
daß den Solenogastren fundamentale Merkmale wie Fuß, Mantelhöhle und Schale abgehen,
sondern erstens darauf, daß sie in den Chitonen ihre nächsten Verwandten haben,, mit denen
sie doch, neben großen Unterschieden, im Bauplan übereinstimmen. Besonders aber ist
zu betonen, daß die Solenogastren eine Radula, eine Mitteldarmdrüse, ein in einem Perikard
gelegenes Mollusken-Herz und paarige Gänge, welche das Perikard mit der Außenwelt
verbinden, besitzen. Vereinzelt findet man einige dieser Merkmale auch in anderen Gruppen,
z. B. eine Mitteldarmdrüse bei den Krustazeen, ein in einem Perikard gelegenes Herz
bei den Tunikaten, aber die Kombination der genannten Merkmale kommt nur den Solenogastren
und den übrigen Mollusken zu. Die genannten Organe sind bei den Solenogastren
in Entwicklung begriffen, sodaß die Solenogastren als in Entwicklung begriffene Mollusken
auf gef aßt werden müssen, welche Fuß, Mantelhöhle und Schale noch nicht ausgebildet
haben. Wie gesagt, stehen sie durch das Fehlen dieser Organe, wie auch in anderen Hinsichten,
tief an der Wurzel des Molluskenstammes.
Da ich, im Gegensatz zu H o f fm a n n , der Meinung bin, daß den Solenogastren ein Zölom
fehlt, kann ich ihm auch nicht beistimmen, wenn er schreibt .(12, S. 449): „Das Vorhandensein
eines Zöloms entfernt die Solenogastren stärker von den Plathelminthen und nähert
sie mehr den Anneliden.“ Im Gegenteil nähern sich m. E. die Solenogastren, beim Fehlen
des Zöloms, mehr den Plathelminthen, mit denen sie von allen Würmergruppen am meisten
verwandt sind. Doch ist an eine direkte Ableitung von Plathelminthen nicht zu denken!
Den Betrachtungen, welche T h ie l e (38, S. 409) in dieser Hinsicht angestellt hat, kann ich
mich nicht entschließen aus Gründen, welche N ier strasz (23 b, S. 424) und H o ffma n n
(12, S. 446) schon auseinandergesetzt haben. Ein Vergleich zwischen Polycladen und Neo-
menia ist, wie T h ie l e es tut, nicht durchzuführen, weil beide hochentwickelte Formen sind.
Aber auch eine direkte Ableitung der mehr primitiven Solenogastren, wie sie z. B. unter
den Lepidomeniidae Vorkommen, von mehr primitiven Turbellarien, wie Acoele oder Rhab-
docoele, ist nicht möglich, da Solenogastren wie Plathelminthen schon eine lange Geschichte
durchlaufen haben und sie dabei ihre eigenen Wege gegangen sind, sodaß die
Unterschiede im Bau zu groß sind. Ein Vergleich zwischen wirklich primitiven Formen ist
natürlich unmöglich, weil diese nicht bestehen. Immer sind die Formen oder Gruppen ein
Gemisch von primitiven und sekundären Merkmalen, sodaß hei einer primitiven Gruppe
nur von überwiegend primitiven Merkmalen die Rede sein kann. Wohl lassen sich die Baupläne
beider Gruppen vergleichen und dann sind neben Übereinstimmungen große Unterschiede
festzustellen. Die Übereinstimmungen sind besonders im Fehlen des Zöloms, im N ervensystem,
im Hautmuskelschlauch, in der Tendenz Pseudometamerien auszubilden und
in der Embryologie zu finden. Die Unterschiede im Bau der Geschlechtsorgane, des Integuments;
das Vorhandensein einer Radula, eines Zirkulationssystems und eines Afters bei
den Solenogastren, sowie das Fehlen von Protonephridien bei letzteren weisen darauf hin,
daß die Solenogastren sich nicht direkt aus den Plathelminthen ableiten lassen, sondern
daß beide Gruppen sich aus gemeinsamen hypothetischen Vorfahren entwickelt haben
müssen.
Auch die Anneliden zeigen Übereinstimmung in ihrem Bauplan mit den genannten
Gruppen. Besonders der Bau des Hautmuskelschlauchs, des Nervensystems und die Entwicklung
der Anneliden weisen darauf hin, während auch die Ausbildung eines ventralen
Schlundsacks und von kutikularen Pharynxplatten bei mehreren Anneliden, sowie das
Vorkommen einer ventralen Flimmerrinne bei Protodrilus, Verwandtschaftsbeziehungen
mit den Solenogastren andeuten. H o f fm a n n , der diese Tatsachen in vorzüglicher Weise besprochen
hat (12, S. 439) und worauf ich hier hin weisen darf, hebt aber nachdrücklich hervor,
indem er die großen Unterschiede der Gruppen betont, daß auch die Anneliden sich
mit den Plathelminthen und Solenogastren nur von gemeinsamen Vorfahren ableiten lassen.
Das Fehlen des Zöloms bei den Solenogastren ist für mich ein zwingender Grund, diesem
Standpunkt H o f fm a n n ’s beizustimmen und, wie gesagt, nähern sich die Solenogastren hierdurch
mehr den Plathelminthen als den Anneliden.