
Ceporci und Hebomoia können, obwohl sie Waldtiere sind, als gute Flieger gelegentlich
weit von der kleinen Waldschattenparzelle, die sie zur Eiablage brauchen, angetroffen
werden.
Die 6 Arten des freien Landes gehen alle gelegentlich in den Wald, am wenigsten
Catopsilia pyranthe und Terias brigitta. Pieris canidia, Terias hecabe, blanda und herla
gehen oft weit in ihn hinein und sind in der heißen Zeit an und in ihm häufiger als im
freien Lande. Catopsilia pyranthe und florella bevorzugen zur Eiablage offene — also luftgestrichene
— aber beschattete Ruderalplätze unter Bäumen, gewissermaßen als Erinnerung
an den Wald. Alle Pieridenspezies Südchinas, selbst die, die Bewohner des freien
Landes geworden sind, lassen also Beziehungen zum Walde erkennen, und Pieriden waren
zweifellos ursprünglich Waldbewohner. Man vergleiche auch S. 16 ff.
Fl ug. Der unberechenbare, unstet hin und her tastende Flug vieler Pieriden kann
als Schwäche erscheinen. Wer eine Delias oder Pieris cisseis beobachtete, weiß, daß er
Anpassung an das Leben im Raum mit viel Hindernissen, also vor allem im unterholzreichen
Walde ist. Und er wird weiter folgern, daß er auch bei den zu Kulturfolgern gewordenen
Pieris des freien.Landes, wie P. brassicae oder rapae, Gewohnheit aus Zeiten ist,
als die Tiere noch Bewohner unterholzreicher Wälder waren. Delias, in Südchina vor allem
hyparete, drehen sich hin und her zuckend, wie taumelnd -|P|ein andrer Flug würde sie
in ihrem Raume zur Ruine machen — durchs dichte Unterholz. Im Gewirr dichter Unterholzbüsche
setzen sie sich auch — auf Ober- oder Unterseite eines Blattes und so in 1 m
Entfernung vom Boden zur Ruhe.
Man hält sie darum, wenn man sie zum erstenmale erblickt, fü r sichere Beute. Hat
man sich aber an eins der Tiere herangearbeitet, so hindert doch stets ein Ast den Schlag
oder das verschränkte Gitter der Buschzweige macht ein unbemerktes Heranpirschen unmöglich,
weil man stets an einen der Aste stößt, der mit dem Sitzorte in Verbindung steht.
Doch Waldtiere scheinen gegen Schwankungen der Unterlage nicht sehr empfindlich. Aber
zuletzt geht das Tier, wenn man so in 2 oder 1,5 m Entfernung von seinem Sitzplatze ist,
doch ab. Aber es taumelt so langsam-kraftlos — „nichtsahnend“ dahin, daß man siegessicher
durch die Zähne brummelt: „Na wart’, mein Sohn, dir kommt man schon!j% Aber
ist man in Schlagweite, da schraubt sich das Tier so in 10 cm Abstand vom Stamm oder
dickem Ast langsam in Spiralen aufwärts, daß man nur die Wahl hat, gegen den Namen
zu „keilen“ oder den Schlag sein zu lassen.
Und oben geht sie wieder so langsam-taumelnd — „töricht-lebensunfähig“ unter den
Baumkronen hin, daß man meint, mit einem 6-m-Bambus sei das Problem gelöst. Und
ha t man den, so erkennt man aufs Neue, daß Dümmer- oder Schwächerscheinen, als man
ist, eine höchst tückische Waffe bedeutet.
Der Flug unter den Baumkronen hin ist für die Delias der belladonna-, nicht ganz so
sehr auch der hyparete-Gruppe so kennzeichnend, daß man in China jedes scharf schwarzgelbe
Tier, das nördlich von 23,3° n. Br. unter den Baumkronen hinzieht, für eine Delias
belladonna, südlich davon ein schwarzgelbrotes für eine Delias hyparete ansprechen kann.
Der Flug von belladonna ist kräftiger als der von Tieren der aglaia- und hyparete-Gruppe,
und bergabwärts werden auch nicht selten Strecken mit Segelilug eingeschoben. Dercas,
insbesondere D. verhuelli, sind Unterholzschlüpfer, und darum, trotz des langsam-krie-
chend-tastenden Fluges zur Ruine zerschlitzt, wenn sie länger auf dem Fluge sind, was
meist erst nach der Überwinterung der Fall ist. Das Waldschattentier Pieris cisseis geht
— « lan g e es ungestört ist §1 hin- und hertastend, als müßte es, wie Delias, ständig einem
unsichtbaren Hindernisse ausweichen, langsam so. in 1,5 m Höhe durch die Unterholzzweige;
Zweige, an denen das Netz abprallt oder hängen bleibt oder die in 50% der Fälle
die Verfolgung so. hindern, daß dip Geschwindigkeit der Pieris doch größer ist. Beunruhigt
kann das Tempo von cisseis recht beträchtlich werden. Sie geht dann meist mehr in die
Höhe und ¡steigt ‘ dort zwar mit den bekannten ünsieher-taumelnden, aber doch recht
fördernden großen „Schritten“ über die Köpfe der Büsche hin und ist in 99,9 v. H. der
Fälle für den verfolgenden Menschen verloren.
Auch der schwächliche Flug von Teri-rts, der gleichfalls ganz den Eindruck macht,
als müßte ständig ein unsichtbares Hindernis umgangen werden, ist der typische Flug
eines Unterholzbewohners, der beibehaltén wurde, auch nachdem bei den verschiedenen
Arten in verschieden starker Weise -v- die Umstellung vom Wald auf freies Land eingetreten
ist.
Auch diè schwächlichen Balzflüge von Terias sind durch das ursprüngliche Milieu
bestimmt: eija lls a u g t an den roten Blüten von Oxalis Martiana Zroo. Ein cf dreht sich
30-^40 em über ihm, auf einem hand- bis spannengroßen Baume, kreisend, bis das S zu
einem 60 cm entfernten Platze zittert. Dorthin folgt er und wiederholt dort sein temperamentloses
g e rb e n , das auch im freien Lande immer aussielu, als sei es durch ein Bündel
Unterholzzweige an einen sehr begrenzten Ort gezwungen.
Die mir im Freien begegneten ApöricP{largetegui O b e rth ., agathon Gr., monbeigi
Ob e rth ,, larräldei Oberth.) scheinen zu langflüglig, um durchs Unterholz kriechen zu
können. Sie sind mehr Bewohner lichter Wälder als Delias, auch keine Loranthus-Spezia-
listen wie diese. Sie steigen wie .die beunruhigten Pieris cisseis, aber auch in normaler
Fortbewegung über die. verstreuten Unterholzbüsche oder fächeln natürliche Lichtrinnen
oder von Menschen geschlagene Wege entlang. Beim Flug bergabwärts, besonders vom
besonnten Gipfel über den Wald nach unten segeln s i e S was auch Prioneris an solchen
Plätzen tuH H u n d gleiten dann (largeteaui), fast möchte man sagen „wuchtig“, bald die
Luft .unter das linke, bald unter das rechte Flügelpaar nehmend, ohne Flügelschlag hinunter.
Auch die schnellen Flieger (Pontia, Appias, Cepora, Ixias, Catopsilia, Colias), die
z. T. Tiere des gebrochenen Geländes oder sogar des freien Landes, geworden sind, haben
den unberechenbar hin und her stoßenden, ursprünglich Hindernisse umgehenden Flug
der Waldbewohner beibehalten, und der Fang von Pontia, Colias, Catopsilia gehört in
wärmeren Gebieten im allgemeinen zu den schweißtreibenden Betätigungen. Die Gewohnheit
mancher Spezies unter ihnen (Cepora, Colias, gelegentlich auch Catopsilia) auf einen
ihnen fühlbar gewordenen. Fehlschlag mit dem Netze hin 2 3 m nach oben zu prallen,
sta tt seitlich auszuweichen, kann als Bückfall in die Gewohnheit von Delias oder Pieris
naganum gedeutet werden.
Die stärksten Flieger im Gebiet sind Prioneris und noch mehr Hebomoia. Prioneris
jagt um Baum- und Berggipfel und kann dort in die Gewohnheit vieler Papilioniden, „den
gleichen Weg abzupatrouillieren“ (Balzflug) verfallen. Hebomoia ist in Südchina neben
Papilio antiphates der Waldüberwinder-größten Stils (s. S. 1 1 1 ).
Fe i n f ü h l i g k e i t * g e g e n ü b e r me t e o r o l o g i s c h e n F a k t o r e n . Die Feinfühligkeit
der Pieriden gegenüber Temperatur, Luftfeuchtigkeit Helligkeit, Luftbewegung
und dem Wechsel ihrer Werte ist von keiner anderen Lepidopterengruppe in so aus