von „Acanthosoma“- und Cirripedienlarven so vielfach vorliegen. Aber gerade diese ringsum
mit Borsten versehenen Cladoceren leben nicht pelagisch, sondern am Grunde, und jene Borsten
dienen offenbar dazu, ihr Einsinken in den Schlamm zu hindern. In der Tat spielt diese Methode,
außer bei einigen tropischen Arten, keine erhebliche Rolle beim S c h w e be n der Cladoceren.
3b. Erhöhung des Reibungswiderstandes durch Vergrößerung des horizontalen
Querschnittes. Gerade für die Cladoceren ist nun weniger die allseitige als die einseitige Aussendung
langer Schalen- und Kopf-Fortsätze
(„Spina“, „Helm“, „Mucro“, „Rüssel“ usw.) charakteristisch,
oder die Verlängerung des ganzen Körpers
(Leptodora) oder endlich des Abdomens (Bythotrephes).
Alle diese Dinge erklärt man, da das vorige Motiv
die Einseitigkeit unerklärt läßt, hauptsächlich durch
V e r g r ö ß e r u n g des horizontalen Quers
c h n i t t s , also durch Vermehrung derjenigen
Flächen, welche die beim Sinken verdrängten
Wasserteilchen zum weitesten Umweg, deshalb zur
größten Reibungsarbeit zwingen.
Ich möchte zunächst auf die Abbildungen
1—7 verweisen, die immerhin einen Begriff von
der Mannigfaltigkeit geben, welche in bezug auf
diese einseitigen Fortsätze herrscht. Wir können
sie als Ve r l ä n g e r u n g e n e i n e r Kö r p e r a
c h s e zusammenfassen.
Ein Punkt scheint mir der Erörterung zu
bedürfen, da man auf ihn bisher nicht geachtet
hat. In der Mehrzahl der Fälle wird die morphologische
Längsachse des Krebskörpers verlängert
(Fig. 5): Leptodora, Bythotrephes, Spina und
Helm der Daphniden, Mucronen von Bosmina bero-
linensis (Fig. 2) und von Scapholeberis (Fig. 3),
Stirnhom der letzteren. In diesen Fällen müssen
wir erwarten, daß der Körper horizontal, und zwar
entweder wie beim kriechenden Tier im Raum
orientiert ist, oder umgekehrt, mit dem Rücken
'ig. 1. Verlängerungen der morpholog. Längsachse und
zugleich darauf senkrecht stehende Verlängerungen.
a. Hinterkopf und Rückenschale rechtwinklig zu einander
verlängert: Evadne.
b. Kopfspitze und Schalenende senkrecht zu einander
verlängert: Hyalodaphnia („procurva“ ).
c. Rücken und Schalenende senkrecht zu einander
verlängert: D aph n ia hypsicephala (nach Daday).
nach unten. Für alle genannten Fälle, außer Daphnia, trifft das auch annähernd zu.
Nun kennen wir aber auch eine Anzahl von Cladoceren, bei denen nicht die Körperlängsachse,
sondern eine senkrecht darauf stehende Bauch-Rückenachse verlängert ist (Fig: 6), sei es daß der
Körper (Rückenschale) oder daß bestimmte Fortsätze (Antennen, Mucronen) in dieser Richtung
hypertrophisch werden: Evadne, Bosmina gibbera. Hier müssen,wir erwarten, daß der Körper mit der
m o r p h o l o g i s c h e n Längsachse im Wasser senkrecht steht, so daß er mit der neuen wirklichen
Längsausdehnung die größtmöglichen Horizontalflächen darstellt. Das ist aber nur in beschränktem
Maße der Fall, insbesondere nicht in bezug auf die langen Fortsätze, welche vielmehr in der Regel
mehr oder weniger, vertikal getragen werden.
Endlich gibt es einige Cladoceren, Welche in den b e i d e n genannten Richtungen gleichzeitig
verlängert erscheinen (Fig. 7): Evadne, Cercopagis, Daphnia hypsicephala, auch einige Bosminen.
Um diese Verlängerungen ^ wie es gebräuchlich ist — als Schwebanpassung (Vergrößerung des
Horizontalquerschnitts) zu erklären, müßten wir annehmen, daß diese Tiere entweder auf der
Seite schwimmen oder daß sie bald wagrecht bald kopfaufwärts im Wasser schweben. Auch das
alles trifft sicherlich nicht zu. —-
Aus dieser kurzen Zusammenstellung geht wohl schon hervor, daß die bisherige Erklärung
der „pelagischen Körperformen“ bei Cladoceren nicht ausreicht; ihre E n t s t e h u n g kann daher
auch noch nicht generell auf Anpassung (Selektion oder direkte Milieuwirkung) zurückgeführt
werden, weil der Nutzwert einiger Bildungen nicht einzusehen ist. Wir werden deshalb die Funktion
dieser Fortsätze und Formänderungen neu zu untersuchen haben (Kap. II).
Ehe wir dazu übergehen, noch ein Wort über die Bosminiden, welche sich dadurch auszeichnen,
daß innerhalb einer systematischen Spezies (B. coregoni) bald die eine, bald die darauf senkrecht
stehende Längsachse entwickelt ist: bei der Subspezies berolinensis u. a. (Fig. 2, 5) sehen wir die Mucronen
in Fortsetzung der morphologischen Längsachse mächtig entwickelt, bei gibbera-thersites
(Fig. 2, 6) dagegen ist der Rücken stark erhöht und sind die „hömer“artigen, starren Vorderantennen
in der entgegengesetzten Richtung vom Körper abgespreizt. Beide Formen treten nur im Sommer
auf. während die Frühjahrs- und Wintergenerationen die typische Bosminagestalt aufweisen.
Man könnte sich, wie mir scheint, kaum einen deutlicheren Hinweis auf die Labilität dieser
„Arten“ und vielleicht auch auf das geringe Alter ihrer extremen Formen wünschen. Jedenfalls
wird man in der heutigen Lebewelt kaum wieder eine Spezies finden, deren Körper derart bald
in der einen, bald in der anderen Richtung auseinander gezerrt erscheint, und zwar nur zeitweise,
während zu anderer Zeit die gemeinsame Grundform sich noch unverändert darbietet. —
Kap. II. Über die Faktoren der Bewegungsrichtung bei Cladoceren,
insbesondere über die Fnnktion und ökologische Bedeutung der „pelagischen“
Körperfortsätze.
A. Die Körperfortsätze als „Schwebeorgane“.
Ich möchte zunächst in Ergänzung des eben Gesagten die Bedenken zusammenfassen, die
mir im Lauf der Jahre gegen die bisherige Auffassung der „Schwebefortsätze“ bei Cladoceren gekommen
sind. Bedenken, die mich umsomehr störten, als ich über die Variation und Vererbung grade dieser
Fortsätze seit Jahren experimentell arbeite. Sie gelten gleichzeitig für einige andere aktiv schwimmende
Plankton-Organismen (Rotatorien,Peridineen), die deshalb anhangsweise berücksichtigt werden mögen.
1. Manche der extrem ausgebildeten Fortsätze (Helme von Hyalodaphnia, Hörner von Bosmina)
werden, wie schon We s e n b e r g - L u n d mehrfach betont hat, mehr oder weniger l o t r e c h t
g e t r a g e n , so daß sie für die Vergrößerung des Horizontalquerschnitts wenig in Betracht kommen.
Wir sahen oben, daß auch die Vergrößerung der relativen Oberfläche als Motiv für diese e i n s e i t i g
ausgebildeten. Fortsätze nicht ausreicht.
2. Ferner glaube ich, daß solche Körperumbildungen bei Tieren von variabler Bewegungsenergie
und variablem spezifischem Gewicht überhaupt kaum als Steigerung des bloßen
Schwebvermögens verstanden werden können, solange sie nicht hochgradig sind; weil