Nur zögernd und unter Vorbehalt adoptiere ich die von Ditlevsen aufgestellte Synonymie von
Monopylephorus Levins. mit Vermiculits Goodrich, die auf einer Identifizierung der Typen beider
Gattungen, Monopylephorus rubroniveus Levins. und Vermiculus pilosus Goodr., beruht. Die aus
einer Bestimmungstabelle herauszulesende Diagnose der Gattung Monopylephorus Levins. (kurz
gefaßt: nur Gabelborsten; eine einzelne Geschlechtsöffnung in der Mitte am 10. Segment; Penis
ohne Chitinscheide) ist so dürftig, daß man aus ihr nicht auf das Wesen der Gattung schließen kann,
die Diagnose des M. rubroniveus Levins. (Größenverhältnisse der Borstenzinken, Aussehen der Perivisceralzellen)
so nichtssagend, daß man diese Art am richtigsten als „species spuria“ bezeichnete.
Nicht einmal über die Größe der Tiere ist eine Angabe vorhanden. Die Identifizierung Ditlevsens beruht
der Hauptsache nach auf dem Umstand, daß er seine Stücke der Art Vermiculus pilosus an dem
Fundort des Monopylephorus rubroniveus fand; sie konnte außerdem nur bestehen bei der Annahme,'
daß einer der wenigen Charaktere in der Diagnose Levinsens unzutreffend oder wenigstens ungenau
sei (Monopylephorus: „Penis uden Chitinskede“ — Vermiculus pilosus hat überhaupt keinen Penis).
Ich muß zugeben, daß auch ich trotz dieser anscheinenden Abweichung glaube, daß die von Levinsen
und Ditlevsen an dem gleichen Orte gefundenen Tiere gleichartig sind; muß aber zugleich Verwahrung
dagegen einlegen, daß Ditlevsen in anderem Falle, der nicht ihn selbst und Levinsen anbetrifft, mit
ganz anderem Maße zu messen beliebt. Ich denke hierbei an 0. F. Müllers Lumbricus lineatus.1)
Ich identifizierte diese Müllersche Art, nachdem ich sie selbst an dem vom Autor genau angegebenen
sehr charakteristischen Fundort wiederfand („in den sandigen Ufern der Ostsee, insonderheit in
dem Schlamme zwischen den Steinen und aufgeworfenen Meergräsern, da wo sie die Kopenhagener
Wälle bespület, in einer unzählbaren Menge wie Sand am Meere“), mit der von Levinsen als Pachy-
drilus rivalis (1. c. p. 231), von mir als P. germanicusa) beschriebenen Art3). Ich fußte hierbei auf der
für ihre Zeit (1771!) und die Hilfsmittel dieser Zeit vortrefflichen Schilderung 0. F. Müllers. Allerdings,
die von Müller angegebenen Charaktere „passen nur gemeinsam auf die Gattung Pachydrilusu, wie
Ditlevsen dagegen hervorhebt. Aber das genügt doch wohl in diesem Falle, wo nur die eine Art in
Frage kommt. Sind denn die von Levinsen für Monopylephorus rubroniveus angegebenen Charaktere,
aus denen man nicht einmal auf die Gattungszugehörigkeit schließen kann, maßgebender ? Ich
muß demnach darauf bestehen, daß dem baltischen rötlichen Meeresstrands-Enchyträiden der alte
Müllersche Name, dessen Berechtigung jedem vorurteilslosen Beurteiler einleuchten muß, und den
ich als Revisor der Familie Enchytraeidae und der Ordnung Oligochaeta festgelegt habe, erhalten
bleibe. In Anpassung an die modernere Gattungsbezeichnung ist dieser Enchyträide als Lumbricillus
lineatus (0. F. Müll.) zu bezeichnen.
Was nun den Umfang und die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gattung Monopylephorus
anbetrifft, so bin ich augenblicklich nicht in der Lage, ein Urteil darüber abzugeben. Es bedürfte
einer eingehenden Revision der hier in Betracht kommenden Formen. Zumal das Verhältnis der
Monopylephorus zu den Arten der Gattung Rhyacodrilus Bretsch. (= Tau/podrilus Benh. = Bran-
chiura i. p. Mich. =s Ilyodrüus Ditlevsen) müßte näher festgestellt werden. Es will mir scheinen,
als läge hier eine recht nahe Verwandtschaft vor. Die Unpaarigkeit der B e g a t t u n g s p o r e n
bei den frühest bekannten Monopylephorus-Arten hat sich als nicht durchgängig erwiesen; auch die
l ) 1771: „G o rd iu s p a llid u s lin e a lo n g itu d in a li ru f a “ , O. F. Müller, Von W ü rm e rn d e s sü ß en u n d salzigen W a s s e rs ; Kopenh
ag en , p . 111.
1774: „L um b ricu s lin e a tu s “ , O .F .M ü lle r, Ve rmium te rre s trium e t flu via tilium h is to r ia ; H av n ia e e tL ip s ia e , l , I I , p . 2 9
*) W. Michaelsen, U n te rsu ch u n g en ü b e r E n c h y tra e u s Möbii Mich, u n d an d e re E n ch y tra e id e n , Kiel 1886, p. 43.
3) W. Michaelsen, S y nopsis d e r E n c h y tra e id e n , • In : Abh. Ver. H am b u rg X I, 1889, H e f t 1, p . 23.
B o r s t e n f o rm läßt sich als Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Gattungen nicht
verwerten. Die Länge der S ame n l e i t e r ist wohl bei Rhyacodrilus etwas beträchtlicher (Samenleiter
länger als die Atrien), aber doch so schwankend, daß sie ebenfalls nur schwer zur Sonderung
der Gattungen verwendet werden kann. Das Hauptmerkmal der Gattung Monopylephorus bildet wohl
die Gestaltung der N e p hr i d i e n , die an die Enchyträiden-Gattung Mesenchytraeus erinnert;
doch ist zu beachten, daß auch bei Rhyacodrilus in einem Teilstück der Nephridien diese besondere
Struktur auftritt, so nach Stole bei Rhyacodrilus (Ilyodrilus) coccineus (Vejd.).1)
Monopylephorus africanus n. sp.
Fundnotiz. T r a n s v a a l , Wi t p o o r t in Di v. Mi dd e l b u r g , am Qu e l l f l u ß
des K r o k o d i 1 f 1 u s s e s, im Ufermorast; Prof. W. Michaelsen leg. 31. VIII. 1911.
Vorliegend ein vollständiges
Exemplar und ein Vorderende.
Das letztere wurde in eine Schnittserie
zerlegt.
Äusseres. Dimensionen
des vollständigen Stückes: Länge
16 mm. Dicke V 3 - V 2 mm (am
Gürtel 0,6 mm). Segmentzahl
ca. 84.
F ä r b u n g der lebenden
wie der konservierten Stücke weißlich;
pigmentlos.
Ko p f l a p p e n kurz, gerundet*
B o r s t e n bis zu 4 (?) in
den ventralen und dorsalen Bündeln,
sämtlich gabelspitzige Hakenborsten.
An einer Borste des
Mittelkörpers erwiesen sich die
beiden Gabelzinken als annähernd gleich lang; doch war die untere, stärker gebogene Gabelzinke
dicker als die obere.
M ä n n l i c h e r P o r u s unpaarig, ein großes Loch ventralmedian an der hinteren Hälfte
des 11. Segments.
S ame n t a s c h e n - P o r e n paarig, hinter den normal ausgebildeten ventralen Borsten
des 9. Segments,, auf dem hinteren Abhang eines großen gemeinsamen, ventralmedianen Querwulstes,
der hinten von Intersegmentalfurche 9/1 Obegrenzt wird und an seinem vorderen Abhang die ventralen
Borstenbündel des 9. Segments trägt.
G ü r t e l ringförmig, am 10.—12. Segment, jedoch die vordere Partie des 10. Segments
frei lassend.
ab dsio/u
Fig. 1. M onopylephorus a frica nu s n. sp ., lin k s s e itig e H ä lfte d e r Geschlechtsrej
du rc h e in en S a g itta ls c h n itt zur A n sch au u n g g e b ra c h t, e tw a s s c h em a tis c h ; 1
>) Vergl. S to le , Monografie Ceskych Tubific idu. I n : Abh. Böhm. Ges. (7) ,11, p. 25, t. I I f. 7, 8.