Daphnia cucullata anzusehen, die erst spät im Jahre (Juli!) erscheint und nicht die Fähigkeit besitzt,
den für die Spezies so typischen Helm zu bilden.
Alle freischwimmenden Cladoceren des Teiches sind häufig durch intensive Fettkörperfärbung
ausgezeichnet, die durch die reichlich gebotene Algennahrung hervorgerufen wird. Das Zentrifugenplankton
ist in der Tat zuzeiten enorm entwickelt. Rotatorien, Zyklopiden und Daphnien wechseln
beständig in ihrer maximalen Häufigkeit ab und bewirken bei einer gewissen Monotonie des Planktons
in den einzelnen Fängen einen reichen Wechsel des Aussehens beim Vergle ich der Proben untereinander.
Wie sieht nun das Plankton in den verschiedenen Monaten aus? Im Winter ist die Hauptmenge
das Phytoplankton: Asterionella, Fragilaria, Diatoma, Mdosira, Synedra und andre nicht Kolonie
bildende Diatomeen, Pediastrum, Staurastrum usw., kurz Formen, die auch in großen Seen im Winter
Hauptkomponenten sind. Im Februar erscheinen die Rotatorien in größerer Quantität. Synchaeta
pectinata ist die erste, die ein größeres Maximum erreicht. Im März und April folgen die kleineren
Brachionusarten und Anuraea aculeata. Cydops ist während des Winters schon häufig gewesen und
hat jetzt und späterhin Perioden des Auf- und Absteigens. Mitte Mai nimmt das Zentrifugenplankton
an Quantität rapide zu. Die Fänge dieser Zeit bestehen dann hauptsächlich aus Cyclopiden und
Rotatorien und dem Zentrifugenplankton, das dem überstehenden Wasser eine tiefgrüne, frische
Farbe verleiht. Um diese Zeit erwachen die Daphniden aus dem Winterschlaf. Bosmina longirostris
lebt ja schon lange bei geringer Häufigkeit im freien Wasser, jetzt kommt aber Daphnia longispina
und ein wenig später Ceriodaphnia in größerer Menge hinzu. Daphnia longispina geht Ende Mai zur
Bildung der ersten Ephippien über und wird nun an Zahl schwächer, dafür werden Bosmina und
Ceriodaphnia stärker. Bosmina bildet Anfang Juni Dauereier, Ceriodaphnia zu Ende und Anfang
Juli. Mit dem Zurückgehen der Daphnia longispina nehmen die Rotatorien wieder zu und zwar ist
es jetzt Brachionus pala-amphiceros, der bei geschlechtlicher Fortpflanzung dominiert, später As-
planchna priodonta. Zu Beginn des Juli erscheint Diaphanosoma brachyv/rum und als letzter Nachzügler
Daphnia cucidlata. Die Daphniden lösen sich von nun an in der Herrschaft ab, stellen aber
immer neben Cydops die Hauptmenge des Planktons. Es ist ein fortwährendes reizvolles Auf und
Nieder. Rotatorien und Cyclopiden vermögen nicht die hohe Individuenzahl der Daphnien zu
erreichen. Erst im September wird für sie das Feld frei, wenn die Daphniden sich anschicken, dem
Winter durch die Produktion der Dauerstadien Rechnung zu tragen. Dann unternehmen die Cydops-
arten sofort einen Vorstoß. Kurz vor Einbruch des Winters wird Anuraea aculeata oder Asplanchna
nochmals Leitform. Darnach fängt der Kreislauf von vorn wieder an.
Man sieht, die Verhältnisse ähneln denen großer Wasserbecken sehr. Ein kleiner Sprung
ist nötig, um aus dem Teichplankton ein Seenplankton zu machen. Es fehlt nur .die Zyklomorphose
der Daphnien, ferner das Auftreten der Leptodora und der typisch limnetischen Rotatorien wie No-
tholca longispina.
II. Uber die Variation und Systematik des Genus Daphnia.
Wie ich schon in der Einleitung betonte, ist es nötig, als Grundlage für unser System die erblich
festgelegte Reaktionsnorm zu nehmen. Man unterschied gewöhnlich viererlei Variationsarten:
1. die fluktuierende Variation; 2. die Altersvariation; 3. die Saisonvariation und 4. die Standorts-
Variation. Sehen wir zunächst zu, inwieweit diese von der Reaktionsnorm einerseits und dem Einflüsse
des Milieus anderseits abhängig sind.
Wenn wir aus der Zahl der variablen Charaktere eins herausgreifen, z. B. die Körpergröße, so
bemerken wir bei dauernder Untersuchung einer Population folgendes. Die erste (Ex-Ephippio-)
Generation des Jahres erreicht eine bestimmte mittlere Größe. Schon die Nachkommen dieser ersten
Tiere nehmen in auffälliger Weise an Größe ab, und deren Brut erreicht wiederum nur einen im Mittel
kleineren Umfang als sie selbst. Es besteht schließlich ein bedeutender Unterschied in der Größe
der ersten und letzten Generationen. Diese Verschiedenheit wird durch zwei Faktoren bedingt,
erstens durch gesetzmäßige Änderungen innerhalb der Reaktionsnorm und zweitens durch Verschiedenheit
der äußeren Reaktionsbedingungen, nämlich durch die Einflüsse von Nahrung,
Temperatur usw.
Jedem Tier der ersten Generation ist ja die maximale und minimale Größe, die es je nach Ernährung
usw. erreichen kann, durch seine ererbte Reaktionsfähigkeit vorgeschrieben. Diese Reaktionsfähigkeit
ist bei den Tieren gleicher Generation und gleichaltriger Würfe — Einheitlichkeit der Population
vorausgesetzt — stets gleich; dagegen macht sie von Wurf zu Wurf und von Generation zu Generation
Änderungen durch, die in einigen Fällen (Taf.-Fig. 1, 5, 7, 16, 17) sprungartigen Charakter
zeigen („S a i s o n v a r i a t i o n“). Außerdem sehen wir die Reaktionsnorm im Laufe des Lebens
der Einzeltiere stark wechseln („A l t e r s v a r i a t i o n“).
So kann also bei der einen Population die F ä h i g k e i t , ein bestimmtes Merkmal z. B. den
Helm stärker ausbilden zu können, von Generation zu Generation zunehmen, während dieselbe Fähigkeit
bei einer anderen sich immer gleich bleibt. Ob im ersten Falle der Helm wirklich ausgebildet
wird, das hängt zum Teil von den äußeren Bedingungen ab und darf dann bei der systematischen
Beurteilung keine Rolle spielen. Die beiden Populationen sind auf jeden Fall auseinanderzuhalten,
weil sie verschiedene Reaktionsnorm besitzen. Denn wie es möglich ist, daß Populationen verschiedener
Reaktionsnorm gleiches Aussehen besitzen können, so kann umgekehrt eine Rasse, wenn
sie über ein größeres Gebiet verbreitet wird, in verschiedenen „St ando- r t s Va r i e t ä t e n “
auftreten, ohne daß sich ihre Reaktionsnorm ändert. Frühere Systematiker haben den Fehler gemacht,
im ersteren Falle verschiedenartige Populationen zusammenzuwerfen und im letzteren eine Spezies
in mehrere aufzuspalten. Vor allem die stark variierenden Daphnien (galeata, cucullata) sind wiederholt
auseinandergerissen worden. Selbst die neuesten Systeme (Keilhack) entsprechen in dieser
Hinsicht nicht allen Anforderungen. Es ist überaus lehrreich, die Entwickelung dieser Systematik
zu verfolgen. Eine Zusammenstellung ist bisher noch nicht gegeben worden und mag deshalb hier
folgen.
Übersicht über die Entwicklung der Systematik.
Bis 1860 ist wenig über das Genus Daphnia bekannt. Zwar sind schon einige der jetzigen
Spezies beschrieben, allein es sind dies nur die wenig variablen Tümpelformen pulex und magna und
die ihnen nahestehenden und mit ihnen teilweise heute zusammengezogenen Arten, Schaefferi usw.
Von den nebenkammlosen Daphnien ist nur Daphnia longispina, die Müller 1775 benannt hat,
beschrieben. Zaddach führt deshalb auch keine longispina in seinem ,,Crustaceorum prussieorum
prodromus“ auf. Die vielen Speziesnamen, die wir heute besitzen, sind erst nach 1860 gegeben worden.
In diesem Jahre beschreibt Leydig seine Daphnia hyalina in der „Naturgeschichte der Daphniden“.