
Ganz andere Verhältnisse finden sich dagegen bei dem jeweils d r i t t e n Sym b i o n -
t en, dem bakterienartigen Organismus von Fulgora und den b-Symbionten von Cixius,
die auch darin ihren akzessorischen Charakter verraten und erkennen lassen, daß ihre
symbiontischen Beziehungen zum Wirtsorganismus wesentlich weniger ausgewogen und
also wohl jüngeren Datums sind. Am ungezügeltsten verhalten sich die b a k t e r i e n a r t i gen
m-Symbi ont en bei F u lg o ra . Nachdem sie entweder schon während der Invagi-
nation oder bei der Auflösung des Sammelmycetoms den Verband der übrigen Sym-
bionten verlassen haben, sind sie nun frei in der Leibeshöhle verstreut und deshalb nicht
immer leicht zu finden. Sie liegen meist, wie schon vorher, zu kleinen Klümpchen vereint
und oft parallel geordnet, hier und da in unmittelbarer Nähe der Mitteldarmschlingen,
vorzugsweise in dorsalen Regionen. Zum Teil scheinen sie schon von mesodermalen Zellelementen
aufgenommen zu sein, andere wieder lassen keine Beziehung zum Wirtsgewebe
erkennen. Nur ihre lockere Bindung an die Darmschlingen läßt ihre zukünftige Lage vermuten
.A
m b - O r g a n von C i x i u s zeigen sich fast keine Veränderungen. Seine beiden
Teilmycetome, die sich sofort nach der Auflösung des Sammelmycetoms gebildet haben
(Abb. 191,201 u. 192b), liegen sehr weit ventral zu beiden Seiten und etwas hinter dem un-
paaren a-Organ und weisen etwa rautenförmig abgefiachte Gestalt auf. Auch der Sym-
biontenbestand scheint sich nicht wesentlich zu vergrößern. Die ein- bis zweikernigen,
polygonalen Mycetocyten neigen, besonders gegen Ende der Embryonalzeit, zu mehr oder
weniger syncytialem Zusammenschluß, so daß ihre Zellgrenzen oft nicht scharf zu erkennen
sind. Die blassen polygonalen bis .kurzschlauchförmigen Symbionten liegen einzeln
in den Alveolen eines relativ kräftigen Wirtsplasmanetzes. Sie sind nur sehr schwach
färbbar und machen offenbar eine degenerative Periode durch. Ein umhüllendes Epithel
fehlt völlig, trotzdem ist eine geschlossene, glatte Kontur ausgebildet, der sich vereinzelt
flache bindegewebige Elemente anlegen.
In der Periode der histologischen Differenzierung, also in der Zeit nach der Auflösung
des Sammelmycetoms bis zum Schlüpfen des Embryos, vollzieht sich nun auch
d i e E n tw i c k l u n g des R e k t a l o r g a n s d e r We i b c h e n . Sie ist eng verknüpft mit
der Ausbildung des Mitteldarmes und führt erst über gänzlich unerwartete Umwege zum
Ziele. Ihre Aufdeckung war deshalb mit nicht wenig zeitraubenden Irrwegen verbunden
und erst nach der Bearbeitung eines umfangreichen Materials überhaupt möglich. Dabei
konnte festgestellt werden, daß etwa 50% der untersuchten Embryonen — insgesamt wurden
von Fulgora und Cixius aus dieser letzten Periode der Embryonalentwicklung je 60
bis 70 Embryonen zu Schnittserien zerlegt und durchgeprüft — keinerlei Ansätze zu einer
Rektalorganbildung zeigen und in ihrer Ausstattung mit symbiontischen Organen die
bisher geschilderten Verhältnisse in keinem Punkte übertreffen. Da ebenso etwa 50 % der
untersuchten jungen Larven des ersten Larvenstadiums sich als cfcf erwiesen und diese
ebenfalls keine Rektalorganbildung, sondern lediglich die gleichen symbiontischen Einrichtungen
wie die eben erwähnten Embryonen zeigten, kann es als völlig gesichert gelten,
daß die letzteren männlichen Geschlechts sind, auch wenn an ihren Gonaden — zumindesten
ohne eingehendere cytologische Studien — keine Unterschiede zu dem übrigen
Teil der Embryonen auf gefunden werden konnten. Aus analogen Gründen müssen die
anderen 50% der Embryonen, die die Ansätze zur Rektalorganbildung zeigen, als ¥¥ bezeichnet
werden. Mit diesen allein haben wir uns im folgenden zu beschäftigen.
Wie schon angedeutet, steht die Bildung des Rektalorgans in engster Beziehung zur
Darmanlage, und wir müssen uns — obwohl das keineswegs die Aufgabe der vorliegenden
Arbeit ist — wenigstens einigermaßen mit der An l a g e d e r h i n t e r e n D a r m a
b s c h n i t t e befassen, bevor wir zur Schilderung des eigentlichen Gegenstandes übergehen
können. Leider ist ja die Entwicklung des Darmtraktes, insbesondere die Bildung
des Mitteldarmes während der Embryogenese der Insekten, ein sehr umstrittenes Gebiet,
auf dem die Bearbeiter der verschiedenen Insektengruppen zu den gegensätzlichsten
Meinungen gekommen sind. F ü r die Homopteren, speziell fü r die Zikaden, liegen in
dieser Richtung zudem fast noch keine Beobachtungen vor. Ich mußte mich deshalb selbst
mit diesen Fragen befassen und bin, insbesondere bezüglich der Anlage des Mitteldarmes
zu so abweichenden Ergebnissen gekommen, daß es nicht möglich war, sie im Rahmen
der vorliegenden Arbeit im einzelnen zu verfolgen und restlos zu klären, geschweige denn,
in extenso darzustellen. Die folgenden Angaben enthalten deshalb nur das zum Verständnis
der Anlage des Rektalorgans unbedingt Nötige und dürfen vor allem in bezug auf
den Mitteldarm nur als vorläufige Mitteilungen gewertet werden. Ich hoffe, diese Probleme
in einer späteren Untersuchung eingehender behandeln zu können.
Wie das Stomodäum wird auch das Proktodäum schon kurz nach der Invagination
angelegt und stellt zur Zeit der Umrollung des Embryos ein kräftiges, noch gerades Rohr
dar, an dessem vorderen, mehr oder minder blinden Ende die vier Vasa Malpighii als
zunächst massive Zellstränge hervor sprossen. Dagegen ist zu dieser Zeit von einer Anlage
des Mitteldarmes noch nichts zu bemerken, wenn man nicht unscheinbare embryonale
Zellhaufen am Ende von Stomodäum und Proktodäum dafür ansehen will. Während und
nach der Umrollung ist die der Dorsalseite des noch ± flächenhaften Embryos zugewandte
Seite des Dotters von einer dünnen Membran bespannt, die wenige flache Kerne enthält
(Fig. 17gu.h), und die wohl dem entspricht, was andere Autoren als Entoderm bezeichnen,
die aber keineswegs den eigentlichen Mitteldarm liefert und die ich eher als Derivat des
Cöloms, als Splanchnopleura ansprechen möchte; denn die entsprechenden, das Stomodäum
und Proctodäum überziehenden, flachen Zellschichten gehen — nach meinen Schnittpräparaten
zu urteilen — an den inneren Enden derselben in jenes Epithel der Dottermasse
über. N a c h dem Rückenschluß des Embryos ist dann der gesamte Restdotter von
diesem membranartigen Epithel (Splanchnopleura) umhüllt und oben und unten gewissermaßen
an den inneren Enden der ektodermalen Vorder- und Hinterdarmanlagen auf-
gehängt, wobei der zukünftige Ösophagus von ventral, der Enddarm von dorsal herantritt
(Abb. 194). Gleichzeitig wächst nun vom inneren Ende der Enddarmanlage ein kräftiger
Zellstrang aus, der bei Cixius noch lange Zeit massiv bleibt, bei Fulgora sich dagegen zu
einem Rohre weitet, und der die eigentliche Anlage des Mitteldarms darstellt (Fig. 19
bis 21 und Abb. 194—195). Ob dieses Zellmaterial entodermalen Ursprungs ist, oder wegen
seines Auswachsens vom Proctodäum als ektodermaler Natur zu bezeichnen ist, wage ich
vorläufig nicht zu entscheiden, ist aber für die vorliegenden Aufgaben auch ziemlich belanglos.
Jedenfalls entwickelt es sich unter Ausbildung mehrerer Schleifen und Schlingen
zum späteren Mitteldarm und bildet die direkte Fortsetzung des Enddarmes nach vorn.
Dabei entfernt sich das vordere blinde Ende dieses aussprossenden Mitteldarmrohres infolge
der Schleifenbildung gar nicht weit von der Übergangsstelle zum Enddarm, obwohl
seine Länge durch lebhafte mitotische Teilungen seiner Zellen sehr rasch zunimmt. Sehr
bald beginnen sich auch einzelne Abschnitte dieser Mitteldarmschleifen zu weitlumigen