gleitens der Symbionten in die Valvula eigentümlich gebogene und tropfenförmig in die
Länge gezogene, in ihren verschmälerten unteren Teilen extrem chromatinreiche Kerne
(Abb. 209—211 u. 215) und keilförmig nach unten zugespitzte und abgeplattete, mehr oder
minder ineinander geschachtelte Zellformen, dazu kommen bei Fulgora noch große, offensichtlich
unter erhöhtem Binnendruck stehende Vakuolen. Das Ganze dient offenbar unter
Benutzung gewisser Schwellungsdrucke zweifellos der Versteifung und Straffung sowohl
des Valvulakanals als auch besonders der Offenhaltung des zylindermantelförmigen Hohlraumes
während des Eingleitens der Symbionten; denn bald danach verschwinden diese
Bildungen wieder. An dieser Stelle muß auch vermerkt werden, daß der Augenblick, in
dem alle Symbionten in den Spaltraum eingetreten sind, etwa mit dem Zeitpunkte des
Schlüpfens des Embryos aus den Eihüllen zusammenfällt. Alle noch folgenden Prozesse
spielen sich schon in der jungen Larve ab; doch soll wenigstens die Bildung des Rektalorgans
in diesem Kapitel zu Ende behandelt werden, um nicht einen unangenehmen Riß in
den Zusammenhang der Darstellung zu bringen. Es ist interessant, daß die Geburt der
Larve erst stattfindet, nachdem die Symbionten aus dem Darmtraktus verschwunden und
in der Valvula gesichert untergebracht sind, womit nicht gesagt sein soll, daß die Geburt
allein davon abhängig wäre. —
Die Symbionten treffen alsbald am Grunde des Spaltes auf die im unteren und etwas
nach außen geschlagenen Teile des Valvularinges liegenden, embryonalen Zellen und dringen
unter der üblichen Einzelvakuolenbildung allmählich in sie ein (Abb. 214). Naturgemäß
erfolgt die Besiedlung der oberen und weiter innen gelegenen Zellen zuerst und
erst später die der unteren und äußeren (Abb. 210—211). Obwohl vorher dieses Zellmaterial
keinerlei Unterschiede zeigte, werden durchaus nicht alle seine Elemente infiziert, sondern
einzelne bleiben steril und bilden später die sich abplattenden, epithelialen Hüllzellen um
die anschwellenden Mycetocyten. Ebenso bleibt die äußerste, allerdings noch nicht an allen
Stellen deutlich erkennbare Schicht des Darmepithels frei von Symbionten, wie sich überhaupt
auf diesem sehr embryonalen Zustande des Rektalorgans die einzelnen Elemente
durchaus noch nicht alle sicher voneinander trennen lassen; eine bei allen embryonalen Zikadengeweben
auf tretende Schwierigkeit. Die Kerne der jungen Mycetocyten, die zunächst
nur sehr wenige Symbionten enthalten, beginnen sich sehr bald auf amitotischem Wege in
die beiden Tochterkerne zu zerschnüren (Abb. 211), die ja fü r alle Rektalorganmyceto-
cyten so überaus charakteristisch sind. Mitosen, die vorher in dem Zellmaterial der Valvula
rectalis (= pylorica) recht häufig auftraten, sind nun auch in den steril bleibenden
Hüll- und Darmepithelzellen nicht mehr festzustellen. Die Symbionten selbst zeigen zunächst
noch keinerlei Veränderungen; nur wird ihr Plasma allmählich blasser und lockerer.
Der zylindermantelförmige Spaltraum verschwindet samt seinen Stütz- und Hilfszellen,
sobald der letzte Symbiont in den Rektalmycetocyten untergetaucht ist.
So ist schließlich in den ersten Lebensstunden der jungen Larve auch das Rektalorgan
wenigstens in seinen Grundzügen soweit fertig angelegt, daß es wie die anderen Mycetome
in Lagej Form und innerem Aufbau schon weitgehend dem entsprechenden Organ der
Imago gleicht und sich im Verlaufe der Larvalentwicklung nur noch durch Vermehrung
seines Symbiontenbestandes und entsprechendes Wachstum zu vergrößern und seine Zellelemente
zur endgültigen Ausdifferenzierung zu bringen braucht. Auch die gattungsmäßigen
Unterschiede sind schon ausgeprägt. So ist das Rektalorgan von Fulgora radiär symmetrisch
gebaut (Abb. 211), indem sich seine Mycetocyten ringförmig in der gesamten Valvula
anordnen und sie völlig ausfüllen, während sie sich hei Cixius schon deutlich auf die
ventrale Seite konzentrieren, die daher anschwillt, während die dorsale leer und klein
bleibt. Allerdings bildet sich diese Asymmetrie nicht erst durch die Einwanderung der
Symbionten aus (Abb. 213), sondern ist schon vorher durch die Konzentration der zukünftigen
Mycetocyten auf der Ventralseite angelegt, wodurch sich bei Cixius die weiblichen
Embryonen auch in diesem Punkt auffälliger von den männlichen unterscheiden, da bei
diesen eine solche Verlagerung nicht eintritt.
Im ganzen betrachtet, weist die Bildung des Rektalorgans eine vorher nicht erwartete
Kompliziertheit auf, die auch wahrscheinlich ohne die Kenntnis ihrer phylogenetischen
Entstehung immer unverständlich bleiben wird; denn es ist nicht einzusehen, warum die
gewissermaßen erst in letzter Minute, nämlich beim Erlöschen der Teilungsfähigkeit, von
den Riesensymbionten abgespaltenen Rektalsymbionten erst noch in eine Mitteldarm-
sehlinge übertreten, da doch ihr zukünftiger Wohnsitz, die Valvula rectalis, unmittelbar
unter bzw. hinter dieser Übertrittsstelle liegt (Fig. 19 u. Abb. 194), warum die Bildung
eines provisorischen Mycetoms, das von vornherein zum Untergang verurteilt ist, eingeschoben
und der lange, gefahrvolle Wanderweg durch die hinteren Mitteldarmschlingen
notwendig gemacht wird, der seinerseits komplizierte und zusätzliche Leistungen des
Wirtsgewebes, eine Symbiontenreuse und Schleusenbildungen zur endgültigen Unterbringung
der Symbionten in der Valvula rectalis (•== pylorica) erfordert. So ist zwar die Hypothese
B ü c h n e r s vom genetischen Zusammenhang der Riesensymbionten mit den Rektalsymbionten
durch die vorliegenden Untersuchungen vollauf bewiesen worden, doch zeigen
die Einzelheiten dieser Aufspaltung eine Fülle neuer rätselhafter Erscheinungen. Insbesondere
scheint mir seine Ansicht, daß die Insassen des Rektalorgans als Hauptsymbion-
ten, die Riesensymbionten dagegen als sekundäre Tochterformen, und die X-Organe deshalb
als Filialmycetome des Rektalorgans aufzufassen seien, durch die Tatsachen eher in
das Gegenteil verkehrt zu werden; denn in W ahrheit werden ja die Rektalsymbionten förmlich
von den Riesensymbionten abgespalten und aus dem X-Organ ausgestoßen. Dieser
Prozeß ha t auch in seinen Einzelheiten (Zerfall der Riesensymbionten zu Wanderformen
durch zunächst mycetomfremde, sterile, von außen herantretende Hüllzellen) so viel Ähnlichkeit
mit der Bildung von Infektionsformen bei anderen Mycetomen (a-Organ), daß ich
das von den Wandersymbionten neugegründete R e k t a l o r g a n weit eher als ein F i l i a l -
o r g a n d e r X-O r g a n e ansehen möchte, das den Sinn hat, bei der schon so frühzeitig
erfolgenden Hypertrophie des Hauptsymbionten in den X-Organen einen Stamm teilungsfähiger,
normalbleibender Symbionten zu isolieren und von dem „Größenwachstum erzeugenden“
Milieu der Hauptsymbionten zu trennen, damit später bei E in tritt der Eireife in
den weiblichen Ovarien aus diesen infektionstüchtige Formen zur Weiter Vererbung gebildet
werden können. D ie B i l d u n g des I n f e k t i o n sm a t e r i a l s d e r R i e s e n s ym b
i o n t e n v e r l ä u f t a l s o g ew i s s e rma ß e n in zwe i E t a p p e n . Di e e r s t e besteht
in der Ab s o n d e r u n g d e r Wa n d e r f o rme n , die als Infektionsformen I. Ordnung
auf gef aßt werden können, die aber wegen der Jugend des Wirtes noch nicht infizieren können,
sondern vorläufig zur Bildung eines zwischengeschalteten Filial- oder Depotmycetoms
(im Sinne von R ie s ) schreiten. Die z we i t e E t a p p e wird dann durch die B i l d u n g von
I n f e k t i o n s f o rm e n a u s de n I n s a s s e n d i e s e s r e k t a l e n F i l i a lmy c e t oms
dargestellt, die als Infektionsformen II. Ordnung bezeichnet werden können und die nun
endgültig für die Weitervererbung des Symbiontentypes auf die Nachkommen des Wirtes
zur Verwendung kommen. — Offenbar wird dieser Symbiontentyp schon von Anfang seines
symbiontischen Verhältnisses an durch das Milieu des Wirtes im Verlaufe der Onto-
Zoologica, Heft 98. 1 9