
Gattung heterogenes Material enthält. Es handelt sich merkwürdigerweise stets um sog.
sch werbestimmbare Gattungen.
Wenn so auch die Symbiose vielfach nicht mit der bestehenden systematischen Einteilung
in Einklang zu bringen ist, so kann sie doch in vielen Einzelfällen entscheidend zur
Klärung systematischer Fragen herangezogen werden und wertvolle Hinweise geben. Ich
erinnere hier noch einmal an die relativ schwierige Unterscheidung der Stenocranus-Arten
nach chitinmorphologischen Kennzeichen, die an Hand der Rektalmycetocytenzahlen mit
Sicherheit gelang. Ja , manchmal wird es möglich sein, hei einer zur Aufspaltung und
Rassenbildung neigenden Art schon vor dem Auftreten äußerlich sichtbarer Unterschiede
Differenzen an den symbiontischen Einrichtungen festzustellen und eine T rennung in „sym-
biontologische Rassen“ vorzunehmen. Ein solcher F all scheint bei Hysteropterum grylloides
F. vorzuliegen. Unter einer Population aus Ischia, die mir freundlicherweise W. W a g n e r ,
Hamburg, genau und zwar als einheitlich H. grylloides bestimmte, hatte ich schon vorher
im speziellen Teil eine Trennung in Hysteropterum grylloides und H. spec. vornehmen müssen,
weil sich in den symbiontischen Einrichtungen Unterschiede ergaben (besonders hinsichtlich
des Vorhandenseins oder Fehlens der Infektionssyncytien am o-Organ). Wenn
auch diese Frage noch einer eingehenderen Nachprüfung an einem größeren Material bedarf,
so scheinen hier doch zwei Rassen von H. grylloides im Entstehen zu sein. Eine ähnliche
Untersuchung würde sich zweifellos bei Fulgora europaea L. lohnen, wo ebenfalls eine
Rassenbildung vermutet werden kann. Su l c fand an den a-Organen böhmischer Tiere je
zwei, B ü c h n e r und ich an ischianischem und sächsisch-thüringischem Material stets nur
einen Infektionshügel beim 9 9 . F ür Cicadoiden hat B ü ch n e r ähnliche Rassenbildungen in
einigen Fällen sehr wahrscheinlich gemacht.
F. Werden und Wert der symbiontischen Einrichtungen.
Es gibt zur Erklärung der E n t s t e h u n g e in e s e n d o s ymb i o n t i s c h e n V e r h
ä l t n i s s e s kaum eine andere einleuchtende Annahme als die, daß es sich aus einem mehr
oder minder parasitären Zustand entwickelt haben muß, insbesondere weil sich die Sym-
bionten aus Organismenklassen rekrutieren, die gemeinhin durch eine parasitische oder
saprophytische Lebensweise ausgezeichnet sind (Bakterien und Pilze). Vorbedingung für
eine solche Entwicklung war, daß weder der Wirt in allen Fällen an der parasitären In fektion
des Mikroorganismus zugrunde ging, noch daß es seinen Abwehrkräften stets gelang,
ihn vollständig zu vernichten. Einerseits besaßen wahrscheinlich die Parasiten zwar
eine pathogene, nicht aber eine unbedingt lethale Wirkung, so daß der Wirtsorganismus
weiterleben und sich fortpflanzen konnte. Dadurch wurden andererseits vermutlich die Abwehrreaktionen
des Wirtes mit der Zeit weniger heftig; es tra t eine gewisse Gewöhnung
ein. Zugleich müssen aber auch im Stoffwechsel zwischen Wirtsgewebe und Mikroorganismen
gewisse für den Wirt positive Faktoren aufgetreten sein, die ihn veranlaßten, einen gewissen
Bestand an Mikroorganismen zu schonen, also mit anderen Worten, ein symbiontisches
Verhältnis mit ihnen einzugehen, bei dem nun nicht mehr nur diese, sondern beide Partner
einen Vorteil genießen. Daß es sich nicht allein um ein Nachlassen der Abwehrkräfte des
Wirtes gegenüber einem |l i harmlosen Kommensalen handelt, daß die Endosymbiose nicht
der Duldung eines überwundenen und unschädlich gemachten Eindringlings gleichkommt
(befriedeter Parasitismus), beweisen die Fälle, in denen der Wirtsorganismus offensichtlich
um die Erhaltung und Unterbringung sowie um die Vererbung der Symbionten bemüht ist.
Wie anders wäre sonst die Bildung komplizierter Filialorgane, die Öffnung gewisser Follikelzellen
für die Übernahme der Symbionten in die Ovarialeier usw. zu erklären. Am überzeugendsten
ist aber in dieser Beziehung bei den Fulgoroiden die Symbiontenreuse im spätembryonalen
Darm der 99. Sie entsteht nur zu dem Zwecke, die freigewordenen Wander-
symbionten aus dem Mitteldarm herauszufangen, damit sie nicht durch den After der jungen
Larve ausgestoßen werden und fü r den W irt verloren gehen. Es soll damit nicht gesagt
werden, daß solches Verhalten nicht letztlich kausal bedingt sei; solange aber diese komplizierten
Vorgänge unserer Analyse verschlossen bleiben, müssen wir uns mit einer teleologischen
Erklärung begnügen, um so mehr, als die moderne Biologie, auch die kausalanalytisch
arbeitende Genetik, Gerichtetheiten im biologischen Geschehen erkennen zu können
glaubt.
Daß der Wirt andererseits das symbiontische Verhältnis beherrscht, ist schon seit langem
erkannt worden. Schon B ü c h n e r hat zwischen einer m u t u a l i s t i s c h e n und einer
h e l o t i s t i s c h e n Symbiose unterschieden und keinen Zweifel bestehen lassen, daß für
die Zikadensymbiose die letzte Form zutrifft. Überwacht doch der Wirtsorganismus nicht
allein die Vermehrungsrate seiner symbiontischen Bewohner, so daß sie nur im Maße seines
eigenen Wachstums ansteigt; er vermag es auch, sich zu gegebener Zeit eines Symbionten
völlig zu entledigen, wie wir an den männlichen p- und q-Organen (Asiraca und Steno-
cramts-Gruppe) beobachten können. Und gerade diese Fälle zeigen, daß der Wirt die Symbionten
sehr wohl vollständig zu beseitigen imstande ist. Ähnliche Fälle der im normalen
Zyklus erfolgenden Abschaffung von Symbionten sind aus der Insektensymbiose schon bekannt
geworden. Sehr häufig sind sie ebenfalls nur auf das männliche Geschlecht beschränkt.
So werden die Bakterien in der „Magenscheibe“ der männlichen Pediculiden mit
E in tritt der Geschlechtsreife aufgelöst, während die der 9 9 die Magenscheibe verlassen
und zum Zwecke der Eiinfektion Teile des Ovidukts besiedeln (Ovarialampullen). Bei den
cf cf der Donaciinen degenerieren die Symbionten nach der Umladung aus den larvalen
Mycetomen (Darmblindsäcken) in 2 der 6 malpighischen Gefäße völlig, während sie bei
den ‘9 9 hier weiterleben und Infektionsmaterial stellen ( S t a m m e r ) . Die Cf c f einiger Bock-
und Rüsselkäfer ( B ü c h n e r ) stoßen die überflüssig gewordenen Symbionten in das Darmlumen
aus. T ö t h hat neuerdings bei Pemphigus (Aphiden) das Fehlen der Mycetocyten und
Symbionten bei den cfcf näher verfolgt, die schon von den Sexupara-Müttern keine Symbionten
mehr mitbekommen, während die 9 9 normal infiziert werden.
In einigen Fällen ist offenbar das symbiontische Bündnis nachträglich sogar völlig
wieder zerstört worden. So konnten B ü c h n e r (1932) und L i l i e n s t e r n (1933) wahrscheinlich
machen, daß Formica sanguinea, Lasius niger und eine Formica rw/a-Rasse früher Symbionten
besaßen wie andere Formica rufa-Rassen noch heute; denn sie besitzen wie diese
noch alle Organdifferenzierungen, die zur Aufnahme und Vererbung der Symbionten
dienen. In eine ähnliche Richtung deuten die Angaben M a n s o ü R ’s , der die ägyptische
Calandra granaria-Rasse (Curculionidae) mit typischen Mycetomen, aber symbiontenfrei
beschreibt, während die europäischen Rassen fadenförmige Symbionten besitzen. K o c h
züchtete unter besonderen Kulturbedingungen symbiontenfreie Stämme des Reiskäfers Ory-
zaephilus surinamensis, die den Symbiontenverlust anscheinend ohne Schädigung v e rtra gen.
Derselbe berichtet von Ähnlichem bei Termiten. Fast stets bleiben die Wohnstätten der
Symbionten nach dem völligen Verlust der Symbionten noch lange erhalten (Ameisen,
Calandra, sterile Oryzaephilus, sterile Anobien). Auch die Ovarialmycetome von Fulgora
Zoologica, Hoft 98. 97