
Zölom. Hierfür spreche auch, daß das Perikard durch zwei Gänge, die Nieren, mit der
Außenwelt kommuniziert und daß auch die Gonaden mit ihm Zusammenhängen können,
Tatsachen, welche einerseits passen in F a u s s e k ’s Nephrocöltheorie, andrerseits in L a n g ’s
Gonocöltheorie. Wie dem auch sei, ich glaube nicht, daß den Mollusken ein Zölom zukommt
und bin nicht mit H o f fm a n n einverstanden, wenn er den Mollusken ein kleines, nicht reduziertes
Zölom zuerkennt (12, S. 437); aus meiner Definition des Zöloms geht das notwendig
hervor, denn es ist mir nicht verständlich, daß dieses kleine Zölom der „Fortbewegung“
seine Entstehung verdanken sollte. Ich muß aber auf die Tatsache hinweisen, daß in meiner
Arbeit vom Jah re 1910 (23 b) noch immer vom Zölom der Solenogastren gesprochen wird,
weil ich damals das Vorhandensein eines Zöloms noch annahm; erst später (24) hin ich
von dieser Meinung zurückgekommen. Überdies meine ich, auf die letzte Bearbeitung der
Zölomfrage von Fräulein Dr. A. E. DU M a r c h i e S a r v a a s (32) hinweisen zu können, in
welcher man dieses Problem auch für die Mollusken ausführlich erörtert findet.
Wenn wir jetzt die Solenogastren und die Mollusken miteinander vergleichen wollen,
müssen wir darüber im klaren sein, was diese zwei Namen zu bedeuten haben, m. a. W. wir
müssen Diagnosen der Mollusken und Solenogastren geben. Was die Mollusken im allgemeinen
betrifft, so möchte ich für sie folgende Diagnose gelten lassen: Benthonische Tiere.
Die muskulös verdickte Bauch wand bildet den zur Lokomotion dienenden Fuß. Eine Du-
plikatur der Leibeswand bildet eine an der Körperwand herunterhängende Ringfalte, den
Mantel, welche die Mantelhöhle bedeckt; diese ist hinten am tiefsten und geräumigsten und
enthält, zu den Seiten des medianen A fters symmetrisch angeordnet, die beiden Ktenidien,
die beiden Nieren- und die Geschlechtsöffnungen. Der meist zu einem Eingeweidesack auswachsende
Rücken ist bis zum Mantelrand von einer schützenden Schale bedeckt. Die Mundöffnung
liegt am Vor der ende und führt in den mit Kiefern und einer Radula bewaffneten
Pharynx. Mitteldarm mit voluminöser Mitteldarmdrüse. Ein Zölom fehlt und somit na tü rlich
die Metamerie. Herz dorsal, hochentwickelt, m it unpaarer Kammer und zwei symmetrischen
Vorhöfen; es ist in einem Herzbeutel gelegen, welcher durch paarige Nierengänge
mit der Außenwelt kommuniziert. Blutgefäßsystem offen. Das Zentralnervensystem besteht
aus den paarigen Zerebral-, Pleural-, Pedal- und Viszeralganglien. Getrennt geschlechtlich.
Die Gonaden stehen mit den Nierengängen in Verbindung. Veligerlarve.
Diese Diagnose stimmt mit der von H e s c h e l e r (11, S. 1) in vielen Hinsichten überein.
Mit Recht bemerkt H e s c h e l e r : „Diese kurze und allgemeine Charakteristik des Molluskenkörpers
müßte für jede einzelne Klasse modifiziert werden“ , denn die Pelecypoda und Sca-
phopoda weichen durch ihre „festsitzende“ Lebensweise in manchen Hinsichten ab, und
dasselbe gilt eigentlich ebenso für die frei im Wasser lebenden Cephalopoden. Und mit den
Polyplacophoren steht es noch schlimmer, weil sie sich in vielen Hinsichten anders verhalten.
Die Gastropoden mit ihrer ursprünglichen benthonischen Lebensweise bilden im
Grunde die Paradigmen der ganzen Klasse, aber auch sie sind sehr vielförmig; nicht „zwei“
Formen sind einander ähnlich. Die Diagnose gibt somit nu r den Bauplan der Klasse wieder,
und weil ein Bauplan eine Abstraktion ist und daher nur subjektiv sein kann, hat er
einen sehr relativen Wert.
Durch Vergleichung des Bauplans der Solenogastren mit dem der Mollusken wollen
wir jetzt versuchen, zu entscheiden, oh man die Solenogastren noch dem Kreis der Mollusken
zurechnen kann oder nicht.
Die Solenogastren sind streng benthonische Tiere. Die Körperform läßt sich nicht
genau feststellen. In der Körperform dominiert im allgemeinen die Wurmform und zwar
mehr oder weniger langgestreckt, mit oder ohne Rückenkiel; meistens drehrund, aber
auch seitlich zusammengepreßt, kaudal sich verjüngend, usw. Weil lebende Solenogastren
nur sparsam beobachtet sind und von der Lebensweise nur sehr wenig bekannt ist, ist es
in den meisten Fällen fast unmöglich, etwas Sicheres hierüber auszusagen. Die Bauchwand
ist nicht muskulös verdickt; im Querschnitt sind die Tiere rund oder oval. Nur befindet
sich meistens an der medianen ventralen Seite eine Furche, in welcher eine bis mehrere
bewimperte Bauchfalten liegen, worein sich die Bauchdrüsen ergießen. In diesen Bauchfalten
kommen niemals Muskeln vor. Die „Pedal“stränge des Nervensystems liegen weit
von ihnen entfernt. Es gibt somit kein einziges Argument,: die Bauchfalten als einen reduzierten
Fuß zu deuten; ihre Zahl ist sehr wechselnd (0— 13) und meistens nimmt sie kau-
dad ab. An der kaudalen Seite hört die Bauchfurche meist oral vom Analraum auf; sie
kann aber mit diesem kommunizieren. Ich halte das Vorhandensein einer einzigen Falte
oft von einer kleinen rechten und linken Seitenfalte begleitet— für typisch; von diesem
Zustand lassen sich alle übrigen — Vermehrung der Falten einerseits und Verschwinden
andrerseits — ableiten. Ob die Bauchfurche normaliter bis zum Analraum durchgehen
oder oral von diesem auf hören müßte, soll unentschieden bleiben.
Was das Integument betrifft, so ist bekannt, daß die Kutikula in Dicke stark variiert;
ist sie dünn, so enthält sie nur eine Schicht von flachen Stacheln und entbehrt der Epider-
mispapillen; ist sie dick, so enthält sie zahlreichenadelförmige Stacheln in mehreren Schichten.
Nur bei einer Form, Gymnomenia pellucida O d h n e r , findet man eine dünne Kutikula
ohne Stacheln und ohne Papillen. Übergänge in der Ausbildung dieser zwei Typen sind
vorhanden, ebenso verschiedene Kombinationen der Merkmale. Man darf wohl behaupten,
daß eine dünne Kutikula mit breiten, flachen Stacheln als primitiv gelten kann, aus welcher
sich die dickere Kutikula mit stärkeren Spikula in vielen Schichten entwickelt hat.
Über die Entwicklungsweise der Spikula läßt sich kaum etwas Spekulatives sagen, es sei
denn, daß man die Bildung eines Spikulums von nur einer Epidermiszelle als primitiv
betrachten wolle und die Bildung von mehreren epidermoidalen Zellen als sekundär. Ebensowenig
gibt der Bau der Epidermispapillen Anlaß zur Lösung der Frage, ob wenig- oder
vielzellige Papillen als primitiv oder sekundär zu betrachten wären; m. E. sind die wenig-
zeiligen primitiv zu nennen.
Die Haut zeigt verschiedene Sinneswerkzeuge. Daß diese stark variieren, läßt sich,
mit Rücksicht auf die Lebensweise, verstehen. Sehr allgemein kommt vor ein dorso-termi-
nales Sinnesorgan, und zwar meistens in der Einzahl.
So weit war N i e r s t r a s z mit seinen Betrachtungen fortgeschritten, als er die Feder
für immer aus der Hand legte. S t o r k setzt von hier an die Betrachtungen fort.
Im Zusammenhang mit den Sinnesorganen des Atriums sei zuerst etwas über das
Atrium mitgeteilt. Mit T h i e l e u . a. bin ich der Meinung, daß dieses Organ nicht der Mundhöhle
entspricht, sondern eine selbständige ektodermale Einstülpung darstellt, wofür die
Mündung des Vorderdarmes kaudal vom Atrium bei einigen Arten spricht. Im Atrium
befinden sich Sinnesorgane, nämlich die Atrialleisten und die Cirren, sodaß das Atrium
eine Höhlung zum Schutze dieser sensiblen Organe darstellt. Um das Atrium herum liegt
eine Lage von Ganglienzellen, welche einerseits Nervenfasern in die Atrialleisten und
Cirren entsenden und andrerseits mit den Atrialganglien oder, wenn diese fehlen, direkt