Eibildung nicht feststeht, so läßt sich mit noch weniger Sicherheit über die Gebilde beim Männchen
urteilen. Ihr ausgesprochen rudimentärer Charakter bei L. forbesi macht es überhaupt zweifelhaft,
ob ihnen eine Funktion zukommt: eine schwache Sekretabscheidung ist zwar, wie erwähnt, während
des Stadiums bester Ausbildung der Drüsenschläuche vorhanden, doch erreicht sie kaum einen
stärkeren Grad und verschwindet sicher bei zunehmender Kückbildung. Übrigens sind niemals
Spuren der äußerlichen rotgelben Färbung, entsprechend derjenigen der weiblichen Drüsen, zu
bemerken. Immerhin könnte man annehmen, daß früher bei reicherer Entfaltung eine für beide
Geschlechter charakteristische Funktion Vorgelegen habe, von der noch Reste erhalten sein könnten.
So könnte man an ein in Rückbildung befindliches Leuchtorgan denken; denn die charakteristische
Lage auf der Ventralseite des Tintenbeutels ist nicht nur gewissen Leuchtorganen von Oegopsiden
eigentümlich (nach Chun [1910] z. B. den Gattungen Chiroteuthis und Corynomma), sondern findet
sich auch wieder bei den einzigen an Myopsiden beobachteten Leuchtorganen, nämlich denjenigen
von Sepiola und Heteroteuthis (Meyer 1907, 1908). In dieser Überlegung habe ich, bevor mir der
histologische Aufbau und die deutliche Übereinstimmung der männlichen forbesi-Drüsen mit den
akzessorischen Nidamentäldrüsen klar war, Untersuchung an zahlreichen lebenden Exemplaren
angestellt. Besonders an Bord des Poseidon konnte ich die frisch gefangenen Tiere im dunkeln
beobachten und suchte sie auch durch starke Reizung, Verletzung des Mantels und Behandlung mit
verschiedenen Chemikalien zum Leuchten zu bringen, indessen stets vergeblich. Wie die histologische
Untersuchung mir weiterhin zeigte, gibt auch der Bau der Drüsen keinerlei Anhalt für die Vermutung:
sie ähneln weder den laternenartig wirkenden Leuchtorganen der Oegopsiden, noch den ein leuchtendes
Sekret ausscheidenden Drüsen (Heteroteuthis) und weisen keinen der charakteristischen optischen
Hilfsapparate, wie Reflektor und Linse auf.
Auch ein anderer Versuch, über die Art des Drüsensekretes ins klare zu kommen, führte zu
einem negativen Ergebnis, nämlich die Probe auf die Anwesenheit von Mucin und verwandten
tierischen Schleimstoffen in den Drüsenzellen bezw. in dem ausgeschiedenen Sekret. Keine der versuchten
Farbreaktionen auf Schleim — es wurden besonders- Thionin und Mucikarmin nach Paul
Mayer angewandt — gab irgendwelche Andeutung der charakteristischen Färbung. Übrigens konnte
ich auch an Schnitten durch gutentwickelte weibliche Nidamentaldrüsen von Loligo forbesi und
vulgaris niemals einen diesbezüglichen Erfolg erzielen, so daß auch ihre Ausscheidung nicht aus
typischem Schleim zu bestehen scheint. Da mir keine ändern mikrochemischen Reaktionen zur
Bestimmung der fraglichen Sekrete bekannt sind, und da eine Analyse größerer Mengen bei den
geringen Dimensionen der akzessorischen Drüse, auch der Weibchen, unmöglich ist, so muß ich auf
eine weitere Erklärung der Beschaffenheit der ausgeschiedenen Stoffe verzichten.
Wenn nun die Bedeutung der akzessorischen Drüsen bei männlichen Cephalopoden in ihrer
jetzigen Ausbildung unerklärt bleibt; so erscheint die Frage nach ihrer H e r l e i t u n g , im La u f e
der. S t amme s g e s c h i c h t e und nach ihrem etwaigen Wert bei früheren, phylogenetisch
älteren Formen nicht weniger problematisch. Man darf wohl annehmen, daß auf einer früheren Stufe
auch die männlichen Tiere ein reicher entfaltetes, funktionierendes Organ besessen haben; denn die umgekehrte
Vermutung, daß die Drüsen sich erst jetzt in fortschreitender Differenzierung als Neubildung
aus einer indifferenten Anlage befinden, wird wenigstens bei Loligo forbesi durch ihre ausgesprochen
rudimentäre Natur widerlegt. Es ist vielmehr wahrscheinlich, daß die Drüsen auf früherer Stufe bei
beiden Geschlechtern die gleiche Ausbildung hatten, da dieser Zustand, wie erwähnt, auch jetzt noch
im Lauf der Entwicklung bewahrt wird. Deshalb interessiert hier auch die mutmaßliche Ableitung der
akzessorischen Drüsen in beiden Geschlechtern. In der Beurteilung der Stammesgeschichte der Cephalopoden
werden allgemein die Verhältnisse bei Nautilus, dem einzigen rezenten Vertreter der Tetra-
branchiaten, als Ausdruck der primitivsten bekannten Organisationsstufe der Cephalopoden angesehen:
ohne daß man in dieser Gattung und ihren fossilen Verwandten direkte Vorläufer der heutigen
Dibranchiaten suchen darf, bietet er jedenfalls besonders klar in vielen Punkten eine größere Einfachheit,
die vielleicht die Organisation einer unbekannten gemeinsamen Stammform der Tetra- und
Dibranchiaten widerspiegelt. Leider fehlt eine umfassende Monographie über Nautilus, die auf einem
Vergleich mit der ganzen Dibranchiatenmorphologie fußt, noch völlig. In den vorliegenden Abhandlungen
(van der Hoeven 1856, Willey 1902) sind akzessorische Drüsen oder homologe Gebilde weder
bei weiblichen, noch bei männlichen Tieren beschrieben. Dagegen teüte mir Herr Dr. Naef mit, daß
er bei noch unveröffentlichten Untersuchungen an den Weibchen gewisse Drüsenbezirke festgestellt
hat, die ihrer Lage und Form nach mit den akzessorischen Drüsen der Myopsidenweibchen gleichgesetzt
werden können. Dieser Befund führt zu der Vermutung, daß die akzessorischen Nidamentaldrüsen
alte Organe darstellen, die nur bei den Myopsiden erhalten wurden. Ihr Fehlen bei den Oegopsiden
ist ein abgeleitetes Verhalten, während man im übrigen mit Chun (1910) geneigt ist, in dieser
Gruppe den primitiveren und phylogenetisch älteren Typus der Dekapoden zu sehen; ebenso sind sie,
wie oben erwähnt, bei den hochdifferenzierten Oktopoden geschwunden. Dagegen scheint nach Naefs
Angaben Nautilus im männlichen Geschlecht keine Spuren der akzessorischen Drüsen zu besitzen
und kann so also nicht für die Herleitung der entsprechenden Drüsen von Loligo forbesi und
Sepietta minor dienen. Man müßte also möglicherweise die gemeinsame Ausgangsform der Organe
beider Geschlechter in noch älteren Cephalopodentypen suchen.
Jedenfalls gibt es für ihre Herkunft und ihre funktionelle Bedeutung bei beiden Geschlechtern
auf früherer Stufe drei Möglichkeiten. Erstens wäre es denkbar, daß die Ahnenformen in der gleichen
Lage ursprünglich eine Anlage unbekannter Funktion gehabt hätten, die sich beim Weibchen fortentwickelt
und als ein im Anschluß an die Eiablage zu Schalendrüsen differenziertes Organ
erhalten hätte, während sie beim Männchen bedeutungslos geworden und bis auf die geschilderten
Spuren zurückgebildet worden wäre. Über die mögliche Bedeutung eines solchen früheren indifferenten,
bei Männchen und Weibchen gleichen Organs lassen sich natürlich keine Vermutungen
äußern, da ihre Lage für keine bestimmte Annahme spricht; überdies kennt man auch von anderen
Organen der rezenten Dibranchiaten die Bedeutung nicht (Perikardialdrüse, Kiemenmilz, weißer
Körper usw.). Eine zweite Möglichkeit wäre die, daß die Organe schon von den frühen Vorfahren
an immer als Schalendrüse, also als ein Bestandteil des weiblichen Geschlechtsapparats funktioniert
haben können; dann würden ihre Reste bei männlichen Tieren für einen Hermaphroditismus früherer
Cephalopodenformen in Anspruch genommen werden können. In der Tat sind schon von mehreren
Autoren, z. B. von Marchand (1907) den Cephalopoden zwittrige Ahnen zugeschrieben worden. Ich
halte die Gründe, die dieser Forscher namentlich aus der Anlage und Differenzierung der Geschlechtswege
abzuleiten sucht, keineswegs für sichere Belege seiner Annahme. Jedenfalls bieten die Cephalopoden
gemäß ihrer allgemeinen Differenziertheit weder in ihrem definitiven Bau, noch im Lauf der
Entwicklung sichere Andeutungen des Zwittertums; auch bei Nautilus treten, soweit mir bekannt ist,
nirgends Spuren davon, etwa im Bau der Gonade oder .des Leitungsweges auf, während bei ändern
Mollusken ja vielfach Zwittertum herrscht. Ob bei ihnen, allgemein die Trennung der Geschlechter
oder der Hermaphroditismus als ursprünglicher anzusehen ist, muß vorläufig als unentschieden gelten:
Lang und Hescheler (1900) nehmen das erstere an (S. 37.3), während andere Autoren, z. B. Sim