2. Periode: Bildung eines Ablösungsm echanismus durch das Entstehen von Falten der Mittleren
Membran der Trompe unterhalb des neuen Spermabehälters.
3. Periode: Allmähliche Streckung dieser Falten und Vorbereitung der Ablösung.
4. Periode: Abwerfen des Gehäuses und Beginn des Auswanderns der Spermatozoen aus dem
gebildeten Behälter in die Mantelhöhle.
Dieser Einteilung bin ich in der Beschreibung der Explosion bei Jllex ziemlich gefolgt, habe
aber dort die 1. Periode in zwei zerlegt und dafür die 2. und 3. Periode als eine behandelt, wie es für
Illex mehr angebracht schien in Anbetracht des Verlaufs und der relativen Dauer der Einzel Vorgänge.
Ich wende mich nun zu der Beschreibung des Verlaufs bei Rossia.
Die 1. Periode bei Rossia hat eine Dauer von nur 1% Minuten. In den ersten 20 Sekunden
stülpt sich die Trompe mit nur mäßiger Geschwindigkeit um und zwar unter spiraligen Bewegungen.
Alsdann tritt eine Beschleunigung ein; nach 25 Sekunden erfolgt die weitere Ausstülpung sehr rasch.
Die Drehbewegung hört dann auf und nur die Ausstülpung dauert fort. Nach 50 Sekunden stülpt
sich der als „sac“ bezeichnete Teil um (der kegelförmige Teil der Flasche), und es entsteht der Spermabehälter
zweiter Ordnung. Das „faux boyau“ (cylindrischer Teil der „Flasche“) und der Spermaschlauch
werden rasch in dieses hineingetrieben. Nach 65 Sekunden wird die Bewegung langsamer;
nach 90 Sekunden ist der ganze Spermaschlauch am Ende der umgestülpten Partie angekommen;
damit ist die erste Periode beendigt.
Die explodierten Spermatophoren finden sich bei Rossia in Falten nahe der weiblichen Oviduktmündung
unter die Haut eingebohrt. Racovitza nimmt an, daß diese Einbohrung mit dem
Ende der ersten Periode der Explosion vollzogen sein muß, konnte indessen experimentell keine
Einbohrung der Spermatophoren erzielen.
Die zweite Periode (Dauer ist nicht angegeben) schließt sich sofort an die erste an. Die Gehäuseflüssigkeit
dringt in den sekundären Spermabehälter ein, und es kommt ein Zeitpunkt, wenn dieses
sich nicht weiter ausdehnen läßt. Infolge des stärkeren Druckes von dem neuen Behälter aus tritt
eine Faltung der mittleren Schicht der umgestülpten Trompe ein und zwar unterhalb des neuen
Behälters; diese Faltung ist zunächst asymmetrisch und bewirkt eine schräge Abweichung der Trompe,
richtet sich aber dann wieder gerade.
Das Gehäuse ist nach dem Abschluß der ersten und zweiten Periode leer, nur mit Flüssigkeit
gefüllt und überragt von einer langen, cylindrischen Röhre der umgestülpten Trompe; die letztere
zeigt sich außen bekleidet mit verschiedenen granulierten Substanzen, die ursprünglich den Inhalt
der nicht ausgestülpten Trompe gebildet hatten. Am Ende dieser Röhre sitzt der sekundäre Spermabehälter,
außen mit einer klebrigen Masse, dem früheren Inhalt des konischen Abschnitts der Flasche
(le sac) bedeckt, im Innern den ganzen Spermaschlauch sowie die taube ihm vorausgehende Masse:
den cylindrischen Teil der Flasche (le faux boyan) enthaltend. Im normalen Zustand ist dieser Behälter
wie schon erwähnt, in die Haut des Weibchens eingesenkt zu denken. Die lange noch geschlossene
Röhre mit dem Gehäuse hängt dann frei in die Mantelhöhle.
Es tritt nun eine Pause von 2—3 Stunden ein—die dritte Periode, während deren sich langsam die
Bildung einer Öffnung vorbereitet. Die Falten der elastischen (mittleren) Membran unterhalb des Spermabehälters
beginnen sich allmählich zu strecken. Zugleich spaltet sich die granulierte Membran, man
sieht ganze Fetzen sich von der Oberfläche ablösen, und an der Äußeren Membran, in der Gegend der von
Racovitza beschriebenen prädestinierten Rißstelle machen sich mehr und mehr kleine Falten bemerkbar.
Sobald die vorher erwähnten Falten der Mittleren Membran sich ganz gestreckt haben, tritt
eine heftige Bewegung ein. Die Trompe weicht zur Seite ab, und trennt damit den sekundären Spermabehälter
von dem Rest des Apparats. Zugleich bricht die Röhre, die nach Racovitza von den beiden
Blättern der Inneren Grenzhaut (tunique interne) gebildet war, an der präformierten Rißstelle auseinander
und kommt aus der Scheide hervor, die ihrerseits von der Inneren, Mittleren und Äußeren
Membran gebildet wird. Damit ist die dritte Periode beendigt. Ich lasse es dahingestellt sein, ob
die Zusammensetzung der betreffenden Röhre die von Racovitza angenommene ist; oder ob, wie es
mir wahrscheinlicher vorkommt, die sogenannte Äußere Membran ihre Wand bildet. Wie dies auch
sei, das Resultat der dritten Periode besteht in der Isolierung der zwei Gebilde: des eigentlichen, in
die Haut des Weibchens eingebohrten sekundären Spermabehälters und des leeren Restkörpers,
der vom Atemwasser weggespült wird.
Die vierte Periode besteht darin, daß Seewasser in die offene Röhre des neuen Behälters eindringt.
Die Eigenmembran des darin befindlichen Spermaschlauches beginnt sich aufzublähen
und zu platzen. Die Spermatozoen gelangen in die Röhre und verlassen dieselbe, wie es scheint
durch Eigenbewegung, einzeln oder in kleinen Gruppen. Spermatozoen finden sich alsdann längere
Zeit dauernd in der Mantelhöhle. Ob sie in den Ovidukt einwandern oder ob die Befruchtung der
Eier beim Verlassen des Ovidukts eintritt, ist nicht festgestellt.
Um den Verlauf der Explosion bei Rossia mit dem für Illex beschriebenen zu vergleichen,
so wäre nach meiner Beobachtung hervorzuheben, daß der Vorgang bei Illex erheblich rascher verläuft.
Die erste Periode dauert wohl kaum länger als bei Rossia, obwohl bei Illex wie geschildert
eine vorübergehende Hemmung eintritt durch den Widerstand, den der sogenannte Anker der
Umstülpung entgegensetzt. Bei Rossia, wo ein Anker fehlt, ist dieser Moment nicht so markiert
und eine Zerlegung der ersten Periode in zwei wäre hier nicht angebracht. Dementsprechend ist aber
auch die Einbohrung der Spermatophore bei Rossia keine so kräftige und sichere wie bei Illex, wo
eine besondere Haftvorrichtung entwickelt ist. Die Vorgänge andererseits, die eine Ablösung des
leeren Gehäuses vorbereiten und bei Rossia mehrere Stunden in Anspruch nehmen, sind bei Illex in
viel kürzerer Zeit beendigt und eine Unterscheidung von zwei Perioden schien unnötig. Die Bildung
und Wieder Streckung von Falten der „Mittleren Membran“ scheint bei Illex noch in die erste und
zweite Periode zu fallen und nur eine vorübergehende Rolle zu spielen. Die dritte Periode bei Rossia
hat indessen offenbar mit der dritten Periode bei Illex das gemeinsam, daß mehr und mehr die Äußere
Membran es ist, die die Innendrucke auszuhalten hat, welche anfangs hauptsächlich auf die Innere
Membran wirkten. Es ist bei Rossia nicht ganz aufgeklärt, ob die Innere Membran genau gleichzeitig mit
der Äußeren Membran abreißt; indessen bei Illex ist leicht einzusehen, daß gerade das vorherige Reißen
der Inneren und das freie Aufquellen der Mittleren Membran die Äußere Membran einer Schutzhülle
beraubt und dem immer noch wirkenden Innendruck preisgibt, was ihr baldiges Reißen zur Folge hat.
Was den Mechanismus des ganzen Vorganges anbetrifft, so ist es ziemlich wahrscheinlich,
daß ein im Innern des Gehäuses entstehender Flüssigkeitsüberdruck von Anfang an die treibende
Kraft der Explosion ist. Wenn auch einzelne Experimente dafür sprechen, daß wenigstens die ersten
Phasen der Ausstülpung von Spermatophoren auch auf dem Trocknen vor sich gehen können, also
schon irgendwelche Überdrucke im Innern der unexplodierten Spermatophore vorhanden sein müssen,
so glaube ich doch, daß für den vollständigen Ablauf des ganzen Vorgangs osmotische Flüssigkeitsaufnahme
durch die äußeren Wände erforderlich ist.
Über den Verlauf der Explosion bei anderen Decapoden muß ich mich auf einige kurze
Bemerkungen beschränken.