Ich betonte schon in der ersten Arbeit, daß die richtige Orientierung sämtlicher Entwicklungsstadien
der Knospenähren und dieser selbst vor dem Schneiden von Wichtigkeit ist, da Schrägschnitte
Bilder liefern, die zu ganz irrigen Vorstellungen führen können.
Infolgedessen mußten die Larven der Cunina parasitica einzeln mit feinen Nadeln aus dem
Gewebe der Geryoniden herauspräpariert werden, ebenso die Entwicklungsstadien der zweiten Generation
der Cunina proboscidea aus dem mütterlichen Gewebe.
Dies geschah, nachdem die genannten Wirtstiere in mehrere Stücke zerschnitten worden
waren und die einzelnen Stücke längere Zeit in Nelkenöl gelegen hatten.
Wie ich schon mitgeteilt habe, verändert diese Behandlung die Konsistenz der Gewebe der
Wirts- oder Muttertiere sowie die ihrer Parasiten, bzw. ihrer Brut derart, daß es bei einiger Übung
unschwer gelingt, die Larven zu isolieren. Jedenfalls habe ich auf diese Weise eine ganze Reihe
saubereT Präparate erhalten.
Unterläßt man die Vorbehandlung mit Nelkenöl, so ist die Herauspräparation schwierig;
in den Fällen, in denen sich die Cunina parasitica-Larven, bzw. die Knospenähren vermittelst
Wucherungen (1. c. 1911 S. 237 Taf. VII Fig. 20, Taf. VIII Fig. 21, 22) im Gewebe ihrer Wirtstiere
verankert haben, ist es überhaupt unmöglich, sie unverletzt herauszubekommen, da regelmäßig
der proximale, die Phorocyte enthaltende Abschnitt beschädigt wird oder abreißt.
Die Cunina-Larven, sowie die jüngeren Knospenähren wurden sämtlich in Nelkenöl-Collodium
überführt, nach 12 Stunden im Tropfen auf Glasplättchen montiert, unter der Lupe orientiert, hierauf
durch Chloroform oder Xylol vom Nelkenöl befreit und schließlich in Paraffinblock geschnitten.
Folgende Färbungsmethoden kamen zur Anwendung:
1. die Heidenhainsche Eisenhämatoxylinfärbung; Nachfärbung mit sehr verdünnten alkoholischen
Orange G-, Fuchsin S-Lösungen.
2. Die Färbung in einem Methylgrün- (Jodgrün, Malachitgrün) Fuchsingemisch, dem etwas
Ameisensäure zugesetzt ist. Das Gemisch muß eine violette Farbe besitzen.
3. Zwei von G. Pianese (1895) empfohlene Farbengemische:
a) Saures Hämatoxylin von Ehrlich 15 ccm.
l%ige Lösung von Fuchsin S in 70% Alkohol 15 ccm.
Destilliertes Wasser 15 ccm.
b) Malachitgrün 50 cg;
Fuchsin S 10 cg;
Gelb von Martius 1 cg;
Destilliertes Wasser 150 ccm;
96% Alkohol 50 ccm.
Diese Lösung ist erst nach einigen Tagen brauchbar; ich fand es empfehlenswerter, sie mit
Alkohol noch stärker zu verdünnen (ca. y2), da man hierdurch progressive Färbungen erzielen kann.
Die genannten Methoden gestatteten mir weiteren Einblick in das Wesen der Degeneration
der Phorocyte. Besonders schöne, leider aber sehr vergängliche Bilder lieferte mir die Schnittfärbung
mit den unter 2 und 3 b genannten Farbmischungen.
Ich habe mir daher in den Fällen, in denen es mir auf exakte Nucleinfärbung ankam, farbige
Skizzen nach dem frisch gefärbten Objekt angefertigt. Dies ist bei der Größe unserer Phorocyten,
die schon bei Anwendung schwacher Linsensysteme zahlreiche intime Charaktere erkennen lassen,
ein leichtes.
Ich will hier vorausschicken, daß die Entartung unserer Phorocyte in manchen Punkten mit
der gewisser Geschwulstzellen übereinstimmt, und ich werde noch im einzelnen zu zeigen versuchen,
inwiefern dies der Fall ist und wie weit diese Übereinstimmung geht. Dabei werde ich mich des öfteren
auf die Darstellung Pianeses beziehen, da ich zwei der Färbemethoden dieses Autors übernommen habe.
Die beigegebenen Zeichnungen sind sämtlich, soweit es sich um Originale handelt, mit
Zeichenapparat angefertigt worden.
Die Entwicklung der zweiten Generation von Cunina proboscidea Metsclmikoff.
Während meines Aufenthaltes an der Stazione Zoologica in Neapel im Früjahr 1910 erhielt
ich einige Exemplare von Cunina proboscidea Metschnikoff, die Dr. Lo Bianco im vorangegangenen
Winter für mich konserviert hatte. Leider war die junge Brut in allen Fällen schon zu weit entwickelt,
so daß wir — was die ersten Embryonalvorgänge anlangt — immer noch auf die voneinander sehr
stark abweichenden Darstellungen Metschnikoffs und Stschelkanowzews
angewiesen sind. Im Vorjahre (1. c. 1911, p. 219—222) habe ich die Angaben
beider Forscher einer vergleichenden Untersuchung unterzogen und
unter Heranziehung der Resultate Bigelows bei seinen Studien über die
Entwicklung einer in der Gallerte
der Pegantha smaragdina parasi-
tierenden zweiten kleineren Generation
(1909) den Versuch unternommen,
die Abweichungen in den
genannten Arbeiten darauf zurückzuführen,
daß die bekannten neutralgeschlechtlichen
Zellen Metschnikoffs
nicht einander ebenbürtige Elemente,
sondern vielmehr Elemente von
zweierlei Art repräsentieren. (Reife
Eier + Oocyten I. Ordnung und
............................. i der G n n i i
c i d o a Metsclmikoff (Morula) mit der Phi
» dom mütterlichen Gewebe angehoftet.
Oogonien im Sinne Stschelkanowzews.) Die Nachprüfung dieser Theorie muß natürlich weiteren
Untersuchungen Vorbehalten bleiben.
Das jüngste Larvenstadium, welches ich vorfand, habe ich in Textfig. 1 abgebildet. Es
handelt sich um eine Morula. Die Furchung ist — wie dies Bigelow schon ganz richtig vermutete —-
total. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß sie anfänglich nach dem Typus superfizieller Eier
vor sich geht, wie dies Stschelkanowzew beschrieb. Bemerkenswert ist zunächst, daß diese Morula
nur eine Phorocyte besitzt (contra Stschelkanowzews, der zwei Phorocyten beobachtete und sie für
umgewandelte Polzellen des Ektoderms hielt), ferner Größe und Lagerung der Phorocyte selbst.
Aus statischen Gründen erscheint die Hineinverlagerung der Phorocyte in den Larvenkörper recht
wohl verständlich. Daß die Phorocyte eine umgewandelte Polzelle der Larve repräsentiert, halte ich
mit Rücksicht auf ihren ziemlich weit vorgeschrittenen Entartungszustand für wenig wahrscheinlich.
Bei weiter entwickelten Larven läßt sich die Phorocyte nur äußerst schwer auf finden und die Verbindung
der anscheinend sehr beweglichen Larven mit dem mütterlichen Gewebe ist manchmal so innig,
Zoologica. Heft 67,
k la ts c h , (aus derselben Serie,
velcher der in Textfigur 3 wiedergegebene
Schnitt angehört).
Oie Verbindung mit dem mütter-
ichen Gewebe vermittelt eine merk-
vürdig differenzierte E n to d e rm -
: e 1 le der gastrocanalen Wand.
0a sie einer Phorocyte zum Ver-
vechseln ähnlich ist, nenne ich sie
? s e u d o - P h o r o o y t e. Sie
mtspricht wahrscheinlich einer
1906, 1. c.) beobachteten „e k t o-
I c rm a 1 e n “ (?) T r ä g e r z e 1-
e n, mit welchen sich die Larve
im mütterl. Entoderm fixieren soll.