer  echten Metamerie  die Einbeziehung  des  Zöloms  in  die  seriale Gliederung  
 ist  (12,  S.  429);  m.  E.  muß  es  so  aufgefaßt  werden,  daß  die Zergliederung  des  Zöloms  in  
 hintereinander liegende K ammern die seriale Anordnung aller anderen Organe — mit Ausnahme  
 des Darmes lii- bedingt. 
 Bei  dieser  Auffassung  des Begriffes Metamerie kann bei  den Cephalopoden von einer  
 Metamerie  nicht  die Rede  sein;  man  könnte  das Rekapitulieren  der Ktenidien,  Herzatria  
 und Niere  vielleicht  als Metamerie  deuten,  aber mit  P l a t e   (28,  S.  561)  bin  ich  überzeugt,  
 daß  das unrichtig ist. Mit den übrigen Mollusken steht es aber  noch  schlimmer;  von  einem  
 sogenannten Zölom ist keine Spur  vorhanden; Ktenidien, Herzatria und Niere sind  immer  
 in der Einzahl (1 Paar) vorhanden. Seriale Bildungen können natürlich Vorkommen, z.B. die  
 Adaptivkiemen  bei  Patella,  aber  serial  hat  im  Grunde nichts mit metamer  zu  tun;  serial  
 deutet  auf  eine  topographische  Lage  hin,  metamer  auf  eine  tief  eingreifende  „morphologische“ 
 ;  kein Mensch  würde  doch  auch  der  serialen Anordnung von Gliedern  in  den Antennen  
 der Insekten eine  tiefe morphologische Bedeutung  zuerkennen! Überdies  zeigen  die  
 Cephalopoden in  ihrem ganzen Körperbau m. E. eine unwidersprechliche Tendenz zu höhere 
 r Bildung; keineswegs Sind sie primitive Formen (obzwar natürlich primäre Merkmale bei  
 ihnen  Vorkommen  können). Weil  nun  aber,  nach  den  Autoren,  mit  denen  ich  mich  hier  
 auseinandersetzen will, den Mollusken ein Zölom zukommt und das Pseudozölom der Cephalopoden  
 durch Vergrößerung  des Herzbeutels  entstanden  sein  soll,  so  ha t  man  auch  folglich  
 den Herzbeutel aller übrigen Mollusken als „Zölom“ auf gef aßt und zwar als reduziertes