
Da sich fast ohne Ausnahme zwei Spermatophoren im Thelycum des befruchteten Weibchens
vorfanden, ist Wohl anzunehmen, daß beide Spermatophorenlager des Männchens bei einer Begattung
entleert werden. Eine mehrfache Befruchtung der Weibchen kommt vor: Bei einem Exemplar
fand ich nicht weniger als sieben Spermatophoren im Thelycum festsitzen. Hier müssen wir also
mindestens vier aufeinander folgende Begattungen annehmen.
Vergleichen wir nun wieder den Bau des Genitalapparates bei Euphausiaceen mit dem bei
Mysidaceen und Decapoden.
Bei allen drei Ordnungen weist das Ovarium den gleichen Bauplan auf: Zwei seitliche Lappen,
durch eine mediane Brücke verbunden. Die Mündung des Oviducts verlegt Sars (1867) bei Mysis
relicta an die Basis des siebenten Cormopoden, während sievanBeneden (1869) an der des letzten
ausmünden läßt. Mehr Vertrauen verdient Sars; vielleicht haben sich aber alle beide getäuscht und
die Ovarien münden bei den Mysidaceen genau wie bei den ändern Ordnungen im sechsten Sterniten,
Der Bau des Hodens ist bei den drei Gruppen in den wesentlichen Punkten gleich. Bei den
Mysidaceen ist die Übereinstimmung mit den Euphausiaceen ziemlich groß. Wir finden auch bei
ihnen die Säckchen, die an einem Gange stehen. Bei den Decapoden ist die Zahl der einzelnen Säckchen
so stark vermehrt, daß das ganze Gebilde scheinbar einen anderen Charakter angenommen hat und
zu einem Gang geworden ist, der äußerlich feinere oder gröbere Einschnürungen zeigt, die den Grad
der Vermehrung und damit auch der Verkleinerung der einzelnen Säckchen anzeigen.
Eine mediane Vereinigung der beiden Seiten des männlichen Genitalapparates findet sich
als das Normale bei den Decapoden. Wenn ich die aus v a n B e n e d e n übernommene Abbildung
in Bronns Klassen und Ordnungen richtig deute (die Originalarbeit ist mir augenblicklich nicht
zugänglich), so ist auch bei den von ihm untersuchten Mysidaceen eine mediane Verbindung vorhanden,
während sie andererseits nach den Sarsschen Schilderungen bei Mysis relicta fehlt.
Bei den Mysidaceen verläuft das Vas deferens ohne Differenzierung bis zur Genitalöffnung.
Bei den Decapoden liegen die Verhältnisse etwas verschieden. Manchmal ist das Vas deferens in
seinem ganzen Verlaufe gleichmäßig ausgebildet, während bei anderen Formen sich eine mehr oder
weniger weitgehende Trennung in einzelne Abschnitte bemerkbar macht.
Dort wo sie am weitesten geht, finden wir drei Abschnitte, die den Abschnitten bei Euphausia
entsprechen: Das erst in gleichmäßiger Dicke verlaufende Vas deferens erweitert sich zu einem „Drüsenabschnitt“
nach G r o b b e n (1878), der dem Spermatophorensack, vielleicht noch unter Hinzunahme
des vor ihm liegenden verdickten Teiles des Vas deferens entspricht. Er geht über in den muskulösen
Ductus ejaculatorius Grobbens, in dem wir das Spermatophorenlager wieder kennen. Auffallend ist
die Übereinstimmung der Dreiteilung beim Hummer (vgl. Grobben Tab. I Fig. 6) und bei Euphausia.
Die männliche Genitalöffnung liegt bei allen drei Gruppen am letzten Thoracalstemiten.
Während Spermatophoren bei den Mysidaceen völlig zu fehlen scheinen, ist ihr Vorkommen
bei den Decapoden durchweg verbreitet. Doch ist hier die Spermamasse meist auf eine Anzahl von
Spermatophoren verteilt, die gleichzeitig ausgebildet werden. In einer Spermatophore vereint, wie
bei Euphausia, ist sie bei Eucvphideen, ferner bei Homarus, Potamobius, Palinurus und Dromia. Eine
große Übereinstimmung auch in der äußeren Form weist ferner die Spermatophore von Leucifer auf.
Standen schon die Euphausiaceen im Bau des inneren Genitalapparates, wo nicht überhaupt
bei allen drei Gruppen Übereinstimmungen herrschen, den Decapoden viel näher als den Mysidaceen,
so ist das erst recht der Fall bei der Ausbildung der äußeren Kopulationsapparate. Die Mysidaceen
besitzen als Auswuchs des letzten Thoracalstemiten einen Penis, doch fehlt ihnen völlig eine Um-
Wandlung der ersten männlichen Pleopoden zu Kopulationsorganen, wie sie bei den Euphausiaceen
überall und bei den Decapoden fast überall f p f mmt. Bei den Eucyphideen ist es der zweite Pleopod
der, wenn auch nicht sehr weitgehend, umgestaltet ist, während der erste Pleopod nicht oder doch
nur wenig geändert ist; Sonst aber zeigt, wie bei den Euphausiaceen, der erste Pleopod die größere
und der zweite die geringere Modifikation. Am größten ist die Übereinstimmung bei den Peniiden,
weil hier noch, wie bei den Euphausiaceen, der Exopodit des ersten Plecipoden gut und normal
ausgebildet ist, während er sonst meist mehr oder weniger reduziert erscheint, vielfach sogar ganz
verschwindet.
Mit den Peneiden haben die Euphausiaceen auch im weiblichen Geschlechte Analogien in der
Ausbildung eines Thelycuiüs, jedoch findet sich eine ähnliche Bildung hie und da auch sonst bei den
Decapoden, so bei Homarus und Gämbarus,
IV. Das Excretionssystem.
D ie A n t e n n e n d r ü s e. Die Antennendrüse liegt als ein bläschenförmiges Gebilde
m dem Basalglied des zweiten Antennenstammes und der angrenzenden Leibespartie. Nach vom
hin erstreckt sie sich nicht ganz bis zum Vorderrande dieses Gliedes Und nach hinten zu reicht sie eine
Kleinigkeit über seine Anwachsstelle heraus. Auf der Veim-alsoite des Gliedes, nahe, seinem Hinterrande
sieht man die Ausmündung der Drüse auf einem kleinen, etwas nach vorn geneigten Schornstein.
Dringt man hier ein, so gelangt man zunächst in einen kurzen, etwas nach hinten geneigten
Gang, der in eine schwach gekrümmte, wurstförmig langgezogene Blase (a, Kg. 77-—80) einmündet.
Vorn geht von ihr ein Gang von geringem Lumen aus, der schräg nach, innen oben und etwas
nach hinten gerichtet ist (b). Er biegt plötzlich nach kurzem Verlaufe in einen schräg nach außen
Oben und hinten gerichteten Gang von gleichem Volumen um (c). An seinem Ende ist dieser Gang
blasenformig erweitert (d). Die Blase d Hegt oberhalb von a. Schräg nach innen yhrjüngt sie sich
etwas und von hier geht ein Gang schräg nach hinten oben ab (oj'.cler scharf nach außen unten (f)
und etwas nach hinten umbiegt und wieder in a mündet. Derartig bildet das Lumen der Drüse einen
in sich selbst zurücklaufenden Gang.
Die Wand der Drüse besteht aus einem großzelligen Pflasterepithel, dessen Kerne stark ver,
zweigt sind. Wenn in Kg. 81 außer dem Hauptteil des Kernes noch scheinbar abgesprengte Teile
TO sehen sind, so liegt das daran, daß der Kern,sich auch in der senkrecht zur Epithelfläche stehenden
Richtung etwas verzweigt und der Schnitt die hier Hegenden Verbindungsbrucken zwischen den
einzelnen Teüen weggenommen hat.
Das ganze Gebilde der Antennendrüse freizupräparieren ist bei den konservierten Exem-
plaren ohne besondere Vorsichtsmaßregeln ein Ding der UnmögHchkeit, da man die zarte Haut
unrettbar zerreißt. Es gelang mir aber bequem die ganze Drüse freizubekommen, wenn ich die
Exemplare durch die verschiedenen Grade des Alkohols bis zum absoluten führte und sie dann
mit Zedernholzöl durchtränkte. Sie wurden dadurch einmal stark durchsichtig, und ferner sehr
hart, so daß man die einzelnen Organe, deren Bestandteile in sich gefestigt waren, leicht voneinander
frei präparieren konnte. Die^e Methode hat mir bei der ganzen Präparation, auch der anderen Organsysteme,
sehr gute Dienste geleistet,
Zoologica. Heft 67.