Über mechanische Schwarmbildung beim
Plankton.
Von Wolfgang Ostwald.
Mit 7 Textfiguren.
1. Bekanntlich, ist von V. H e n s e n das Theorem auf gestellt worden, daß die Verteilung des
Planktons speziell in den Meeren eine „annähernd gleichmäßige“ sei, derart, daß zwar qualitative
Unterschiede in der Zusammensetzung, nicht jedoch wesentliche quantitative Differenzen, z. B. im
Volum oder Gewicht des aus einem gleichgroßen Raum gefischten Planktons an verschiedenen Orten
festgestellt werden können. Finden sich Abweichungen von diesem Theorem, wie solche z. B. von
der H e n s e n sehen Planktonexpedition selbst in den nördlicheren Gebieten des Atlantik festgestellt
wurden, so sind dieselben auf ebenfalls durchaus „gesetzmäßige Ursachen“ zurückzuführen, unter
denen meteorologische Faktoren wie Temperatur, Strömungen usw., ferner Emährungsbedingungen usw.
die Hauptrolle spielen.
Dieses Theorem besitzt den Vorteil und den Nachteil, daß es in der gegebenen allgemeinen
Form weder bewiesen noch widerlegt werden kann. Je nach der Größe des untersuchten Areals,
der Größe des ausgefischten Wasservolums, der Genauigkeit, mit der man die Bestimmung der Plankton-
menge ausführen kann oder will, der geographischen Lage des betrachteten Gebietes, der v e r t i k
a l e n Lage der durchfischten Schicht usw. gilt es oder gilt es nicht. Und für alle die Fälle, in denen
trotz Gleichheit der aufgezählten Faktoren doch Ungleichmäßigkeiten in der räumlichen Konzentration
des Planktons festgestellt werden, stehen die genannten „gesetzmäßigen“ meteorologischen
und biologischen Einflüsse für ihre Erklärung zur Verfügung. Mit dem gleichen Rechte und dem
gleichen Nutzen ließen sich Paralleltheoreme für die Verbreitung der terrestrischen oder aviatischen
Fauna und Flora aufstellen. Denn auch in letzteren Fällen wird ein Forscher kaum den prinzipiellen
Zweifel darüber hegen, daß die Ungleichheiten in der räumlichen Konzentration dieser Organismen
etwa nicht auf „gesetzmäßige“ Ursachen zurückzuführen wären, wennschon uns diese Gesetze heute
vielfach noch nicht bekannt sind.
Es erscheint dem Verfasser viel zweckmäßiger, statt der Aufstellung von Theoremen des
bezeichneten Charakters und der Kennzeichnung der „kausalen“ Faktoren der Verbreitung des
Planktons als Hi lfsgrößen, die letzteren in den Mi t telpunkt der Untersuchung zu stellen.
Der Verfasser glaubt nicht, durch die Betonung dieser, der H e n s e n sehen Anschauung entgegengesetzten
Tendenz etwas besonders Neues gesagt zu haben. Zweifellos sind die interessantesten Aufklärungen
über die Ursachen der horizontalen und vertikalen Verbreitung des Planktons gerade mit